Robert Rosenthal, der Entdecker des Pygmalion-Effekts

Der Pygmalion-Effekt lehrt uns, dass höhere Erwartungen zu besseren Leistungen führen. Robert Rosenthal hat dieses Phänomen in verschiedenen Experimenten untersucht und beschrieben.
Robert Rosenthal, der Entdecker des Pygmalion-Effekts
Sergio De Dios González

Geprüft und freigegeben von dem Psychologen Sergio De Dios González.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 26. Januar 2023

Robert Rosenthal ist ein deutschstämmiger US-amerikanischer Psychologe, der durch seine Entdeckung des Pygmalion-Effekts weltberühmt wurde. Das ist ein Phänomen, das verdeutlicht, wie sich die Macht der Erwartungen auf unser Verhalten auswirkt. Kurz gesagt: Wir passen unsere Leistungen unbewusst so weit wie möglich an die Erwartungen an, die uns gestellt werden.

Dies war nicht der einzige Beitrag von Robert Rosenthal. Er hat zahlreiche Studien über die Rolle von selbsterfüllenden Prophezeiungen im Alltag, aber auch in Forschungslabors durchgeführt. Außerdem hat dieser Psychologe die Rolle von Erwartungen in der Beziehung zwischen Ärzten und der physischen und psychischen Gesundheit ihrer Patienten untersucht.

Robert Rosenthals Arbeit konzentriert sich auch auf die nonverbale Kommunikation bei der Bildung zwischenmenschlicher Erwartungen. Seine Arbeit hatte einen großen Einfluss auf die Forschungsmethoden in der Psychologie. Er hat damit gezeigt, wie die Erwartungen des Forschers die Ergebnisse von Studien beeinflussen.

Behandle die Menschen so, als wären sie, was sie sein sollten, und du hilfst ihnen zu werden, was sie sein können.”

Goethe

Robert Rosenthal, der Entdecker des Pygmalion-Effekts

Das Leben von Robert Rosenthal

Robert Rosenthal wurde am 2. März 1933 in Gießen, Deutschland, geboren und verbrachte seine frühe Kindheit in Limburg an der Lahn. Sechs Jahre später sah sich seine Familie aufgrund des aufkommenden Nationalsozialismus gezwungen, in die USA zu fliehen.

1956 promovierte Rosenthal in klinischer Psychologie an der University of California, Los Angeles. Ein Jahr später schloss er seine Ausbildung im klinischen Ausbildungsprogramm der Veterans Affairs ab. Danach wurde er als Dozent an der University of North Dakota eingestellt, wo er ein Doktorandenprogramm für klinische Psychologie entwickelte und leitete.

Wenig später wandte er sich der Sozialpsychologie zu. Zunächst hielt Robert Rosenthal Vorlesungen in diesem Bereich und wurde dann Professor für Sozialpsychologie und Vorsitzender der Psychologieabteilung an der Harvard University. Dort arbeitete er bis 1999. In diesem Jahr begann er als Vollzeitprofessor an der University of California, Riverside.

Ein engagierter Forscher

Robert Rosenthal ist auf dem Gebiet der Sozialpsychologie außerordentlich wichtig. Die erste bemerkenswerte Studie führte er 1963 zusammen mit Professor Fode durch. Rosenthal war davon überzeugt, dass die Erwartungen derjenigen, die die Macht haben, Individuen zu bewerten, einen entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse einer solchen Bewertung oder Forschung haben, und zwar sowohl im Alltagsleben als auch unter Laborbedingungen.

Der Rosenthal-Effekt

Das erste Experiment, das seine Hypothese untermauerte, wurde mit normalen, im Labor gezüchteten Ratten ohne besondere Eigenschaften durchgeführt. Er teilte die Ratten in zwei Gruppen ein. Auch die Versuchsteilnehmer wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe der Studierenden ließ Rosenthal glauben, dass ihre Ratten speziell darauf trainiert worden waren, ein Labyrinth möglichst rasch zu durchlaufen. Sie glaubten also, besonders lernfähige Ratten zu haben. Der anderen Gruppe wurde mitgeteilt, besonders dumme Ratten zu haben.

Die Aufgabe der Studierenden war es, diese Tiere zu trainieren, geschickt und schnell den Ausgang aus einem Labyrinth zu finden. Die vermeintlich besonders lernfähigen Ratten erzielten deutlich bessere Ergebnisse als die “dummen” Ratten. Rosenthal hatte recht: Die Erwartungen der Studierenden hatten die Leistung der Tiere beeinflusst.

Der Pygmalion-Effekt

Das bekannteste Experiment von Robert Rosenthal erzielte erstaunliche Ergebnisse. Gemeinsam mit der Grundschullehrerin Leonore Jacobson wählte der Psychologe einige Grundschulkinder nach dem Zufallsprinzip aus. Die Lehrkräfte erhielten einen für dieses Experiment erfundenen Intelligenztest, der Harvard Conjugate Acquisiton Test genannt wurde. Sie sollten diesen Test mit Kindern in den Klassen eins bis sechs durchführen.

Den Lehrkräften wurde mitgeteilt, dass Kinder mit einer hohen Punktezahl im nächsten Schuljahr ausgezeichnete Fortschritte machen würden. Die Forscher fälschten jedoch die Ergebnisse der Intelligenztests: Die zufällig bestimmten Kinder erhielten alle überdurchschnittlich gute Resultate. Wie erwartet, waren die schulischen Leistungen dieser Kinder tatsächlich besser: Die Erwartungen der Lehrkräfte hatten ihre Leistung beeinflusst. Rosenthal nannte dieses Phänomen den Pygmalion-Effekt.

Ein vorbildlicher Wissenschaftler

Robert Rosenthal führte mehrere Studien zum Pygmalion-Effekt durch: mit Ärzten und Patienten, Manangern und Arbeitskräften, Richtern und der Jury, Psychoterapeuten und Patienten… Die Ergebnisse waren in all diesen Studien konsistent, doch diese Erkenntnisse lösten damals heftige Kontroversen aus.

Zu den bekanntesten Veröffentlichungen und Schriften des Psychologen zählen folgende:

Robert Rosenthal erhielt verschiedene Auszeichnungen, unter anderem den American Psychological Foundation Gold Medal Award (2003), den Distinguished Scientific Contributions Award, den James McKeen Cattell Award (APS, 2001) und den Distinguished Scientist Award (1996, 2009). Mit seinen unzähligen Beiträgen zählt er zu den führenden zeitgenössischen Psychologen.


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  • Cruz, María Angélica, Reyes, María José, & Cornejo, Marcela. (2012). Conocimiento Situado y el Problema de la Subjetividad del Investigador/a. Cinta de moebio, (45), 253-274. https://dx.doi.org/10.4067/S0717-554X2012000300005
  • Rosenthal, R., & Fode, K. L. (1963). The effect of experimenter bias on the performance of the albino rat. Behavioral Science8(3), 183-189.
  • Rosenthal, R., & Rosnow, R. L. (2009). Artifacts in behavioral research: Robert Rosenthal and Ralph L. Rosnow’s classic books. Oxford University Press.

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