Menschen mit Autismus im Arbeitsleben

Das Berufsleben stellt Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung vor eine Reihe von Herausforderungen. Doch die Integration ist möglich und für Betroffene sehr vorteilhaft.
Menschen mit Autismus im Arbeitsleben
Elena Sanz

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Elena Sanz.

Letzte Aktualisierung: 07. April 2023

Schätzungsweise haben rund 2 % der Erwachsenen eine Autismus-Spektrum-Störung, die Beschäftigungsquote ist jedoch in dieser Bevölkerungsgruppe besonders gering. Personen mit einer Intelligenzminderung sind sehr eingeschränkt, aber auch Menschen mit unbeeinträchtigter Intelligenz tun sich im Arbeitsleben schwer. Personen mit hochfunktionalem Autismus erzielen häufig gute Bildungsabschlüsse, die Arbeitssuche gestaltet sich allerdings trotzdem schwierig.

Finanzielle Unabhängigkeit und regelmäßige Beschäftigung gibt Menschen mit Autismus das Gefühl, nützlich und wertvoll zu sein. Deshalb besteht die dringende Notwendigkeit, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir analysieren heute verschiedene Schwierigkeiten, die im Berufsleben auftreten können.

Aufgrund ihrer Besonderheiten haben viele autistische Personen Schwierigkeiten, sich in der Arbeitswelt zurechtzufinden. Trotzdem kann eine Beschäftigung für Betroffene sehr hilfreich und wichtig sein. 

Menschen mit Autismus im Arbeitsleben
Ein schlecht strukturiertes Arbeitsumfeld kann für Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung eine wahre Herausforderung sein.

Autismus und Beschäftigungsfähigkeit

Es ist keine Frage mangelnder Fähigkeiten: Menschen im Spektrum können viele Aufgaben und Tätigkeiten ausüben und besitzen in verschiedenen Bereichen oft sogar außerordentliche Fähigkeiten. Das Problem liegt in der mangelnden Unterstützung und dem fehlenden Verständnis der Arbeitgeber. Die Jobsuche gestaltet sich äußerst schwierig. Schätzungsweise sind 76 bis 90 Prozent der Erwachsenen mit Autismus erwerbslos.

Diese alarmierenden Zahlen haben verschiedene Ursachen: von höheren Schulabbrecherquoten und mangelnder Berufsberatung bis zu aktiver und passiver Diskriminierung. Manche Unternehmen schließen autistische Menschen von vorneherein aus. Andere sind nicht in der Lage, ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Deshalb tun sich autistische Menschen schwer, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Folglich ist ihre finanzielle und auf auch ihre emotionale Situation instabil. Wir sehen uns anschließend an, mit welchen Schwierigkeiten sie häufig konfrontiert werden.

Menschen mit Autismus im Arbeitsleben

Es ist kaum möglich zu verallgemeinern, da das autistische Spektrum sehr heterogen ist und der Grad der Funktionsfähigkeit bei jeder Person stark variiert. Folgende Situationen treten jedoch häufig im Arbeitsleben autistischer Menschen auf:

Reizüberflutung

Menschen im Spektrum reagieren häufig überempfindlich auf Reize wie Licht, Lärm oder soziale Konflikte. Diese Situationen können Angst und Unbehagen auslösen. Sie fühlen sich deshalb oft überfordert und sind nicht in der Lage, ihre Emotionen zu managen. Das wirkt sich auf ihre Produktivität und Funktionsfähigkeit aus. Das Arbeitsleben kann deshalb für Betroffene eine wahre Herausforderung sein.

Die Überempfindlichkeit gegenüber Reizen wie laute Stimmen, Kopiergerät, eine laute Geräuschkulisse in Großraumbüros oder fluoreszierendes Licht beeinträchtigt die Arbeitsleistung. Deshalb ist die richtige Gestaltung des Arbeitsplatzes eine Grundvoraussetzung, um Menschen im Spektrum integrieren zu können. 

Zwischenmenschliche Beziehungen und die Verständigung mit anderen

Am Arbeitsplatz ist es wichtig, flexibel und anpassungsfähig zu reagieren. Außerdem ist eine effektive Kommunikation mit den Mitarbeitern besonders wichtig, um die nötige Leistung zu erbringen. Menschen mit Autismus fällt es schwer, mit anderen in Kontakt zu treten und sich in andere hineinzuversetzen. Ihre Intuition und Empathiefähigkeit sind eingeschränkt, sie tun sich außerdem dabei schwer, nonverbale Signale zu interpretieren. Deshalb ist die Verständigung mit Vorgesetzten oder Mitarbeitern oft schwierig. 

