Slavoj Žižek über das, was die Zukunft bringen wird

Slavoj Žižek ist ein bedeutender Denker, dessen Gedanken sich momentan besonders um eine Idee drehen: dass die momentane Krise der Gnadenstoß für den Kapitalismus ist. In unserem heutigen Artikel werden wir dir erklären, was er damit meint.
Slavoj Žižek über das, was die Zukunft bringen wird
Sergio De Dios González

Geprüft und freigegeben von dem Psychologen Sergio De Dios González.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 12. Juli 2023

Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Denker. Vor kurzem kritisierte er, wie wir bisher mit der Pandemie umgegangen sind. Für ihn ist die momentane weltweite Krise ein Gnadenstoß für den neoliberalen Kapitalismus.

Wie üblich lösten Žižeks Thesen und Ideen große Kontroversen aus. Das liegt hauptsächlich daran, dass er behauptet hat, die Pandemie würde in eine neue Weltordnung führen, die eine neue Form des Kommunismus hervorbringen wird.

Insbesondere seine Debatte mit Giorgio Agamben machte Schlagzeilen. Agamben ist ein Vertreter der Idee, dass die Pandemie überbewertet wurde und dass alle Maßnahmen gelockert werden sollten, um möglichst schnell zu einem “Business as usual” zurückkehren zu können.

Slavoj Žižek veröffentlichte kürzlich ein neues Buch mit dem Titel Pandemie! COVID-19 erschüttert die Welt und gab bekannt, dass er alle Einnahmen an die Organisation Médecins Sans Frontières (Ärzte ohne Grenzen) spenden wird.

Der Gnadenstoß für den Kapitalismus nach Slavoj Žižek

Die Pandemie zwang alle, ihre Produktion einzustellen. Allerdings ist die Produktion das ultimative Mantra des Kapitalismus. Aufgrund der drohenden exponentiellen Ansteckung wurde es unmöglich, die freie Marktwirtschaft aufrechtzuerhalten, die wir bisher kannten. Diese Pandemie und ihre Auswirkungen hat den weltweiten Konsum radikal verändert.

Slavoj Žižek glaubt, dass die Welt nie mehr so sein wird wie zuvor. Außerdem sagt er, dass das Coronavirus der Gnadenstoß war, der den Beginn einer neuen wirtschaftlichen und politischen Ära einläutete.

Seiner Meinung nach ist die Pandemie eine Katastrophe, die uns zwingen wird, neue Perspektiven einzunehmen, um die Realität zu analysieren. Das erste große Anzeichen dieser neuen Zeit ist die Tatsache, dass praktisch alle von uns in globalen Dimensionen denken.

Zuerst einmal übernahm die Wissenschaft von Beginn an die Verantwortung für die Verbreitung von Informationen. Das war entscheidend.

Um die Krise zu überwinden, war es ebenfalls notwendig, die verfügbaren Ressourcen aus einer globalen Perspektive zu betrachten. Aber es gab auch einige Länder, die das Problem mit einen nationalistischen und kompetitiven Ansatz angegangen sind. Diejenigen, die eine kooperativere Haltung eingenommen haben, sind diejenigen, die sich jetzt als führende Mächte in der Welt etablieren.

Der “zynisch-vitalistische” Standpunkt

Žižek zitiert und bewertet den zynisch-vitalistischen Standpunkt. Er bezieht sich dabei auf jene (entweder offen oder verdeckt eingenommene) Haltung, die Situation einfach laufen zu lassen. Das Endresultat ist hierbei, dass die Stärksten überleben, während die Schwächsten umkommen.

Allerdings wagt kaum jemand, diese Position offen einzunehmen. Dennoch scheinen einige Aussagen und Maßnahmen diese primitive Intention zu enthüllen. Žižek zitiert beispielsweise das Protokoll der “three wise men” (auf Deutsch: drei weise Männer) in Großbritannien.

Diesem Protokoll zufolge müssen drei “weise Männer” in jedem Krankenhaus über die “Zuteilung der Pflege” entscheiden. Aber was bedeutet das in der Praxis? Ganz einfach, dass diese Personen darüber entscheiden, wer überlebt und wer nicht.

Das ist letztendlich die Quintessenz des neoliberalen Kapitalismus. In dem Leben, wie wir es bisher kannten, zeigte sich dies in Bezug auf den Zugang zu Beschäftigung und Umverteilung von Wohlstand.

Allerdings führt dieses System immer dazu, dass ein großer Teil der Menschen keinen Zugang zu Leistungen hat. Dieser Ausschluss kann in der momentanen Situation aber den Tod bedeuten. Werden Gesellschaften die Tatsache tolerieren, dass diese Kriterien weiterhin gelten?

Die brutale Logik und die Logik der Solidarität

Für Žižek war das kapitalistische System bereits durch die Klimakrise zum Scheitern verurteilt. Nach seiner Meinung ist die Pandemie die letzte Warnung angesichts der ökologischen Krise, die die Zukunft unserer Welt ins Wanken bringt.

Und seine Meinung deckt sich mit den Warnungen der UN und der WHO vor den globalen Katastrophen, die uns aufgrund der Übernutzung und Ausbeutung unseres Planeten bevorstehen. Was Ende 2019 in Australien geschehen ist, wäre dann nur ein Vorgeschmack dessen, was der ganzen Welt bevorsteht.

Slavoj Žižek betont, dass zwei Arten von Logik ins Spiel kommen. Einerseits die brutale Logik des “jeder Mensch für sich alleine”. Allerdings scheint diese Art des Denkens wohl keine große Zukunft zu haben, weil wir entweder alle aus der Pandemie oder der Klimakrise herauskommen oder alle gemeinsam untergehen werden. Das sind Themen, die nicht auf lokaler Ebene erfolgreich angegangen und gelöst werden können. Auf der anderen Seite gibt es die Logik der Solidarität, nach der wir alle zusammenkommen und uns gegenseitig helfen.

Der Vorschlag des slowenischen Philosophen und Psychoanalytikers ist der, dass Gesellschaften sich mit der Frage auseinandersetzen sollten, welche Art sozialer Ordnung den liberalen Kapitalismus ersetzen sollte.

Seiner Meinung nach zeigt die globale Realität, dass eine Gesellschaft, deren Hauptwerte auf Individualismus, Exklusion, Utilitarismus und Produktivität basieren, nicht länger lebensfähig ist.

Darüber hinaus sagt dieser Denker, dass wir erkennen werden, dass das Leben auf lange Sicht gesehen nur durch intelligente Kooperation möglich sein wird. Aber er spricht hier nicht über eine romantische Form der Solidarität. Vielmehr bezieht er sich auf den Aufbau einer gemeinsamen Front, damit weiterhin ein Leben auf diesem Planeten möglich ist.


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  • Rubio, G. B. Comunismo del yo. La contingencia del COVID-19 desde Michel Foucault y Slavoj Žižek.


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