Mary Shelley: Ratschläge zur Überwindung dunkler Zeiten

Mary Shelley hat nicht nur "Frankenstein" geschrieben. In ihrem dystopischen Roman "Der letzte Mensch" geht es um eine schreckliche Pandemie, welche die Menschheit auslöscht. Es gibt sowohl Pessimismus als auch Hoffnung auf diesen Seiten, aber der Schreibstil ist so poetisch und stoisch zugleich, dass er wie Balsam wirkt und uns zur Selbstverbesserung einlädt.
Mary Shelley: Ratschläge zur Überwindung dunkler Zeiten
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 05. Februar 2024

Es gibt Lebensgeschichten, die uns inspirieren, auch wenn sie von Flüssen der Traurigkeit durchtränkt sind. Ein Beispiel dafür ist die britische Schriftstellerin Mary Shelley, Autorin von Frankenstein¹. Ihr Leben war von einer leidenschaftlichen, aber tragischen Liebe zu Percy B. Shelley geprägt – eine Beziehung mit unzähligen Höhen und Tiefen, da der Dichter verschiedene Liebesaffären mit anderen Frauen hatte.

Eine ihrer ständigen Bemühungen war es, die Anerkennung der Gedichte ihres Mannes zu erreichen. Sie räumte seiner Arbeit oft eine weitaus größere Priorität ein als ihrer eigenen. Trotzdem hörte sie nie auf, Literatur zu schaffen und ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Wir dürfen nicht vergessen, dass ihre Bildung exquisit war, denn ihr Vater legte größten Wert darauf.

Ihre Mutter war die Philosophin und feministische Schriftstellerin Mary Wollstonecraft (die kurz nach ihrer Geburt starb) und ihr Vater der Schriftsteller, Journalist und Philosoph William Godwin. Mary Shelley ist heute für ihren Schauerroman Frankenstein bekannt, doch sie war auch ein Beispiel dafür, wie das Leid unser Schicksal mit unsichtbarer Tinte nachzeichnet. Ihr Leben war von verschiedenen Tragödien geprägt, die sie dank ihrer besonderen Mentalität überstehen konnte. Es lohnt sich, uns diese Fähigkeit zur Resilienz in Erinnerung zu rufen.

“Es gibt nur eine Lösung für das komplizierte Rätsel des Lebens: uns selbst zu verbessern und zum Glück anderer beizutragen.”

Mary Shelley

Frankenstein von Mary Shelley
Es gibt Momente, in denen das Leben sinnlos ist. In diesen Phasen müssen wir uns besonders anstrengen, um etwas zu finden, woran wir uns festhalten können.

Mary Shelley und warum das Leben immer lebenswert ist

“Frankenstein ist das wunderbarste Werk, das seit zwanzig Jahren geschrieben wurde. Du hast deinen Geist so beeindruckend kultiviert, dass du eine große und erfolgreiche Autorin geworden bist. Wenn du nicht unabhängig sein kannst, wer dann? Diese Worte sprach William Godwin zu seiner Tochter, wohl wissend, dass dieses Werk in die Literaturgeschichte eingehen würde.

Neben Frankenstein hat Mary Shelley ein weiteres Buch geschrieben, das unsere Aufmerksamkeit verdient: Der letzte Mensch² (1826). Dieser dystopische Roman lässt niemanden gleichgültig. Die Geschichte trägt sich im Jahr 2092 zu, dem dreihundertsten Jahrestag der Geburt ihres geliebten Mannes, Percy B. Shelley.

Es geht um eine schreckliche Pandemie, welche die Menschheit auslöscht. Nur ein junger Mann, Lionel Verney, überlebt. Dieses einsame und idealistische Wesen erinnert sich an seine Vergangenheit und macht eine prophetische Analyse darüber, wohin sich die Gesellschaft entwickeln könnte. Es gibt sowohl Pessimismus als auch Hoffnung auf diesen Seiten, aber der Schreibstil ist so poetisch und stoisch zugleich, dass er wie Balsam wirkt und uns zur Selbstverbesserung einlädt.

“Um in diesem Sinne des Wortes zu leben, müssen wir nicht nur beobachten und lernen, wir müssen auch fühlen. Es reicht nicht aus, nur Zuschauer des Geschehens zu sein, wir müssen handeln; wir dürfen nicht beschreiben, sondern müssen Subjekte der Beschreibung sein.”

Mary Shelley

Die Suche nach dem Sinn inmitten der Dunkelheit

Als Mary Shelley Der letzte Mann schrieb, durchlebte sie die schlimmste Zeit ihres Lebens. Sie litt unter Depressionen, da sie mehrere Fehlgeburten erlitten hatte. Nur eines ihrer Kinder sollte überleben. 1822 unternahm ihr Mann Percy B. Shelley vor der Küste von Livorno einen Segelausflug mit zwei Freunden, zehn Tage später wurden die Leichen an der Küste von Viareggio geborgen.

