Positives Reframing: Das Leben aus einer neuen Perspektive betrachten

Du kannst zwar nicht immer beeinflussen oder verändern, was dir widerfährt, aber du kannst stets entscheiden, wie du verschiedene Situationen interpretierst und wie du darauf reagierst. Durch eine Neuformulierung deiner Denkweise wirst du eine gewisse Balance finden, welche es dir ermöglicht, besser mit Widrigkeiten umzugehen. 
Positives Reframing: Das Leben aus einer neuen Perspektive betrachten
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 10. April 2023

Manchmal kann die Fähigkeit, Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten, dazu führen, dass du schwierige Situationen besser bewältigen kannst. Positives Reframing ist nur eine der Möglichkeiten, wie dir dies gelingen kann. Wenn du bestimmte Aspekte deines Lebens neu überdenkst, kannst du einen Teil der Verwirrung, des Unwohlseins und der Spannungen reduzieren, die du jeden Tag erlebst. Daher ist positives Reframing tatsächlich eine sehr hilfreiche Technik, die jeder anwenden kann.

Dennoch solltest du dir vor Augen halten, dass die Anwendung dieser Technik im richtigen Leben häufig nicht ganz so einfach ist, wie sich das zunächst anhören mag. Viele Menschen haben eine recht starre und unflexible Sicht auf die Welt und bewerten Situationen, Umstände und Beziehungen nach festgefahrenen Mustern. Wenn beispielsweise ein Arbeitskollege permanent schlechte Laune hat, neigen wir schnell dazu, ihn als toxisch abzustempeln. Wenn jemand extrem ordnungsliebend ist, wird er als Ordnungsfanatiker oder Kontrollfreak bezeichnet.

Nur selten halten wir inne, um darüber nachzudenken, ob dieser “toxische” Kollege vielleicht eine schwere Phase in seinem Leben durchlebt und diese stillschweigend erleidet. Oder dass dieser Ordnungsfanatiker ein sehr kluger Kopf ist, von dem wir tatsächlich viel lernen könnten. Die Realität hat zahlreiche Gesichter und Facetten. Wenn du dich immer nur auf das Negative konzentrierst, richtet das meistens mehr Schaden an, als Gutes zu bewirken.

Wenn du aber dazu in der Lage bist, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten und deine Augen vor anderen Blickwinkeln nicht zu verschließen, kann dies deine Lebensqualität erheblich verbessern.

Positives Reframing - Frau an einem See

Was ist positives Reframing?

Positives Reframing ist eine Technik, die sehr häufig in der Therapie angewendet wird. Das Ziel ist es, Menschen dabei zu helfen, eine andere Sichtweise auf die Dinge zu bekommen. Darüber hinaus sollen die Bedeutungen, die bestimmten Situationen und Ereignissen zugeschrieben wurden, verändert werden. Dadurch soll den Betroffenen verdeutlicht werden, dass die eigene Perspektive auf schwierige Situationen wie ein Filter wirkt. Dieser Filter lässt alles verschwimmen und verändert Emotionen, Gedanken und das eigene Verhalten.

Wir wollen dir dies an einem Beispiel verdeutlichen. Vielleicht hast du eine größere Nase oder du bist kleiner oder schmächtiger als andere. Positives Reframing geht darüber hinaus, dass du an deinem Selbstwertgefühl arbeiten oder lernen sollst, dich selber so zu akzeptieren, wie du bist.

Es geht vielmehr darum, dass du lernen sollst, wie du jede Situation in einem positiveren Licht sehen kannst. Anstatt darüber nachzudenken, dass dich jemand anstarren könnte, wenn du auf eine Party gehst, solltest du eine neue Perspektive einnehmen und dich auf etwas anderes konzentrieren: Spaß haben, akzeptieren, dass jeder Mensch seine Macken und Makel hat und dass uns genau das einzigartig macht.

Würdest du wirklich wegen einer solchen Oberflächlichkeit nicht zu einer Veranstaltung gehen? Natürlich nicht. Das Leben durch ein derartiges mentales Raster zu sehen, ist nicht nur sehr limitierend, sondern wird dich auch daran hindern, glücklich zu sein. Außerdem solltest du wissen, dass viele Menschen sehr ähnliche mentale Prozesse durchlaufen. Aber die Annahme, es würde lediglich eine einzige Perspektive und Sichtweise geben, ist etwas sehr Menschliches.

