Persönlichkeitstest: 6 Möglichkeiten zur Selbsterkenntnis

Persönlichkeitstests kommen unter anderem bei beruflichen Auswahlverfahren, klinischen Bewertungen oder aus persönlichem Interesse zum Einsatz. Erfahre heute mehr darüber!
Persönlichkeitstest: 6 Möglichkeiten zur Selbsterkenntnis
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 15. November 2021

Der Persönlichkeitstest kommt in der psychologischen Praxis regelmäßig zum Einsatz. Zwar handelt es sich bei der Persönlichkeitsanalyse um eine sehr komplexe Aufgabe, da jede Person einzigartig ist, doch trotzdem können diese klinischen Instrumente sehr nützlich sein. Zunächst musst du natürlich wissen, welche Tests es gibt, welche Methodik sie verwenden und welche Aspekte damit analysiert werden können.

Persönlichkeitstests kommen unter anderem bei beruflichen Auswahlverfahren, klinischen Bewertungen oder aus persönlichem Interesse zum Einsatz. Nicht alle sind jedoch gleich effektiv. Es ist wichtig, mit zuverlässigen Instrumenten zu arbeiten, um entsprechende Ergebnisse zu erhalten.

Persönlichkeitstests gehören in der klinischen Praxis zum Alltag. Ihre Zuverlässigkeit und Validität konnte in Studien nachgewiesen werden.

In der psychologischen Praxis kommen in der Regel zwei sehr spezifische Arten von Tests zur Anwendung: einerseits klassische psychometrische Tests zur Erfassung kognitiv-verhaltensbezogener Aspekte, die voraussetzen, dass die befragte Person bei jedem Item ehrlich antwortet; und andererseits projektive Tests (Persönlichkeits-Entfaltungsverfahren oder Deutungstests). In diesem Fall projizieren die Testpersonen durch Übungen kreativer oder introspektiver Art unbewusste Elemente und unerkannte innere Konflikte.

Diese Bewertungen sind insbesondere in der klinischen, forensischen oder Kinderpraxis sehr nützlich. Nachfolgend betrachten wir die am häufigsten verwendeten Persönlichkeitstests etwas eingehender, denn sie ermöglichen es uns, interessante Einblicke zu erlangen.

Persönlichkeitstest: 6 Möglichkeiten zur Selbstanalyse

1. Persönlichkeitstest: Big-Five-Modell

Die Big-Five-Persönlichkeitsfaktoren beschreiben die menschliche Persönlichkeit und bilden die Grundlage verschiedener anderer Bewertungswerkzeuge, die es uns ermöglichen, menschliches Verhalten zu verstehen und zu messen.  Die fünf Dimensionen dieses Modells werden unter dem Akronym “OCEAN” zusammengefasst:

  • Openness to experience: Offenheit für Erfahrungen
  • Conscientiousness: Gewissenhaftigkeit
  • Extraversion: Extraversion
  • Agreeableness: Verträglichkeit
  • Neuroticism: Neurotizismus

Dieser Test wird in verschiedenen Bereichen mit beachtlichem Erfolg eingesetzt: zu klinischen Zwecken, in Personalabteilungen zur Personalauswahl oder auch in Bildungseinrichtungen zur Berufsorientierung von Schülern oder Studenten.

Das Big-Five-Modell dient ebenfalls als Grundlage der Erforschung von Gruppenpersönlichkeiten. Du kannst dich vielleicht an die polemische Anwendung MyPersonality von Facebook erinnern, ein Tool das auf dieses Modell aufbaut und entwickelt wurde, um Glück und Langlebigkeit zu erforschen.

2. 16-Persönlichkeitsfaktoren-Test (16PF)

Der 16-PF-Fragebogen zählt zu den beliebtesten Bewertungsinstrumenten. Er wurde in jahrzehntelanger Arbeit von Raymond B. Cattell, einem britischen Psychologen, erstellt. Dieser Experte ist für seine bemerkenswerte Leistung auf dem Gebiet der Persönlichkeitsforschung und Intelligenz bekannt.

