Psychologische Auswirkungen der Migration auf Erwachsene

Die Suche nach Chancen und einem besseren Leben in anderen Ländern hat oft einen psychologischen Preis. Depressionen und sogar posttraumatische Belastungsstörungen sind in diesen Szenarien häufig.
Psychologische Auswirkungen der Migration auf Erwachsene
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 15. Mai 2023

Die psychologischen Auswirkungen der Migration auf Erwachsene sind vielfältig und haben oft mit der Motivation zu tun, das Herkunftsland zu verlassen. Dieses Phänomen wird durch den intrinsischen Wunsch nach besseren Arbeitsmöglichkeiten angetrieben, aber auch durch soziale Faktoren wie Gewalt, Kriege und einen tief verwurzelten Mangel an Fortschritt.

Ferner hat der Zustand, in dem die Migranten am Zielort ankommen, oft Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit. Unerlaubt eingereiste Migranten, Geflüchtete und Asylsuchende sind oft mehrfach traumatisiert. Das sind psychische Leiden, die ohne Behandlung tiefgehende Folgen haben können.

“Niemand verlässt sein Zuhause, es sei denn, das Zuhause ist das Maul eines Hais.”

Warsan Shire

Welche psychologischen Auswirkungen hat Migration auf Erwachsene?

Eines der komplexesten Phänomene unserer Zeit ist Migration. Forschungsarbeiten, wie eine Studie der Hacettepe Universität in der Türkei, zeigen, dass wir uns als Gesellschaft mehr mit dieser Realität auseinandersetzen sollten. Die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Menschen, die gegen ihren Willen migrieren, sind immens.

Andererseits weisen Bücher wie The Next Great Migration¹ von Sonia Shah daraufhin, dass die Migration in den kommenden Jahrzehnten aufgrund des Klimawandels viel häufiger vorkommen wird. Wir können das bereits im Tierreich beobachten. Es ist wichtig, sich auf allen Ebenen vorzubereiten, vor allem psychologisch. Es kann kompliziert sein, entwurzelt zu werden und sich in eine andere Umgebung und Kultur zu integrieren.

Hier ist ein Blick auf die psychologischen Auswirkungen der Migration auf Erwachsene.

1. Die Trauer des Migranten

Wenn es ein universelles Phänomen beim Menschen gibt, dann ist es die Migration: Alle unsere entfernten Vorfahren waren Nomaden; ein großer Teil dessen, was wir heute als Spezies sind, ist das Ergebnis ihrer großen Wanderungen. Doch heute ist die unfreiwillige Migration eine Herausforderung.

Eine immer wiederkehrende Auswirkung ist die Trauer der Migranten und der emotionale Schmerz, der durch all das entsteht, was sie zurücklassen. Schließlich lassen sie ihr Land, ihre Heimat, ihre Familie, Hab und Gut und ihre persönliche Geschichte hinter sich. Diese Erfahrung bringt viele schwierige Emotionen mit sich.

Landkarte symbolisiert, dass Migranten eine neue Heimat suchen
Die Migration ist in der heutigen Zeit eine komplexe Herausforderung.

2. Trauma infolge der Migration

Die Universität Neuchâtel in der Schweiz hat eingehende Untersuchungen zu Trauma und Migration durchgeführt. Eine ihrer Erkenntnisse ist, dass Migranten meistens mehrfach traumatisiert sind. Das ist zum Beispiel bei Flüchtlingen oft der Fall. Die Ankunft in einem Aufnahmeland erleichtert den Prozess nicht.

Im Durchschnitt sind die unten aufgeführten Gründe für die Entstehung dieser komplexen Ereignisse verantwortlich:

  • Angst vor Ausweisung
  • Trennungs-Trauma
  • Trauma aufgrund eines persönlichen Verlustes
  • Sexueller Missbrauch und/oder erlittene Gewalt
  • Schmerz aufgrund von möglicher Diskriminierung
  • Das Erleben dramatischer Ereignisse (Kriegskonflikte)
  • Ereignisse, die mit Anpassungsschwierigkeiten verbunden sind

Wenn Migranten keine psychologische Unterstützung erhalten, leiden sie oft jahrelang an posttraumatischen Folgestörungen.

