Sexuelle Funktionsstörungen und Sexualtherapie
Ein gesundes Sexualleben wirkt sich auf alle Lebensbereiche positiv aus. Allerdings haben deutschlandweit über 33 Prozent der Männer sexuelle Probleme. Zu den häufigsten Themen in einer Sexualtherapie zählen Leistungs- und Versagensängste, Ejakulationsstörungen, erektile Dysfunktion und sexuelles Zwangsverhalten. Bei Frauen liegt die Prävalenz sogar bei 45,7 Prozent. Häufige Probleme sind fehlende Libido, Orgasmusstörungen, genito-pelvine Schmerz-Penetrationsstörungen oder andere sexuelle Funktionsstörungen.
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“Die Sexualität ist ein integraler Bestandteil der Gesundheit und des emotionalen Wohlbefindens eines Menschen und sollte mit der gleichen Wichtigkeit behandelt werden wie jeder andere Bereich der Gesundheit.”
Barry McCarthy
Sexuelle Funktionsstörungen
Die American Psychiatric Association (DSM-5-TR, APA, 2022) fasst unter dem Begriff sexuelle Funktionsstörungen verschiedene klinische Entitäten zusammen, die ein gesundes Sexualleben behindern. Eine in The Journal of Sexual Medicine (Lewis et al., 2010) veröffentlichte Studie enthält folgende Zahlen:
Frauen
- 25 % leiden unter Orgasmusstörungen.
- 55 % leiden an mangelnder Libido oder fehlender sexueller Erregung.
- 27 % leiden unter einer genito-pelvinen Schmerz-Penetrationsstörung.
Männer
- 30 % erleben eine vorzeitige Ejakulation.
- 40 % leiden unter einer Erektionsstörung.
- 18 % leiden an mangelnder Libido oder fehlender sexueller Erregung.
In der Regel erfolgt die Diagnose nach rund sechs Monaten. Betroffene machen sich Sorgen und empfinden Unbehagen, da sie sexuelle Begegnungen nicht genießen können, was sich auch auf ihre Partnerschaft und andere Lebensbereiche negativ auswirken kann (APA, 2022).
“Viele Kontextfaktoren, wie die Zeit nach der Geburt, Stress am Arbeitsplatz oder eine Trennung, können die sexuellen Funktionen vorübergehend beeinträchtigen.”
David Lafortune
Sexualtherapie: das Profil derjenigen, die fachkundige Hilfe suchen
Wer einen Sexualtherapeuten aufsucht, ist mit seinen sexuellen Erfahrungen unzufrieden. In einer kürzlich in der Fachzeitschrift Plos One veröffentlichten Studie unter der Leitung des Forschers David Lafortune (Lafortune et al., 2023) wurden mehrere Gemeinsamkeiten bei Menschen festgestellt, die eine Sexualtherapie aufsuchen.
Als Folge der Unzufriedenheit in diesem Bereich erleben Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen ein hohes Maß an Unbehagen. Das ist die treibende Kraft, die sie dazu bringt, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Prozess ist jedoch komplex.
Lafortune nennt die folgenden Nachteile (Lafortune et al., 2023):
- Fast 2 von 10 Menschen verfügen nicht über ausreichende Informationen.
- Knapp 3 von 10 Personen können sich den hohen finanziellen Aufwand nicht leisten.
- Fast 6 von 10 Menschen finden es schwierig, einen Experten zu finden.
- Rund 3 von 10 Patienten müssen eine lange Wartezeit in Kauf nehmen.
Wenn wir uns die sozialen und demografischen Merkmale der Teilnehmer ansehen, stellen wir eine merkwürdige Tatsache fest: Die Mehrheit der Patienten, die diese Art von Therapie in Anspruch nehmen, sind Männer, sowohl heterosexuelle als auch homosexuelle, obwohl mehr Frauen an sexuellen Funktionsstörungen leiden.
“Eine geringe sexuelle Funktionsfähigkeit ist ein großes Problem für die öffentliche Gesundheit.”
David Lafortune
Professionelle Hilfe
Viele Menschen mit sexuellen Funktionsstörungen nehmen keine Sexualtherapie in Anspruch, da sie ihr Problem mit dem normalen Alterungsprozess in Verbindung bringen. Dies geht aus einer im International Urogyneacology Journal (2018) veröffentlichten Studie hervor. Die Vorteile einer Sexualtherapie sind allerdings beträchtlich, deshalb empfehlen wir Betroffenen diesen Schritt unbedingt.
Laut der Studie von Lafortune und seinem Team gingen fast 19 % der Menschen zu einem Allgemeinmediziner, 10 % zu einem Facharzt für Urologie oder Gynäkologie und 12 % zu einer psychologischen Beratung. Lafortune erwähnt außerdem, dass sich die Zahl der Patienten seit Beginn der Pandemie erhöht hat, weil sie aufgrund der sozialen Isolation nicht die Möglichkeit hatten, sich behandeln zu lassen. Da die Prävalenz im Allgemeinen sehr hoch ist, ist es an der Zeit, Tabus zu brechen und Maßnahmen zu ergreifen, um Betroffenen schneller zu helfen.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
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American Psychiatric Association. (2022b). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition, Text Revision (Dsm-5-Tr(tm)) (5.a ed.). American Psychiatric Association Publishing. https://dsm.psychiatryonline.org/doi/book/10.1176/appi.books.9780890425787
- Lafortune D, Girard M, Dussault É, Philibert M, Hébert M, Boislard MA, Goyette M, Godbout N. (2023). Who seeks sex therapy? Sexual dysfunction prevalence and correlates, and help-seeking among clinical and community samples. PLoS One, 18(3):e0282618. doi: 10.1371/journal.pone.0282618. PMID: 36877709; PMCID: PMC9987801. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36877709/
- Lewis, R. W., Fugl-Meyer, K. S., Corona, G., Hayes, R. D., Laumann, E. O., Moreira, E. D., Jr, Rellini, A. H., & Segraves, T. (2010). Definitions/epidemiology/risk factors for sexual dysfunction. The journal of sexual medicine, 7(4 Pt 2), 1598–1607. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20388160/
- Tinetti, A., Weir, N., Tangyotkajohn, U. et al. (2018). Help-seeking behaviour for pelvic floor dysfunction in women over 55: drivers and barriers. Int Urogynecol J, 29, 1645–1653. https://doi.org/10.1007/s00192-018-3618-2