Raymond B. Cattell prägte unter anderem die Begriffe der fluiden und kristallinen Intelligenz.

Dieser Persönlichkeitstest wurde vielfach überarbeitet und aktualisiert, beruht jedoch im Wesentlichen auf 16 Primärfaktoren und 5 Faktoren zweiter Ordnung, welche die Persönlichkeitsanalyse ermöglichen: 

  • Wärme
  • Logisches Schlussfolgern
  • Emotionale Stabilität
  • Dominanz
  • Lebhaftigkeit
  • Regelbewusstsein
  • Soziale Kompetenz
  • Empfindsamkeit
  • Wachsamkeit
  • Abgehobenheit
  • Privatheit
  • Besorgtheit
  • Offenheit für Veränderungen
  • Selbstgenügsamkeit
  • Perfektionismus
  • Anspannung
Persönlichkeitstest: 6 Möglichkeiten zur Selbstanalyse

3. Persönlichkeitstest: Myers-Briggs-Typenindikator

Der Myers-Briggs-Typenindikator ist ein bekannter Persönlichkeitstest, der auf der Arbeit von Carl Jung basiert. Der Test selbst wurde von Katharine Cook Briggs und ihrer Tochter Isabel Briggs Myers entwickelt. Es muss jedoch erwähnt werden, dass dieser Test zwar sehr beliebt ist, in der klinischen Praxis jedoch selten zum Einsatz kommt, da er in diesem Bereich weniger nützlich ist.

Die Skala misst nur zwei Dimensionen: Extraversion und Introversion. Deshalb kommt dieser Temperament-Test vor allem im Personalbereich zum Einsatz, zum Beispiel bei Einstellungsgesprächen und im Coaching. Dieser Test gibt über folgende Aspekte Aufschluss:

  • Introvertiert/extrovertiert (Introvert/Extrovert): Ist die Testperson kontaktfreudig und teamorientiert oder eher verschlossen, sensibel und ein Soloplayer?
  • Intuition/sensitives Empfinden (Intuition/Sensing): Ist die Testperson intuitiv oder eher realistisch?
  • Fühlen/Denken (Feeling/Thinking): Ist die Testperson eher subjektiv und emotional oder denkt sie logisch und rational?
  • Urteilen/Wahrnehmen (Judging/Perceiving): Ist die Testperson kompromissbereit und entscheidungsfreudig oder eher nachdenklich und unentschieden?

In diesem Sinne kann der Myers-Briggs-Indikator besonders im Geschäftsumfeld nützlich sein. Wie der Forscher Franco Cotino in seinem Artikel Psychological tests and interviews: key uses and applications
in the selection and integration of companies hervorhebt, ist der Mangel an Talenten auf Führungsebene eine greifbare Realität. Aus diesem Grund müssen erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um die Personen, die dem geforderten Berufsbild am ehesten entsprechen, einzustellen. Und dies geschieht in erster Linie durch die Anwendung von Tests, die die jeweils passenden Persönlichkeitsmerkmale, Fähigkeiten und Fertigkeiten messen.

4. Minnesota Multiphasic Personality Inventory (MMPI)

Der MMPI (Minnesota Multiphasic Personality Inventory) ist einer der weltweit beliebtesten Persönlichkeitstests und kommt in klinischen, forensischen und in Personalauswahlverfahren zum Einsatz. Interessant ist, dass dieser Test nicht nur ein sehr genaues Persönlichkeitsprofil der Testperson aufzeigt, sondern auch dazu geeignet ist, verschiedene Psychopathologien zu erkennen.

Der MMPI bewertet Menschen auf einer Vielzahl von Skalen, darunter Depression, Zynismus, Schizophrenie, Angst, antisoziales Verhalten, Manie und Paranoia.

