Nach 50 allein leben - eine immer häufigere Realität

Immer mehr geschiedene oder getrennte Menschen leben allein. Für viele von ihnen ist es eine Form der Erfüllung und des Wohlbefindens. Andere wiederum leiden im Stillen durch ihre Einsamkeit.
Nach 50 allein leben - eine immer häufigere Realität
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 03. November 2022

Wer denkt, dass das Leben ab einem gewissen Alter einen Punkt erreicht, an dem es kaum noch Schwankungen gibt, der irrt. Auch nach 50 kommt es häufig zu entscheidenden Lebensveränderungen: Eine Scheidung, ein Jobwechsel, neue Projekte oder der Verlust einer geliebten Person können das Leben tiefgehend umgestalten.

Wir können ein interessantes Phänomen beobachten: Menschen im mittleren Alter haben in den letzten Jahrzehnten neue Verhaltensmuster entwickelt, die uns vielleicht dazu zwingen, bestimmte Ideen neu zu formulieren. Das mittlere Alter ist nicht mehr die Zeit, in der wir uns auf den Ruhestand vorbereiten. Es handelt sich in der Regel um einen sehr aktiven Lebensabschnitt.

Immer mehr Menschen lassen sich nach 50 scheiden und leben plötzlich allein. Wir sehen uns heute an, welche Konsequenzen diese Situation haben kann.

Die Lebensmitte ist keine Garantie für Stabilität. 

Nach 50 allein leben - eine immer häufigere Realität
Nicht alle Menschen über 50 leben freiwillig allein.

Nach 50 allein leben: zwischen persönlicher Erfüllung und ungewollter Einsamkeit

Viele betrachten alleinlebende Personen mit gewisser Traurigkeit oder Sorgen, insbesondere dann, wenn sie über 50 oder schon im fortgeschrittenen Alter sind. Manche sind tatsächlich sozial isoliert und haben keine starken familiären Bindungen. Doch dieses Klischee ist oft nicht zutreffend.

Immer mehr Menschen leben nach 50 allein, weil sie sich dafür entscheiden. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Bowling Green State University in Ohio (USA) zeigt, dass der Anteil der alleinlebenden Erwachsenen jedes Jahr zunimmt. Das gilt vorwiegend für Personen, die nach 1960 zur Welt kamen.

Nach einer Trennung oder dem Verlust des Partners entschieden sich früher viele für das Zusammenleben mit einem neuen Partner. Dies hat sich allerdings geändert: Heute entscheiden sich in dieser Situation immer mehr Menschen, allein zu leben. Unsere Gesellschaft verändert sich. Manche erleben ihr Singledasein in erfüllender und bereichernder Weise, andere wiederum leiden an Einsamkeit und laufen Gefahr, in Zustände emotionaler Verletzlichkeit abzudriften.

“Im letzten halben Jahrhundert hat sich unsere Spezies auf ein bemerkenswertes soziales Experiment eingelassen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit hat eine große Anzahl von Menschen jeden Alters, an jedem Ort und mit jeder politischen Überzeugung begonnen, das Singledasein zu bevorzugen.”

Eric Klinenberg

Allein, aber mit guten sozialen Kontakten: der Schlüssel zum Wohlbefinden

Eric Klinenberg ist Soziologe und hat sich in seinem Buch “Going Solo: The Extraordinary Rise and Surprising Appeal of Living Alonemit dem Thema Singledasein und Einsamkeit auseinandergesetzt. In diesem interessanten Werk bringt er uns das Zeugnis von Dutzenden von Menschen, die allein leben. Viele von ihnen, auch im fortgeschrittenen Alter, weisen eine gute psychische Gesundheit auf und haben einen bereichernden Lebensstil. Sie sind auch stark in das soziale Leben ihres Umfelds eingebunden.

Nach 50 allein leben ist ein wachsendes Phänomen in den westlichen Ländern. Diese Bevölkerungsgruppe ist sehr dynamisch und braucht die Interaktion mit anderen. Es handelt sich um aktive Menschen, die ihre Zwecke, ihre Ziele und ihre Lebensauffassung neu formuliert haben.

Der Schlüssel zu diesem psychologischen Aufblühen hat mit ihren sozialen Verbindungen zu tun. Alleinsein ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit Isolation. Wir sprechen von Menschen, die zwar allein leben, jedoch regelmäßigen Kontakt zu Familienmitgliedern und Freundschaften pflegen.

Nach 50 allein leben kann auch schwierig sein

Das Alleinsein ist ein Akt, den ein großer Teil unserer Gesellschaft freiwillig wählt. Andere wiederum sehen aufgrund verschiedener Lebensumstände die Einsamkeit ihres Zuhauses als Bedrohung. Sie erleben sie mit Angst, sie fühlen die Leere und leiden an zahlreichen täglichen Schwierigkeiten. Das ist eine Realität von großer Tragweite, die wir nicht vernachlässigen oder übersehen dürfen.

Eine Studie der Erasmus Universität Rotterdam weist darauf hin, dass es verschiedene Arten von Einsamkeit gibt, und eine davon ist eindeutig schädlich für das körperliche und geistige Wohlbefinden. Nach 50 allein leben ist für diejenigen, die keine soziale Unterstützung haben, nicht positiv.

Es gibt Menschen, die nach einer Scheidung oder einer komplizierten Trennung mit ungelöster Trauer zu kämpfen haben. Wir dürfen außerdem den finanziellen Nachteil des Alleinlebens nicht vergessen. Alleinsein bedeutet für manche Menschen auch, dass sie gefährdet sind, ausgegrenzt zu werden.

Frauen nach 50 genießen gemeinsame Zeit
Freundschaften sind in jeder Lebensphase von entscheidendem Wert.

Das Leben nach 50 kann viele Veränderungen mit sich bringen

Niemand wählt die soziale Vereinsamung freiwillig, doch viele entscheiden sich, allein zu leben, da dies verschiedene Vorteile hat. Auch nach 50 sind die meisten Menschen aktive und haben berufliche, emotionale oder lebenspraktische Ziele. Sie pflegen soziale Kontakte und leben gern allein, da sie sich nicht einsam fühlen. Das Leben verändert sich kontinuierlich, es bleibt nie stehen.

Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass es auch Menschen gibt, die Unterstützung benötigen, da sie das Alleinsein nicht selbst wählen und darunter leiden. Wir müssen sensibel sein und denjenigen Strategien anbieten, die ihr Leben auf diesem existenziellen Meridian neu beginnen.


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  • Klinenberg, Eric (2010) Going Solo: The Extraordinary Rise and Surprising Appeal of Living Alone. Penguin Books
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