Ohrwurm: Wenn du ein Lied nicht mehr aus dem Kopf bekommst

Manchmal kann es durchaus lästig und unangenehm sein, wenn du ein Lied einfach nicht mehr aus dem Kopf bekommst. Musikpsychologen weisen darauf hin, dass dieses Phänomen von deiner Stimmung abhängig ist. Wenn du gestresst bist oder nostalgische Gedanken hast, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich ein Ohrwurm in deinem Kopf festsetzt.
Ohrwurm: Wenn du ein Lied nicht mehr aus dem Kopf bekommst
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 01. Mai 2023

Wenn du ein Lied einfach nicht mehr aus deinem Kopf bekommst, dann fühlt sich das an, als wärst du in einer Endlosschleife. Ganz egal was du auch unternimmst, es gelingt dir einfach nicht, diesen Ohrwurm zu vergessen. Und genau in dem Moment, in dem du es endlich geschafft hast, musst du wieder an dieses Lied denken und beginnst erneut damit, es zu singen. Dabei hallen die Melodie, der Text und der Rhythmus wie ein Echo in deinem Kopf.

Wenn du das Lied wirklich sehr gerne hörst, dann kann das durchaus angenehm für dich sein. Wenn du den Song aber überhaupt nicht magst, kann dieses Phänomen sehr frustrierend werden.

Wir alle wissen, dass unser Gehirn ein sehr faszinierendes und gleichermaßen geheimnisvolles Organ ist. Diese Geheimnisse können mitunter etwas verstörend und irritierend für uns sein, besonders dann, wenn wir die auftretenden Phänomene nicht selber kontrollieren können.

Bekannt ist beispielsweise, dass 98 % der Menschen mindestens einmal einen Ohrwurm im Kopf hatten. Eine Studie, die die Universität von British Columbia in Kanada durchgeführt hat, ergab, dass 15 % dieser Menschen die Erfahrung als unangenehm empfunden haben.

In diesen Fällen spielen Zwangsstörungen eine Rolle. Wenn jemand an einer solchen Störung leidet, dann kann es sein, dass dieser Mensch Musik als extreme Störung wahrnimmt. In anderen Fällen ist ein Ohrwurm aber nie sinnlos. Meistens erzählen wir unseren Mitmenschen, dass wir einen Ohrwurm im Kopf haben und erinnern uns vielleicht auch an kleine Geschichten, die wir in Zusammenhang mit diesem Lied erlebt haben. “Dieses Lied geht mir einfach nicht aus dem Kopf! Erinnerst du dich noch an…”.

Ohrwurm - Cassette

Ohrwurm: Wenn du ein Lied einfach nicht mehr aus dem Kopf bekommst

Psychologen bezeichnen dieses Phänomen als Ohrwurm. Mit diesem Begriff werden jene eingängigen Melodien beschrieben, die sich in deinem Gehirn festsetzen und die du einfach nicht mehr aus dem Kopf bekommst. Daher tritt dieses Phänomen besonders häufig bei Liedern von Künstlern wie Lady Gaga, Queen, Abba, Beyoncé, Adele, Coldplay usw. auf.

Allerdings kann es auch sein, dass die Lieder dieser Künstler häufiger zu Ohrwürmern werden, weil du sie regelmäßig hörst. Da diese Musiker sehr bekannt und erfolgreich sind, werden ihre Titel oft im Radio oder in Kaufhäusern gespielt. Letztendlich kann jedes Lied zu einem Ohrwurm werden; dabei ist es egal, welche Melodie oder welchen Refrain dieses Lied hat oder wer es singt.

Außerdem kann dieses Phänomen auch dann auftreten, wenn du gar keine bestimmte Musik hörst. Manchmal genügt es, dass du durch irgendein Ereignis an ein bestimmtes Lied erinnert wirst. Und ganz unvermittelt hast du dieses Lied dann in deinem Kopf. Ist dir das auch schon einmal passiert? Dann wirst du jetzt erfahren, wie Experten erklären, warum uns manchmal ein Lied einfach nicht mehr aus dem Kopf geht.

Je einfacher das Lied ist, desto wahrscheinlicher wird es dir im Gedächtnis bleiben

Die meisten Komponisten und Musikproduzenten wissen ganz genau, dass ein Lied umso eingängiger ist, je einfacher und repetitiver es aufgebaut ist. Daher wird den meisten Menschen ein solches Lied dann auch besser im Gedächtnis bleiben.

Dr. Kelly Jakubowski von der Durham Universität zeigte in einer Studie, wie einfach es ist, einen Ohrwurm unter Beachtung dieser Aspekte zu produzieren.

Auch deine Stimmung beeinflusst das Phänomen Ohrwurm

Diese Ergebnisse sind sicherlich sehr interessant. Wenn du das nächste Mal einen Ohrwurm im Kopf hast, dann nimm dir einen Moment Zeit und mache dir bewusst, wie du dich in diesem Moment fühlst.