5. Der Rorschach-Persönlichkeitstest

Der von dem Schweizer Psychologen Hermann Rorschach entwickelte Test kommt seit seiner Veröffentlichung im Jahre 1921 in der Psychoanalyse zur Anwendung. Bekanntheit erlangte der Rorschach-Test jedoch insbesondere durch den düsteren Superhelden Rorschach im Film Watchmen. 

Dieser Test umfasst zehn Tafeln mit Tintenklecksmustern, die in einer bestimmten Reihenfolge gezeigt und von der Testperson interpretiert werden. Es handelt sich um einen projektiven Test, wie der Baumtest oder der Apperzeptionstest (TAT).

Persönlichkeitstest: 6 Möglichkeiten zur Selbsterkenntnis: Rohrschach-Test

Diese projektiven Tests müssen von einem erfahrenen Experten durchgeführt werden. Es ist wichtig, während des Testens die Reaktionszeit, die Antworten, Äußerungen und Details festzuhalten, wobei es keine falsche oder richtigen Antworten gibt. Für sich alleine ist dieser Test nicht schlüssig, deshalb empfiehlt sich die Kombination mit anderen Instrumenten und Testbatterien.

6. Thematischer Apperzeptionstest (TAT)

Der thematische Apperzeptionstest (auch thematischer Auffassungstest) ist eine projektive Bewertung, die 1943 von dem US-amerikanischen Psychologen Henry Alexander Murray entwickelt wurde. Er besteht aus 31 Tafeln, die realistische Fotografien und unscharfe Zeichnungen bis hin zu mehrdeutigen Darstellungen und einer völlig weißen Fläche zeigen.

Die Testperson verwendet diese Tafeln, um eine Geschichte zu erzählendie über Ursachen, das Ereignis selbst und über den Ausgang berichten soll. Die Bewertung erfolgt dann auf der Grundlage dessen, was die Testperson anhand dieser Geschichte projiziert. Jede Erzählung wird von einem Experten analysiert.

Für die Interpretation wurden verschiedene Bewertungssysteme veröffentlicht, die die Charakteristika der häufigsten Antworten für jede Tafel berücksichtigen. Diese Bewertungssysteme bieten den allgemeinen Interpretationsrahmen, doch die meisten Psychologen verlassen sich auf ihre subjektiven Einschätzungen, die sie durch eigene Erfahrungen erlangen.

Jede Tafel mobilisiert in der Regel spezifische Aspekte, die Auskunft über bestimmte Bereiche der Persönlichkeit geben. Einige davon sind:

  • Beziehungen
  • Verteidigungsmechanismus
  • Wünsche, Fantasien und Bestrebungen
  • Ausdruck von Sexualität und Aggressivität
  • Einstellung zum Tod
  • Schuldgefühle
  • Ängste, Sorgen und Kummer
  • Selbstbild
  • Psychische Konflikte

Darüber hinaus ermöglicht der TAT das Erkennen pathologischer Tendenzen, des Realitätssinns und der künstlerischen und sprachlichen Fähigkeiten. Wie bei jeder psychologischen Evaluation ist es jedoch wichtig, dass die formulierten Ergebnisse und Hypothesen mit der tatsächlichen Vorgeschichte des Subjekts verglichen werden.

Abschließend weisen wir darauf hin, dass es noch viele weitere Persönlichkeitstests gibt. Die hier vorgestellten zählen jedoch zu den im täglichen Leben eines Schul- oder Wirtschaftspsychologen, im klinischen Bereich oder in der Persönlichkeitsentwicklung am häufigsten verwendeten.


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  • Genain, L., & Lerond, M. (2017). Los test psicologicos de aptitud y personalidad. Parkstone International.
  • Espelage, D. L., Cauffman, E., Broidy, L., Piquero, A. R., Mazerolle, P., & Steiner, H. (2003). A cluster-analytic investigation of MMPI profiles of serious male and female juvenile offenders. Journal of the American Academy of Child & Adolescent Psychiatry42(7), 770-777.
  • Grossman, S. D., & Amendolace, B. (2017). Essentials of MCMI-IV assessment. John Wiley & Sons.

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