3. Die Auswirkungen der Akkulturation

Akkulturation sind Anpassungsprozesse, die in einer anderen Gesellschaft und Kultur notwendig sind. Sie können Stress, emotionale Konflikte, Identitätsprobleme, den Verlust der Bräuche und Lebensweise oder des ethnischen Stolzes bedeuten. Es handelt sich oft um einen sehr schmerzhaften Prozess.

4. Auswirkungen von Diskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit

Eine der psychologischen Auswirkungen der Migration auf Erwachsene ist die alltägliche Diskriminierung. In vielen Fällen ist sie “unvermeidlich” und niemand ist auf diese schädliche Dynamik vorbereitet. Der Hass auf das Andersartige behindert den Integrationsprozess und kann die psychische Gesundheit von Einwanderern gefährden. Stimmungsstörungen sind am häufigsten zu beobachten.

5. Psychosomatische Störungen

Psychosomatische Störungen sind körperliche Symptome, die durch psychische Faktoren verursacht oder verschlimmert werden. Wenn eine Person über einen längeren Zeitraum hinweg anhaltenden Stresssituationen ausgesetzt ist, kann sie eine Krankheit entwickeln. Beispiele für psychosomatische Folgen sind:

  • Geschwüre
  • Schwindelgefühle
  • Allergien
  • Kopfschmerzen
  • Bluthochdruck
  • Gedächtnisprobleme
  • Schmerzen des Bewegungsapparats
  • Veränderungen des Menstruationszyklus
  • Verdauungs- und Darmprobleme
  • Ekzeme, Akne, Urtikaria, Alopezie usw.

6. Existenzielle Krise

Tiefgreifende Veränderungen stellen Überzeugungen, Perspektiven und sogar das Welt- und Selbstverständnis infrage. Eine der psychologischen Auswirkungen der Migration auf Erwachsene ist daher eine tiefe existenzielle Krise.

Eine existenzielle Krise im Zusammenhang mit Migration äußert sich in der Regel durch einen ständigen Mangel an Sinn. Außerdem treten häufig folgende Symptome auf:

  • Apathie
  • Schlaflosigkeit
  • Gefühl der Leere
  • Emotionale Instabilität
  • Probleme, Entscheidungen zu treffen
  • Keine Sinnfindung in der Arbeit

Um diskriminierendes und rassistisches Verhalten zu vermeiden, ist ein besseres gesellschaftliches und ethisches Engagement erforderlich. Andernfalls ist die psychische Beeinträchtigung von Menschen, die zur Migration gezwungen sind, immens.

7. Schwere Depression

Die Migration ist ein Prozess, der nicht mit der Ankunft im Aufnahmeland endet. In den meisten Fällen bringen die Integration und die Suche nach Arbeitsmöglichkeiten neue psychische Herausforderungen mit sich. Zu dem Leid, das mit dem Verlassen der Heimat einhergeht, kommt die Herausforderung der Anpassung hinzu, die zu einer depressiven Störung führen kann.

Bei Migranten treten häufig schwere Depressionen auf. In einigen Fällen führen diese zu Verhaltensweisen wie Alkoholsucht.

Frau nach Migration in der Therapie
Es müssen bessere psychologische Betreuungsmechanismen für Migranten geschaffen werden.

Wie kann Migranten geholfen werden?

Die psychologischen und emotionalen Bedürfnisse von Migranten zu ignorieren, bringt uns nur in Verlegenheit. Es ist ein multidimensionales Phänomen, das Lösungen erfordert. Ausgehend von den Kompetenzen als Gesellschaft und den wichtigsten Behörden sind mehr Programme für die psychische Gesundheit dieser Gruppe notwendig. Werden Migranten nicht unterstützt, leiden sie jahrelang an den psychischen Folgen ihrer traumatischen Erlebnisse.

▶ Lese-Tipp

  1. The Next Great Migration: The Beauty and Terror of Life on the Move, Sonia Shah, Bloomsbury 2020

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