Symmetrie zwischen Eltern und Kindern
Wir leben in einer Welt, in der Kinder immer mehr wie Erwachsene und Erwachsene immer mehr wie Kinder handeln. Dieses Phänomen wird von der argentinischen Psychologin Claudia Messing näher beschrieben. Sie bezeichnet dieses Verhalten als Symmetrie zwischen Eltern und Kindern.
Klinische Ergebnisse, die Messing durch ihre Studien erhielt, führten sie dazu, diese Theorie der Symmetrie oder Spiegelung bei Kindern zu entwickeln.
Sie unterstreicht die Tatsache, dass Kinder immer schwieriger zu handhaben sind, mehr Probleme haben als früher und weniger psychologische Ressourcen zur Verfügung haben, um ihren Individualisierungsprozess abzuschließen.
Gleichzeitig wiederholen sie dysfunktionale Muster, die sie bei ihren Eltern sehen.
“Es gibt nur zwei bleibende Vermächtnisse, die wir unseren Kindern geben können. Eines davon sind Wurzeln … das andere sind Flügel.”
Hodding Carter
Messing glaubt, dass dieses Phänomen der Symmetrie zwischen Eltern und Kindern auf moderne Erziehungsstile zurückzuführen ist. Denn Eltern, die auf diese Stile zurückgreifen, üben ihre Autorität nicht auf kohärente Weise aus.
Auch die Rollen in der Familie (Vater, Mutter, Kind) sind nicht genau definiert. Stattdessen wurden sie durch eine Art unverhältnismäßige Demokratie ersetzt, die Familienhierarchien aufhebt. In diesen Familienstrukturen betrachtet der Einzelne alle Familienmitglieder als ebenbürtig, aber natürlich ist dies nicht der Fall.
Merkmale einer Symmetrie zwischen Eltern und Kindern
Wenn Kinder das Verhalten ihrer Eltern widerspiegeln, wird es schwierig, mit dem Nachwuchs umzugehen. Denn dieser glaubt dann, dass er immer Recht hat. Kinder wissen dann genau, was sie wollen und hassen es, wenn Erwachsene Grenzen setzen.
Ein Kind, das sich so verhält, schenkt Erwachsenen wenig Anerkennung, weil es nicht das Gefühl hat, dass ihm die Eltern etwas bieten können. Der Nachwuchs sieht seine Eltern dann nicht als kenntnisreicher oder erfahrener an. Das heißt, diese Kinder glauben, dass Erwachsene ihnen ebenbürtig sind.
Kinder, die mit dieser symmetrischen Beziehung zu ihren Eltern aufgewachsen sind, haben tatsächlich große Probleme, sich von ihren Eltern zu trennen, wenn sie erwachsen werden. Das liegt nicht daran, dass sie übermäßig an ihre Eltern gebunden sind, sondern daran, dass sie nicht wissen, wie sie unabhängig leben sollen. Sie sind nicht sehr anpassungsfähig und halten sich lieber an das, was sie wissen.
Die vier Dimensionen der symmetrischen Eltern-Kind-Beziehung
Messing argumentiert, dass es vier Dimensionen dieses „symmetrischen Beziehungs“-Phänomens gibt: Nachahmung, Gleichwertigkeit, Fantasie der Vollständigkeit und mangelnde Individualisierung. Schauen wir uns jedes einzelne Phänomen genauer an.
Nachahmung bezieht sich auf den Spiegeleffekt, den diese Kinder zeigen. Sie kopieren absolut alles, was ihre Eltern tun. Warum ist das ein Problem? Kinder kopieren am Ende auch die Traumata und Probleme ihrer Eltern.
Die zweite Dimension ist die Gleichwertigkeit. Das bedeutet, dass das Kind den Erwachsenen als ihm ebenbürtig ansieht. Folglich hat der Erwachsene keine Autorität über das Kind.
Bis vor relativ kurzer Zeit hielten Kinder einen gewissen Abstand zu Erwachsenen. Instinktiv verstanden Kinder, dass sie nicht alles tun konnten, was die Erwachsenen taten, weil sie Kinder waren.
In vielen Familien existiert diese Distanz heutzutage nicht mehr. Kinder haben das Gefühl, sich vollständig mit ihren Eltern zu identifizieren.
Die Fantasie von Vollständigkeit und mangelnde Individualisierung
Wenn sich ein Kind einem Erwachsenen ebenbürtig fühlt, denkt es auch, dass es alles kann. Daher versucht es oft, die elterliche Rolle zu übernehmen. Das kann dazu führen, dass Kinder daheim ständig Ratschläge und Kommandos erteilen.
Ein „symmetrisches Kind“ könnte versuchen, auch die Rolle des Lehrers zu übernehmen, indem es dem Erwachsenen sagt, was er unterrichten und wie er dies tun soll. Früher oder später müssen sich diese Kinder jedoch der Realität stellen, dass sie nicht über die Werkzeuge oder Ressourcen verfügen, um auf diese Weise zu handeln. Diese Erkenntnis erschreckt und verwirrt sie.
Dies ist die Fantasie der Vollständigkeit. Das Kind fühlt sich autark, obwohl dies offensichtlich nicht der Fall ist. Der Nachwuchs ist überzeugt, dass er nichts lernen muss oder sich in einem Lern- und Wachstumsprozess befindet.
Diese Kinder hören ihren Eltern oder Lehrern nicht zu. Infolgedessen schließen sie ihren Individualisierungsprozess nicht ab. Da diese Kinder nur zu imitieren wissen, entwickeln sie ihre individuelle Persönlichkeit nicht vollständig.
Laut Dr. Messing können Familien dieses Problem nur beheben, wenn sie die Eltern-Kind-Rollen neu definieren. Eltern müssen klarstellen, dass ihre Kinder ihnen nicht ebenbürtig sind und dass sie als Erwachsene die Autorität im Haushalt haben.
Dies ist kein Synonym für Autoritarismus. Es ist vielmehr eine Bestätigung, dass sie Leit- und Vorbilder sind.
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Levin, E. (2000). La Función del hijo: espejos y laberintos de la infancia. Nueva Visión.