Menschen mit Migräne: Ihr Gehirn tickt anders!
Der TK-Kopfschmerzreport von 2020 berichtet, dass weltweit etwa 15 Prozent der Bevölkerung an Migräne leiden, wobei Frauen häufiger davon betroffen sind. Hinter Zahnkaries und Spannungskopfschmerzen steht Migräne auf der Liste der häufigsten Erkrankungen auf Nummer drei. Viele leiden ab ihrer Jugend an Migräne, diese neurologische Krankheit kann jedoch auch schon im Kindesalter auftreten.
Menschen mit Migräne sind einem hohen Leidensdruck ausgesetzt, denn Symptome wie Schmerzen, Übelkeit und Schwindel sind für Außenstehende nicht sichtbar, beeinträchtigen jedoch die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität sehr stark. Verschiedene neurologische Studien zeichnen die Geschichte der Krankheit nach und weisen darauf hin, dass Betroffene bereits im 18. Jahrhundert als schwach und unverantwortlich galten. Sie wurden beschuldigt, die Krankheit als Rechtfertigung zu nutzen, um sich vor sozialen Pflichten zu drücken.
Diese diskriminierende Sichtweise ist bis heute nicht ganz verschwunden. Die gute Nachricht ist, dass sich die Wissenschaft bemüht, die Mechanismen zu verstehen, die diese Krankheit verursachen. Neue Forschungen ermöglichen immer tiefere Einblicke: Verschiedene Studien zeigen, dass das Gehirn von Menschen mit Migräne anders funktioniert, und zwar nicht nur während der Migräneanfälle, sondern auch in den symptomfreien Zeitspannen dazwischen.
Das tiefe Verständnis dieser neurologischen Krankheit ist die Voraussetzung für die Entwicklung effizietnter Therapien.
Menschen mit Migräne ticken anders
Migräne ist ein neurovaskuläres Schmerzsyndrom genetischen Ursprungs, das in der Regel medikamentös behandelt wird. Zusätzlich sind Ernährung und Lebensgewohnheiten in der Prävention ausschlaggebend: Lebensmittel wie Rotwein, Schokolade oder Käse wurden als Trigger identifiziert. Auch Schlafmangel, Wetterwechsel, unregelmäßige Essgewohnheiten oder Stress sind mögliche Auslöser. Die Selbstbeobachtung jedes Patienten ist maßgeblich, da jeder unterschiedlich auf verschiedene Trigger reagiert.
Wir beschäftigen uns anschließend mit den Auswirkungen von Migräne auf das Gehirn: Migräniker reagieren besonders stark auf äußere Reize, was auf die hohe Empfindlichkeit der Nervenzellen zurückzuführen ist, auch außerhalb der Schmerzphasen.
Veränderungen in der Durchblutung und der Stoffwechselaktivität der Hirnrinde
Forscher der Universität von Kalifornien haben vor einigen Jahren eine umfassende Studie über Migränepatienten durchgeführt und anatomisch auffälige Aspekte entdeckt. Bei Migränikern kommt es zu Veränderungen der Durchblutung und der Stoffwechselaktivität in der Großhirnrinde.
Auch die kortikale Erregbarkeit, die mit der zerebralen Hyperaktivität in Verbindung gebracht wird, ist auffällig. Das erklärt, warum Betroffene während einer Migräne-Episode sehr empfindlich auf Gerüche und visuelle Reize reagieren.
Veränderungen im Hirnstamm
Der Hirnstamm, der entwicklungsgeschichtlich älteste Teil des Gehirns, befindet sich unterhalb des Zwischenhirns. Er übernimmt die Funktion einer Schnittstelle zwischen Rückenmark und den übrigen Gehirnregionen, indem er auf- und absteigende Informationen weiterleitet. Bei Migränikern kommt es zu Veränderungen im Hirnstamm, die unter anderem zu Schwindel und Übelkeit führen können. Das sogenannte Migräne-Zentrum im Hirnstamm wird verstärkt durchblutet und aktiviert, was zu einer Überempfindlichkeit führt.
Nervus trigeminus und pulsierender Schmerz
Wenn der Trigeminusnerv gereizt ist, entstehen Schmerzsignale und Botenstoffe (vasoaktive Neuropeptide), die Entzündungsreaktionen und erweiterte Blutgefäße zur Folge haben. Dies führt zu pulsierenden Schmerzen, die für die Migräne charakteristisch sind.
Migräne ist eine häufige neurologische Erkrankung mit einer komplexen Pathophysiologie, die von Übererregbarkeit bis zu bestimmten genetischen Veränderungen reicht.
Gliazellen und Gefäßzellen
Bei Migränikern ist auch noch eine andere Besonderheit zu beobachten: Die elektrokortikalen Signale zwischen Glia- und Gefäßzellen sind verändert. Diese neuronale Erregbarkeit ist ein Aspekt, der in der Magnetresonanztomographie zu beobachten ist und die Entwicklung besserer Arzneimittel ermöglicht hat.
Abnormalitäten in der Struktur des Gehirns
Wie wir wissen, gibt es verschiedene Arten von Migräne: mit oder ohne Aura, Migräne mit Hirnstamm-Aura, hemiplegische, vestibuläre oder retinale Migräne… Ein Forscherteam erzielte in einer Studie in Zusammenarbeit mit mehreren Universitäten eine erstaunliche Entdeckung: Die verschiedenen Arten von Migräne verursachen unterschiedliche Anomalien der weißen und grauen Substanz, Läsionen, die denen eines Hirninfarkts ähneln.
Fazit
Zu wissen, dass das Gehirn von Migränikern Unterschiede aufweist, mag verwirrend oder beängstigend sein. Doch diese Erkenntnisse sind grundlegend, um neue und effiziente Therapien zu entwickeln und die Lebensqualität der betroffenen Menschen zu verbessern. Das Ziel ist, eine Behandlung zu entwickeln, die diese Krankheit heilen kann.
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