Lord Byron ließ seinen Freund an diesem Strand einäschern. Das war für Mary Shelley die dunkelste Zeit, trotzdem blieb sie aktiv und widmete sich ihrem einzigen Sohn. Sie schrieb und verbrachte Zeit mit ihren Freunden, doch nichts war mehr so wie zuvor.

Warum leben? fragt sich der Protagonist von Der letzte Mann ständig. Diese Figur kehrt zu ihren Wurzeln zurück, zu ihrer Heimat. In einer völlig desolaten Welt muss zurück in die Heimat, um den Sinn zu finden, den man dort einst erlebte, und seine Ziele neu zu formulieren. Mary Shelley setzte sich zum Ziel, ihren Mann durch die posthume Veröffentlichung seiner Werke zu ehren und zu einer Ikone der Poesie zu machen.

“Nichts trägt so sehr zur Beruhigung des Geistes bei wie ein festes Ziel, ein Punkt, auf den die Seele ihr geistiges Auge richten kann.”

Mary Shelley

Mary Shelley erlebte sehr schwierige Zeiten
In dunklen Zeiten müssen wir danach streben, unser Bestes zu geben und die Wut, Erbitterung sowie Gereiztheit zurückzulassen.

Unser Ziel: als Mensch besser zu werden und andere glücklich machen

In Der letzte Mann stellt die Hauptfigur, Lionel Verney, die Autorin selbst dar. In dieser einsamen, zerstörten Welt, in der es keine Spur von anderen Menschen gibt, widmet sich der letzte Mann der Beobachtung der Schönheit der Natur. Schon bald wird er von den Bächen, den Bäumen, den Blumen, den üppigen Wäldern und der subtilen Verwandlung im Laufe der Jahreszeiten verzaubert…

Dort, in dieser Umgebung des natürlichen Gleichgewichts, entdeckt er, wie widerstandsfähig die Erde ist. Dort entdeckt er, dass trotz der Trostlosigkeit, die ihn umgibt, die Schönheit immer wieder auf bewundernswerte Weise zum Vorschein kommt. Es wird ihm bewusst, dass auch Menschen diese Fähigkeit haben: aufzublühen und sich in etwas Gutes, in etwas Schönes zu verwandeln.

In dunklen Momenten haben wir alle die Möglichkeit, uns zu verbessern. Wir dürfen nicht in der Wut oder der Erbitterung über Verluste gefangen bleiben, sondern unser Bestes geben, um andere glücklich zu machen. Das Leben ist ein kompliziertes Rätsel, doch wenn wir zum Gemeinwohl beitragen, verleihen wir ihm Sinn und Bedeutung: Das ist der Schlüsse.

Schlussbemerkung

Mary Shelley starb im Alter von 53 Jahren an einem Gehirntumor. Sie hatte ein erfülltes Leben und widmete sich dem, was sie wirklich liebte (sogar mehr als ihren eigenen Mann): der Literatur. Ihr Vater erzog zu einem freien Geist, das Schreiben wurde zu ihrem Lebensstil und zu ihrem Werkzeug zur Freiheit – und damit hatte sie Erfolg.

Auch ihr Mann Percy B. Shelley ermutigte und bestärkte sie darin, sich in der Welt der Buchstaben einen eigenen Namen zu machen. Auch wenn wir sofort an Frankenstein denken, dürfen wir nicht vergessen, dass Mary Shelley auch andere Romane geschrieben hat und eine der wichtigsten Figuren der Romantik ist. Ihre Haltung, ihr Charisma und ihre Intelligenz machen sie zu einer bewundernswerten und erstaunlichen Frau.

Literaturempfehlung

  1. Frankenstein, Mary Shelley (Autorin), Bernie Wrightson (Zeichner), Splitter 2023
  2. Der letzte Mensch, Mary Shelley, Reclam 2021

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  • Fisch, Audrey A., Anne K. Mellor y Esther H. Schorr, eds. The Other Mary Shelley: Beyond “Frankenstein”. Nueva York: Oxford University Press, 1993.
  • Jump, Harriet Devine, Pamela Clemit y Betty T. Bennett, eds. Lives of the Great Romantics III: Godwin, Wollstonecraft & Mary Shelley by Their Contemporaries. Londres: Pickering & Chatto, 1999
  • Schor, Esther, ed. The Cambridge Companion to Mary Shelley. Cambridge: Cambridge University Press, 2003.
  • Wake, Ann M Frank. “Women in the Active Voice: Recovering Female History in Mary Shelley’s Valperga and Perkin Warbeck“. Iconoclastic Departures: Mary Shelley after “Frankenstein”. Essays in Honor of the Bicentenary of Mary Shelley’s Birth. Ed. Syndy M. Conger, Frederick S. Frank y Gregory O’Dea. Madison, NJ: Farleigh Dickinson University Press, 1997

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