Von einer problemorientierten zu einer zielorientierten Mentalität und Denkweise

Um eine positivere Perspektive auf Dinge einnehmen zu können, musst du einen ganz bestimmten Prozess durchlaufen. Er führt von der Negativität weg und hin zu einer offeneren, konstruktiveren und hoffnungsvolleren Geisteshaltung und Denkweise. Damit du besser verstehst, was genau damit gemeint ist, wollen wir dies an einem Beispiel verdeutlichen. Versuche dich in die Lage eines Menschen zu versetzen, der gerade eben von seinem Arzt eine ganz bestimmte Diagnose erhalten hat: Multiple Sklerose.

Die erste Reaktion darauf wird vermutlich folgende sein: “Mein Leben ist vorbei. Ich werde nie wieder arbeiten können und meine Zukunft ist ruiniert.”

  • Aus problemorientierter Sichtweise stellt sich die Situation folgendermaßen dar: Der Mensch akzeptiert, dass dies eine chronische, degenerative Erkrankung ist. Alles ist verloren und es gibt keine andere Möglichkeit, als zu akzeptieren, dass dies nun das Ende ist.
  • Positives Reframing ist ein wichtiger Teil des therapeutischen Prozesses. Wenn du eine zielorientierte Denkhaltung einnimmst, wird es dir gelingen, weitere Optionen zu erkennen, die dir zur Verfügung stehen. Anstatt dich nur auf das Problem an sich zu konzentrieren, kannst du dich auf ein bestimmtes Ziel fokussieren. Dies wiederum gibt dir neue Hoffnung und hilft dir, dich aus deinem negativen Gedankenmuster zu befreien.
  • In diesem Fall sollte der Fokus darauf liegen, die Erkrankung zu verstehen und herauszufinden, welche Möglichkeiten es gibt, um ihr Fortschreiten zu verlangsamen und  möglichst lange eine gute Lebensqualität beibehalten zu können.
Positives Reframing - Mann betrachtet eine Stadt durch Öffnung in Form einer Glühbirne

Positives Reframing ist nicht dasselbe wie übermäßiger Optimismus – es geht vielmehr darum, Erfahrungen neu zu überdenken, um Lösungen zu finden

Positives Reframing ist Teil der Positiven Psychologie. Martin Seligman zählt zu den Pionieren dieser Bewegung, die in den 1990er Jahren ihren Anfang nahm. Es ist wichtig zu verstehen, dass es bei dieser Technik nicht darum geht, immer nur die Sonnenseiten des Lebens zu sehen. Positives Reframing bedeutet, dass es möglich ist, innerhalb des persönlichen Kontextes und der individuellen Realität verschiedene Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen, eine Situation zu bewältigen und Wege zu finden, das eigene Leben zu verbessern.

Dies wiederum beinhaltet, dass du verstehen musst, dass du nicht immer verändern oder beeinflussen kannst, was dir widerfährt. Wenn du deinen Arbeitsplatz verloren hast, dann hast du deinen Arbeitsplatz verloren. Wenn du vor Kurzem eine ernsthafte Diagnose erhalten hast, dann kannst du nichts unternehmen, um diese Tatsache zu verändern. Dennoch kann dir positives Reframing dabei helfen, andere Perspektiven und eine andere Haltung einzunehmen und neue Wege zu finden, um mit herausfordernden Situationen umgehen zu können.

Es zielt darauf ab, negative und defätistische Einstellungen zu unterbinden und dich stattdessen dazu zu ermutigen, dich anderen Möglichkeiten und neuen Perspektiven zuzuwenden. Dies wiederum wird dir neue Motivation verleihen. Außerdem wirst du das Gefühl bekommen, besser auf den Umgang mit schwierigen Situationen vorbereitet zu sein.

Positives Reframing ist eine Technik, die dir  helfen kann, emotionale Gelassenheit und mentale Klarheit zu finden. Darüber hinaus kannst du die Bedeutungen neu definieren, die du verschiedenen Situationen zuschreibst.

Abschließende Gedanken

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Technik dir hilft, deine Gedankenprozesse neu zu definieren und neu zu strukturieren. Positives Reframing ist ein Instrument, das sich jeder aneignen und anwenden kann, um voranzukommen und sich besser auf künftige Herausforderungen vorzubereiten. Wenn du das Gefühl hast, dass du dies nicht alleine bewältigen kannst, dann kannst du dir jederzeit von einem Spezialisten dabei helfen lassen.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.