Die Musikpsychologin Dr. Vicky Williamson erklärt, dass dieses Phänomen in der Regel häufiger auftritt, wenn du dich gestresst fühlst, wenn du nicht genug geschlafen hast oder wenn du nostalgische Gefühle hast.

Offensichtlich neigt ein müdes oder sentimentales Gehirn eher dazu, Wiederholungsmuster zu initiieren, besonders in Bezug auf musikalische Reize.

Dein Gedächtnis wirkt als Trigger

Wir haben dies bereits kurz angesprochen. Es ist nicht immer erforderlich, dass du ein bestimmtes Lied an einem bestimmten Ort hörst, sei es mit deinem Smartphone, im Radio oder in einem Geschäft, um dieses Phänomen zu erzeugen. Denn manchmal bist du selber der Auslöser für dieses Phänomen. Du denkst beispielsweise an einen Brief, eine Melodie, ein altes Lied oder erinnerst dich an andere Ereignisse in deiner Vergangenheit.

Ein Trigger, also ein bestimmter auslösender Reiz, könnte plötzlich in deinem Umfeld auftreten. Dabei könnte es sich um die Schuhe handeln, die du bei einer Reise getragen hast oder den kleinen Snack, der dich an deine Kindheit erinnert oder eine Situation, in der deine Großmutter ein bestimmtes Lied für dich gesungen hat.

Wenn wir etwas mit Sicherheit wissen, dann ist es die Tatsache, dass unser Gehirn Erinnerungen liebt. Dabei ist dein emotionales Gedächtnis mit dem musikalischen Gedächtnis verknüpft. Diese Verbindung ist so stark, dass diese Strukturen selbst durch neurodegenerative Erkrankungen wie beispielsweise die Alzheimer-Krankheit praktisch nicht zerstört werden können.

Ohrwurzenm - Musikfrequen

Ist es möglich, einen Ohrwurm wieder aus dem Kopf zu bekommen?

Manchmal wirst du dich sehr gestört fühlen, wenn du einen Ohrwurm im Kopf hast. Besonders dann, wenn es sich um ein Lied handelt, das du gar nicht wirklich magst. Wenn du diesen Wiederholungsmechanismus unterbrechen willst, den dein Gehirn willkürlich gestartet hat, dann solltest du die nachfolgenden Empfehlungen beachten:

  • Wenn du dir fortlaufend Dinge sagst, wie “Ich werde dieses Lied aus meinem Kopf verbannen, damit ich nicht mehr ständig daran denken muss” dann wird dir das kaum dabei helfen, den Ohrwurm loszuwerden. Da das Gehirn sehr rebellisch ist, wird es eher genau das Gegenteil dessen tun, was du ihm einzureden versuchst. Ähnlich mag es dir ergehen, wenn du unter Schlaflosigkeit leidest und permanent zu dir selber sagst “Ich werde jetzt endlich schlafen können”. Dadurch wirst du vermutlich noch schlechter einschlafen können.
  • Daher ist es das Beste, wenn du diese Situation einfach akzeptierst. Versuche nicht, dich dagegen zu wehren, sondern vielmehr dieses störende Lied in deinem Kopf zu akzeptieren. Dadurch wird sich der Ohrwurm von selbst allmählich aus deinem Kopf verabschieden.
  • Außerdem kann es sehr hilfreich sein, wenn du dir genau dieses Lied einmal vollständig anhörst. Wenn du den Refrain permanent im Kopf hast, dann wird es dir helfen, das ganze Lied zu hören. Dadurch wird sich dieses Phänomen abschwächen und verschwinden.

Darüber hinaus empfehlen Neurologen, Kaugummi zu kauen. Dadurch kannst du die Intensität des Ohrwurms abschwächen. Durch die Kaubewegungen des Kiefers wird dein musikalisches Gedächtnis gestört. Außerdem solltest du wissen, dass dieses Phänomen üblicherweise nicht länger als 24 Stunden anhält.

“Musik ist die Kurzschrift der Emotionen. Emotionen, die sich mit Worten nur sehr schwer beschreiben lassen, werden durch Musik direkt auf den Menschen übertragen und genau darin liegt ihre Kraft und Bedeutung.”

-Leo Tolstoi-


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  • Jakubowski, K., Finkel, S., Stewart, L., & Müllensiefen, D. (2017). Dissecting an earworm: Melodic features and song popularity predict involuntary musical imagery. Psychology of Aesthetics, Creativity, and the Arts11(2), 122–135. https://doi.org/10.1037/aca0000090
  • Taylor, S., McKay, D., Miguel, E. C., De Mathis, M. A., Andrade, C., Ahuja, N., … Storch, E. A. (2014). Musical obsessions: A comprehensive review of neglected clinical phenomena. Journal of Anxiety Disorders. Elsevier Ltd. https://doi.org/10.1016/j.janxdis.2014.06.003

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