Zwischenmenschliche Beziehungen sind für autistische Personen oft eine Herausforderung. Sie haben zwar das Bedürfnis, Kontakte zu schließen, doch es mangelt ihnen an sozialen Fähigkeiten, die einen erfolgreichen Austausch ermöglichen. Deshalb vermeiden sie beispielsweise den Smalltalk mit Kolleginnen und Kollegen, da sie sich dabei nicht wohlfühlen. 

Fehlende Struktur

Die kognitive Unflexibilität autistischer Menschen macht die Anpassung an Veränderungen zu einer echten Herausforderung. So kann eine schlecht strukturierte Umgebung, in der es keine festen Routinen und Arbeitszuweisungen gibt, großes Unbehagen hervorrufen. Menschen mit Autismus bevorzugen Regelmäßigkeit und sich wiederholende Tätigkeiten. Sie benötigen klare Strukturen und Abläufe, da sie nicht in der Lage sind, auf Unvorhergesehenes zu reagieren. Veränderungen stören ihre Konzentrationsfähigkeit und lenken sie ab. Für Betroffene bedeutet das Stress.

Autistische Menschen benötigen Routinen und sich wiederholende Tätigkeiten. Ständige Veränderungen erleben sie als Belastung, Abweichungen im Tagesablauf werden zu Herausforderungen. 

Masking

Autistische Menschen bemühen sich im Berufsalltag oft darum, die Mimik und Gestik ihrer Mitarbeiter nachzuahmen. Dieses soziale Anpassungsverhalten nennt sich “Masking”. Menschen mit Autismus versuchen damit, sich an das neurotypische Verhalten anzupassen, indem sie sich bestimmte Verhaltensweisen antrainieren. Sie bemühen sich beispielsweise bei einem Gespräch, Blickkontakt herzustellen, zu lächeln und die Augenbrauen kurz hochzuziehen. Dieses Maskieren ist jedoch sehr anstrengend und kann Stress oder auch ein Burn-out auslösen.

Wie bereits erwähnt, tun sich autistische Personen dabei schwer, Gesichtsausdrücke oder Gesten zu interpretieren. Um nicht aufzufallen, versuchen sie deshalb häufig, die Mimik der anderen nachzuahmen. Dieser Anpassungsmechanismus ist jedoch enorm anstrengend. 

Menschen mit Autismus tun sich in der Arbeitswelt schwer.
Menschen mit Autismus leiden oft an Erschöpfung, da ihre Anpassungsmechanismen stark belastend sind. 

Wie kann man Menschen mit Autismus am Arbeitsplatz helfen?

Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist die Wertschätzung des Arbeitgebers, der bereit sein muss, einige Veränderungen zu veranlassen, um einer Person mit Autismus einen Arbeitsplatz bieten zu können, auf dem sie ihr Potenzial entfalten kann:

  • Eine Umgebung mit möglichst wenigen Geräuschen oder Lichtreizen schützt Betroffene vor sensorischer Überreizung. Großraumbüros sind für Menschen mit Autismus nicht geeignet.
  • Ein strukturierter Tagesablauf, Regelmäßigkeit und Routine helfen der Person, sich an ihrem Arbeitsplatz sicher zu fühlen. Klare Anweisungen und sich wiederholende Tätigkeiten sind wichtig.
  • Des Weiteren benötigen autistische Menschen Hilfe, um an Gesprächen teilnehmen zu können und sich zu integrieren. Es ist wichtig, sie zum sozialen Austausch anzuregen, ohne sie zu zwingen.
  • Ferner sind Maßnahmen nötig, um Mobbing zu verhindern.

Die Integration autistischer Menschen in die Arbeitswelt ist wünschenswert, denn die regelmäßige Beschäftigung und die finanzielle Unabhängigkeit bereichern ihr Leben und verbessern ihre Lebensqualität. Respekt und Akzeptanz sind die Säulen unserer Gesellschaft, die in allen Lebensbereichen ein gesundes Miteinander ermöglichen.


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