Psychedelika und der Ego-Tod: Was du darüber wissen solltest

Der Ego-Tod ermöglicht in der buddhistischen Lehre die Verschmelzung mit dem Universum. Kann dieser Zustand auch mit Psychedelika erreicht werden? Welche Risiken gehen damit einher?
Psychedelika und der Ego-Tod: Was du darüber wissen solltest

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 21. Juni 2023

Der Ego-Tod oder die Ich-Auflösung ist das ultimative Ziel der buddhistischen Meditation: ein Zustand des Einsseins mit dem Universum, der symbolische Tod und die Wiedergeburt; ein transzendentaler Zustand, der von vielen als lebensverändernd beschrieben wird, denn er zeigt die komplexe Wahrheit des Selbst. Diese extreme Erfahrung der Loslösung vom Ich kann auch durch Psychedelika erreicht werden.

Viele Psychedelika führen zu einer chemischen Erfahrung der Dissoziation: Psychonauten erleben eine Trennung zwischen geistigem und körperlichen Bewusstsein. Manche glauben, dass diese spirituelle Erfahrung dem Ego-Tod gleichkommt, den andere durch jahrelanges Training in der Meditation erreichen. Ohne näher darauf einzugehen, ob diese Erfahrung vergleichbar ist oder nicht, ist unbedingt zu betonen, dass der Konsum von Psychedelika mit Risiken verbunden ist und einen Horror-Trip mit Todesangst auslösen kann.

Um den gewünschten Zustand zu erreichen, sind zum Teil beträchtliche Mengen nötig, die langfristige und zum Teil auch irreversible Folgen nach sich ziehen können. Erfahre anschließend mehr über dieses Thema.

“Der Ego-Tod kann eine vorzeitige Einsicht erzwingen. Carl G. Jung sagte: ‘Hüte dich vor Erkenntnissen, die du nicht verdient hast’. Der Tod des Egos kann den Verstand dazu zwingen, Teile von sich selbst zu sehen, auf die er nicht vorbereitet ist.”

Adam Parsons

Der Ego-Tod

Der Buddhismus lehrt, dass das Ego mit Wünschen, Ängsten und Bindungen behaftet ist, die uns daran hindern, das wahre Bewusstsein zu erlangen. Erst wenn wir diese Dimensionen zurücklassen, können wir Befreiung erfahren, wahres Selbstverständnis erreichen und die Verschmelzung mit dem Universum erleben. Der Ego-Tod ermöglicht also den reinsten Zustand des Bewusstseins.

Im Westen verstehen wir das Ego als die Vorstellung, die jeder Mensch von sich hat. Es definiert sich durch die Antwort auf die Frage “Wer bin ich” und prägt die Selbstidentität.

Default Mode Network

Das Default Mode Network (DMN) ist an selbstreferenziellen Prozessen beteiligt. Dieses Netzwerk im Gehirn (Ruhezustandsnetzwerk) unterstützt die Selbstreflexion und verarbeitet Außenreize. Im Ruhezustand beschäftigt sich das Gehirn vorwiegend mit sich selbst: Es denkt über Erlebnisse und Erfahrungen nach, überprüft Überzeugungen und macht sich Erinnerungen bewusst. Das DMN ist vermutlich maßgeblich an der Identitätsbildung beteiligt und ermöglicht es uns, Fragen wie “Wer bin ich” zu beantworten.

Die Autoren eines in der Zeitschrift Neurscience of Consciousness  veröffentlichten Artikels argumentieren, dass während der psychedelischen Erfahrung die Integration von Informationen unterbrochen wird, was zu dem Phänomen des Ego-Todes führt. Psychodelika reduzieren die mangelnde Flexibilität im DMN und erhöhen die neuronale Konnektivität: Es werden Verbindungen zwischen verschiedenen Hirnregionen hergestellt, die im Normalzustand nicht aktiv sind.

Theoretisch ist der Ego-Tod eine Erfahrung, die hilft, Denkmuster zu erneuern und emotionale Offenheit und Empathie zu steigern. Vor allem aber ermöglicht er uns, unser Selbst ohne die üblichen Konditionierungen zu betrachten. Der Buddhismus versteht diese Erfahrung als das Einswerden mit dem Kosmos, das spirituelle Erwachen. Kann dieser Zustand durch Psychedelika erreicht werden?

Psychedelika und der Ego-Tod

Psychedelika sind halluzinogene Drogen, die Veränderungen im Bewusstsein und in der Wahrnehmung von Zeit und Raum bewirken. Sie sind natürlichen Ursprungs, wie Meskalin (aus dem mittelamerikanischen Peyote-Kaktus), oder werden in Laboren hergestellt, zum Beispiel LSD.

Psychotrope Substanzen werden seit tausenden Jahren in religiösen und spirituellen Ritualen genutzt und seit Ende des 19. Jahrhunderts medizinisch erforscht. Verschiedene Studien unterstützen den Einsatz von Psychedelika bei bestimmten gesundheitlichen Beschwerden.

Eine in der Fachzeitschrift Frontiers in Human Neuroscience veröffentlichte Studie macht deutlich, dass es eine positive Korrelation zwischen der Dosis der psychedelischen Droge, der Intensität der Erfahrung und der Auflösung des Ichs gibt. Das heißt, je höher die Dosis, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Ego stirbt.

Außerdem gibt es zahlreiche Erfahrungsberichte, die bestätigen, dass Psychedelika zum Ego-Tod führen, doch es gibt auch gegenteilige Erfahrungen. Manche Psychonauten berichten, dass sie nach der Einnahme dieser Substanzen und der Dissoziation nicht mehr in der Lage sind, sich selbst zu rekonstruieren. Sie haben Schwierigkeiten, sich selbst wiederzuerkennen, auch körperlich.

Andere berichten nach dieser Erfahrung über eine Sinnesleere: Sie glauben, dass ihr Leben wertlos ist, nachdem sie eine transzendentale “Realität” wahrnehmen konnten. Der Konsum von Psychedelika kann zu einem psychischen Zusammenbruch führen. Eine Überdosis ist lebensbedrohlich.

Abschließende Überlegungen

Ein Artikel in der Zeitschrift Cognitive Science erinnert daran, dass Buddhisten den Ego-Tod nach einem anstrengenden und langjährigen Training erreichen. Eine Abkürzung dieses Prozesses durch Psychedelika ist keine gute Idee: Die Risiken für die körperliche und geistige Gesundheit sind enorm und es gibt keine Garantie für spirituelles Erwachen. Die Einnahme jeder Droge sollte immer von einer kompetenten Fachkraft überwacht werden.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.



Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.