Sesquipedalophobie: die Angst vor langen Wörtern

Oft hört man "Hippopotomonstrosesquippedaliophobie", doch der Fachausdruck für die Angst vor langen Wörtern heißt Sesquipedalophobie. 
Sesquipedalophobie: die Angst vor langen Wörtern
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 19. Dezember 2023

In sozialen Netzwerken kursiert immer wieder der Begriff “Hippopotomonstrosesquippedaliophobie”, doch der Fachausdruck für die Angst vor langen Wörtern heißt Sesquipedalophobie. Es handelt sich um eine spezifische Phobie, bei der Betroffene eine irrationale Angst davor haben, lange Wörter zu lesen oder zu schreiben. Erfahre heute Wissenswertes über diese seltene phobische Störung.

Sesquipedalophobie: Was ist das?

Wir sprechen über eine seltsame Angst, die jedoch häufig zur Stigmatisierung führt. Es ist schwierig zu verstehen, dass manche Personen Angst davor haben, lange Wörter auszusprechen, zu lesen oder zu schreiben, doch die Sesquipedalophobie existiert tatsächlich. Experten gehen davon aus, dass sie in der Regel bereits in der Kindheit entsteht. Für manche Kinder ist der des Lesen- und Schreibenlernens traumatisch und das könnte auch im Erwachsenenleben Folgen haben.

Allerdings sind die Ursachen für diese spezifische Phobie nicht ausreichend geklärt.

Ursachen

Manche Experten bezeichnen die Sesquipedalophobie als Sozialphobie, da Betroffene Angst davor haben, von anderen beurteilt zu werden. Wir sehen uns einige mögliche Ursachen an, allerdings sind weitere Forschungen notwendig, um diese Angststörung besser zu verstehen.

  • Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreibenlernen: Wie bereits erwähnt, ist das Lesen- und Schreibenlernen für manche Kinder traumatisch. Hänseleien und Unsicherheiten können dazu führen, dass das Schreiben oder Aussprechen von langen Wörtern Angst auslöst und zu Vermeidungsverhalten führt.
  • Genetische Faktoren: Die Genetik kann bei Phobien ebenfalls eine Rolle spielen. Eine in The Lancet veröffentlichte Studie erklärt, dass Phobien oft in der Kindheit beginnen und ihren Höhepunkt im mittleren Alter erreichen. Wenn ein Familienmitglied an Sesquipedalophobie leidet, könnte die Wahrscheinlichkeit, diese Störung zu entwickeln, auch für andere Familienmitglieder größer sein.
  • Neurologische Faktoren: Die Zeitschrift Learn & Memory beschreibt die neurologischen Mechanismen, die pathologische Ängste auslösen. Oft ist die Aktivität der Amygdala erhöht. Im Falle der Sesquipedalophobie können auch Gehirnregionen, die für die Sprache zuständig sind, betroffen sein. Veränderungen im Wernike-Areal könnten diese Phobie erklären. Die Einschränkung beim Kodieren, Verstehen und Ausdrücken längerer Wörter können Angst und Unbehagen erzeugen.

Symptome

Eine in der Zeitschrift Psychological Medicine veröffentlichte Studie informiert, dass spezifische Phobien in der Bevölkerung sehr verbreitet sind. Obwohl die Sesquipedalophobie nicht im DSM-V (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) beschrieben ist, fällt sie in die Kategorie der spezifischen Phobien. Die häufigsten Symptome sind:

  • Körperliche Symptome: Herzrasen, Schwindel, Schwitzen, trockener Mund usw.
  • Emotionale Symptome: Stress, Unbehagen, ein Gefühl von Kontrollverlust, Gefahr, Angst vor Peinlichkeit, Verlegenheit usw. Diese emotionalen Reaktionen führen zu Vermeidungs- und Fluchtverhalten (z. B. kein Lesen, Vermeidung bestimmter Aufgaben…).
  • Kognitive Symptome: Verwirrung und geistige Blockaden im Zusammenhang mit langen Wörtern. Betroffene fühlen sich bedroht, glauben inkompetent zu sein und vermeiden das Lesen oder Schreiben komplexer Wörter.

Sesquipedalophobie: Was tun?

Dysfunktionale Ängste haben oft eine komplexe Vorgeschichte mit Erfahrungen, die das Gehirn auf traumatische Weise verarbeitet. Deshalb muss die Sesquipedalophobie sichtbar gemacht werden, auch wenn nur wenigen Menschen davon betroffen sind. Spezialisierte Hilfe ist wichtig, um diese Phobie zu überwinden. Oft sind auch andere psychische Störungen vorhanden, die eine Behandlung notwendig machen.

Folgende Therapieformen sind bei Sesquipedalophobie sehr effizient:

  • Virtual-Reality-Therapie: Damit ist eine kontrollierte Exposition möglich, die Betroffenen hilft, ihre Phobie zu überwinden.
  • Systematische Desensibilisierungstherapie: Auch bei dieser Methode gibt es eine schrittweise Annäherung an den phobischen Auslöser. In diesem Fall lernen Betroffene jedoch auch Entspannungstechniken und Strategien, um schwierige Emotionen besser zu managen.
  • Kognitive Verhaltenstherapie (CBT): Ein in der Zeitschrift F1000 Research veröffentlichter Artikel weist darauf hin, dass diese Art der Intervention besonders effektiv ist. Sie hilft, negative Überzeugungen, Schemata und Denkansätze zu verändern und durch rationale, realistische Perspektiven zu ersetzen.
  • Die Expositionstherapie ist einer der wirksamsten Ansätze zur Behandlung von Phobien. Sie besteht darin, die betroffene Person schrittweise der Situation auszusetzen, um Ängste und irrationale Gedanken abzubauen.

Phobien und Stigmata

Derzeit sind etwa 470 spezifische Phobien bekannt. Manche davon sind merkwürdig und erstaunlich, so zum Beispiel die Anuptophobie (Angst vor der ewigen Einsamkeit) oder die Angst vor der Zahl 13. Der menschliche Geist ist komplex und entwickelt oft dysfunktionale Verhaltensmechanismen. Irrationale Ängste vor langen Wörtern sind real und sehr einschränkend.

Betroffene benötigen Unterstützung und Einfühlungsvermögen, um ihre Ängste zu überwinden und ihre Lebensqualität zu verbessern. Zweifle nicht daran, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn du an einer Phobie leidest.


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