Little Albert: der Junge, mit dem die Psychologie experimentierte

Das Little-Albert-Experiment hat zahlreiche Kontroversen ausgelöst. In diesem Artikel wollen wir uns mit der wahren Identität und dem Schicksal dieses Babys beschäftigen. Es wurde zahlreichen beängstigenden Situationen ausgesetzt, um zu beweisen, dass das Gehirn konditioniert werden kann.
Little Albert: der Junge, mit dem die Psychologie experimentierte
Sergio De Dios González

Geprüft und freigegeben von dem Psychologen Sergio De Dios González.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 12. Juli 2023

Das Little-Albert-Experiment ist eines der irritierendsten und kontroversesten Kapitel in der Geschichte der Psychologie. Das Experiment wurde von John B. Watson durchgeführt, der als der Begründer des Behaviorismus bekannt wurde. Er stellte die Hypothese auf, dass wir menschliches Verhalten durch verschiedene Reize und die Reaktionen darauf formen können.

Im Wesentlichen geht es im Behaviorismus darum, dass wir das menschliche Verhalten formen oder trainieren können. Im Gegensatz zu anderen psychologischen Schulen, glauben Behavioristen, dass die Zufriedenheit eines älteren Menschen in China genau die gleiche ist wie die Zufriedenheit, die ein Baby in Mexiko empfindet. Für Behavioristen haben innerpsychische Vorgänge keine Bedeutung. Alles, was für sie relevant ist, ist das beobachtbare Verhalten.

Um seine grundlegende Hypothese zu beweisen, entschied sich John Watson dazu, eine Versuchsreihe durchzuführen. Das bekannteste Experiment ist das Little-Albert-Experiment, das er mit einem neun Monate alten Baby durchführte. Nach Abschluss des Experiments erfuhr Watson nie, was aus diesem Kind geworden ist. Daher haben einige Forscher beschlossen, dieser Frage auf den Grund zu gehen und dabei gelangten sie zu erstaunlichen Ergebnissen.

Little Albert - John Watson

Das Little-Albert-Experiment

Bevor wir uns damit beschäftigen, was mit Little Albert und Watson nach dem Experiment geschehen ist, möchten wir dir kurz erklären, worum es in dem Experiment ging. Aus den Aufzeichnungen von Watson geht hervor, dass Little Albert der Sohn der Krankenschwester eines Waisenhauses war. Er wurde für das Experiment aufgrund seines ruhigen und etwas gleichgültigen Charakters sowie seiner Reaktion auf externe Reize ausgewählt.

Watson setzte das Baby verschiedenen Reizen aus. Er zeigte ihm einen Affen, eine weiße Ratte, brennendes Papier usw. Der Junge reagierte darauf mit einer gewissen Aufmerksamkeit, gleichzeitig war er emotional aber relativ gleichgültig. Er zeigte lediglich eine gewisse Neugierde.

Im Verlaufe des Experiments fügte Watson einen weiteren Reiz hinzu. Jedes Mal, wenn dem Baby die weiße Ratte gezeigt wurde, erzeugte Watson mit einer Eisenstange ein sehr lautes, metallisches Geräusch, welches das Baby ängstigte. Daher begann der Junge, dieses Geräusch mit der weißen Ratte in Verbindung zu bringen. Nach einer Weile bekam Little Albert nur beim Anblick der Ratte Angst. Danach begann er, sich auch vor Kaninchen und anderen kleinen Tieren zu fürchten.

Was geschah mit Little Albert?

Mit dem Little-Albert-Experiment konnte Watson beweisen, dass wir menschliches Verhalten durch bestimmte Reize beeinflussen und formen können. Watsons Aufzeichnungen lässt sich entnehmen, dass er das Experiment beendete, weil der Junge adoptiert worden war. Allerdings wurde nie aufgeklärt, ob Little Albert auch nach Beendigung des Experimentes weiterhin an seinen Ängsten litt.

Im Laufe der Zeit begannen einige Forscher, sich dafür zu interessieren, was aus Little Albert geworden ist. Einer von ihnen war der Psychologe Hall Beck. Er befasste sich mit Watsons Aufzeichnungen und studierte weitere Dokumente. Schließlich fand er den Jungen und veröffentlichte im Jahr 2009 seine Erkenntnisse.

Darin stellt er fest, dass Little Albert in Wahrheit Douglas Merritte hieß. Er litt seit seiner Geburt an Hydrozephalus und verstarb im Alter von sechs Jahren. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurden alle Arbeiten und Werke von Watson in Frage gestellt. Außerdem erschien das Experiment in einem noch schlechteren Licht als bereits zuvor, da Watson ein behindertes Kind dazu benutzt hatte, seine Theorie zu beweisen.

Little Albert -weinendes Baby

Eine weitere Hypothese und neue Fragen

Russell A. Powell, ein Psychologe der Grand McEwan Universität in Kanada, stellte daraufhin Becks Schlussfolgerungen in Frage. Er begann damit, eigene Nachforschungen anzustellen und veröffentlichte seine Ergebnisse im Jahr 2012. Nach seiner Meinung war Little Alberts richtiger Name William Albert Barger. Er war ein normales Kind, verbrachte ein gesundes Leben und verstarb im Alter von 88 Jahren. Auch er mochte keine Tiere.

Sowohl Becks als auch Powells Hypothesen sind sehr fundiert, allerdings ist keine von beiden wirklich schlüssig. Daher veröffentlichte der Forscher Tom Bartlett im Juni 2014 einen weiteren Artikel, in dem er versuchte, beide Hypothesen zusammenzuführen und ein Ergebnis zu erzielen. Seine Schlussfolgerung war die, dass beide Kinder an dem Experiment teilgenommen hatten.

Letztendlich geht es in dieser Diskussion um die Validität des Behaviorismus. Diese psychologische Schule erntete schwerwiegende Kritik für ihren Reduktionismus. Außerdem bestand auch eine gewisse Abneigung gegen John Watson selber. Er wurde dafür kritisiert, dass er sich von seiner Frau scheiden ließ, nachdem er eine Affäre mit Rosalie Rayner hatte. Sie war eine Studentin, die außerdem als seine Assistentin tätig war.

John Watson wurde aus der Schule der Behaviorismus ausgeschlossen. Außerdem wurden ihm alle akademischen Grade entzogen. Er hatte mit Rosalie Rayner zwei Kinder, die beide streng behavioristisch erzogen wurden. Beide Kinder versuchten als Erwachsene, sich das Leben zu nehmen. William, dem älteren von beiden, gelang dies auch.

In den 1950er Jahren wurden Watson seine akademischen Qualifikationen wieder zugesprochen. Zu dieser Zeit hatte er sich allerdings schon einem anderen Thema zugewandt: der Werbung.


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  • Pérez-Delgado, E., Gil, F. T., & Garrido, A. P. (1991). La nueva imagen de John Broadus Watson en la historiografía contemporánea. Anuario de psicología/The UB Journal of psychology, (51), 67-88.

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