Jugendliche und Schlaf: biologische Grundlagen
Für viele Eltern bedeutet Schlafen bis zum Mittag Faulheit und Nachlässigkeit. Sie fragen sich, warum ihre Teenager so viel schlafen; sie denken, es bedeutet, dass sie keine Ambitionen haben und ihr Leben wegwerfen. Darüber hinaus ist der übermäßige Schlaf oft mit anderen Verhaltensweisen verbunden, die Jugendliche an den Tag legen. Zum Beispiel, ihr Zimmer nicht aufzuräumen.
Faulheit ist etwas, das Eltern ziemlich wütend machen kann. Umso mehr, wenn ihre Kinder meckern, wenn Mutter oder Vater versuchen, sie vor Mittag wach zu bekommen. Mit ungekämmten Haaren und Kissenflecken im Gesicht lümmeln die Teenager zum Tisch, um mit der Familie zu essen, während sie launisch und reizbar sind.
Was viele Eltern jedoch nicht wissen, ist, dass mehr Schlaf für Jugendliche absolut normal ist. Verschiedene Untersuchungen belegen, dass er Teil einer Reihe von Ungleichgewichten in diesem besonderen Lebensabschnitt ist.
Testosteron, Jugendliche und Schlaf
Hormonelle Erhöhungen verändern unter anderem den Schlafzyklus des jugendlichen Mannes. Sein Gehirn wird ungefähr im Alter von 11 oder 12 Jahren neu programmiert, und die Testosteronrezeptoren verändern ihren zirkadianen Rhythmus. Dadurch geht der männliche Teenager später ins Bett und steht später auf. Das Schlafen bis zum Mittag hat also nichts mit Rebellion oder Faulheit zu tun, sondern mit der hormonellen Aktivität des Körpers.
Östrogen, Jugendliche und Schlaf
Genau wie das Testosteron bei den Jungen, so erschüttert auch das Östrogen bei den Mädchen ihre Emotionen, ihre Wahrnehmung und ihren Körper auf verschiedene Weise, einschließlich ihres Schlafes. Östrogenrezeptoren werden in Gehirnzellen aktiviert und wirken auf den suprachiasmatischen Kern. Diese Rezeptoren organisieren den Rhythmen von Hormonen, Stimmung, Schlaf und Temperatur.
Östrogen beeinflusst jedoch nicht nur die Gehirnzellen, die die Atmung steuern. Es aktiviert auch den Rhythmus der Schlaf- und Wachstumshormone bei heranwachsenden Frauen. Mädchen beginnen zwischen dem achten und zehnten Lebensjahr, ihre Schlafmuster zu verändern.
Technologien, Jugendliche und Schlaf
Neben Hormonen ist der Einsatz und Missbrauch von Technologien ein weiterer Faktor, der zur Veränderung des Tagesrhythmus beiträgt. Es gibt bereits zahlreiche Studien zur Nutzung von Cybertechnologien in Bezug auf Computer- und Konsolenspiele. Jugendliche verbringen viel Zeit damit, auf den Konsolen oder am Computer zu spielen. Darüber hinaus ist bekannt, dass diese Spiele Störungen verursachen können, die von Sucht bis zu Aufmerksamkeitsdefizitstörungen reichen können.
Nach der Schule und nach den Hausaufgaben bleiben die Teenager in ihrer Cyberspace-Welt oft bis spät in die Nacht wach. Gleichzeitig müssen viele Schüler bereits früh am Morgen wieder aufstehen, um am Unterricht in ihrer Schule teilzunehmen. Das bedeutet, dass sie nur ein paar Stunden Schlaf pro Nacht bekommen (ungefähr sechs Stunden). In dieser Phase ihres Wachstums benötigen sie jedoch mindestens zehn Stunden.
Dies würde darauf hindeuten, dass die Schulen später mit dem Unterricht beginnen sollten, da Jugendliche dazu neigen, später aufzustehen (aufgrund ihrer Chronobiologie, nicht wegen der Computernutzung), um das Lernen effektiver zu gestalten.
Computerspiele
Computerspiele sind spannend und wettbewerbsorientiert, mit viel Farbe und Action. Sie ermutigen die Teenager, immer weiterzumachen, bis sie entweder ihren Gegner besiegen oder ein Level geschafft haben. Kurz gesagt, diese Art von Technologie treibt Adrenalin, Cortisol und Dopamin in die Höhe. Zusammen sorgen sie für Erfolgserlebnisse, Energie und Vergnügen.
Adrenalin beschleunigt unsere Reflexe und ermöglicht uns schnelle Reaktionen. Cortisol hält uns wach und aktiv. Und Dopamin beeinflusst die Art und Weise, auf die wir Vergnügen und Belohnungen suchen.
Diese Computerspiele werden unter künstlichem Licht gespielt. Dadurch sinkt die Menge an Melatonin, das für die Einleitung des Schlafes wichtig ist. Aus diesem Grund haben Teenager nicht das Bedürfnis, schlafen zu gehen, wenn sie sollten.
Darüber hinaus gibt es noch etwas zu beachten. Jugendliche, unabhängig von ihrem Geschlecht, kennen ihre eigenen Grenzen nicht. Daher erkennen sie oft nicht, wann sie aufhören sollten zu spielen oder im Internet zu surfen, um sich auszuruhen.
Eltern sollten ihren Kindern Grenzen und Richtlinien setzen. Außerdem sollten sie ihnen erklären, wie Videospielkonsolen und Computer sicher genutzt werden können.
Schlafregulation und die Zirbeldrüse
Der suprachiasmatische Kern ist das Zentrum, das den zirkadianen Rhythmus mit Melatonin über die Zirbeldrüse reguliert. Die Zirbeldrüse umfasst eine Gruppe von Neuronen aus dem medialen Hypothalamus.
Der suprachiasmatische Kern bildet unsere innere oder endogene Uhr. Dieser empfängt Informationen über das Umgebungslicht durch die Augen, genauer gesagt über die Netzhaut. Sie enthält Fotorezeptoren, die Formen und Farben unterscheiden. Sie enthält auch Ganglienzellen, die ein Pigment namens Melanopsin enthalten. Und diese leiten Informationen über den retinohypothalamischen Trakt zum suprachiasmatischen Kern weiter.
Der suprachiasmatische Kern nimmt diese Informationen über den externen Hell-Dunkel-Zyklus auf. Er interpretiert sie und sendet sie dann an das Ganglion der oberen Halswirbelsäule. Von dort wird das Signal an die Zirbeldrüse weitergeleitet, die als Reaktion darauf das Hormon Melatonin ausschüttet. Die Melatoninsekretion ist tagsüber gering und steigt nachts an.
Melatonin und Serotonin
Serotonin ist das Vorläuferhormon von Melatonin. Serotonin ist ein Neurohormon des Wohlbefindens und der Entspannung. Wenn wir also am Ende des Abends entspannt und glücklich sind, kann Melatonin besser wirken.
Wenn wir uns stattdessen jedoch in einer stressigen Situation befinden, wird Cortisol uns das Einschlafen erschweren. Dies liegt daran, dass Cortisol die entgegengesetzte Wirkung von Serotonin hat und die Produktion von Melatonin verlangsamt. In diesem Sinn hält die Aufregung der Videospiele die Jugendlichen somit vom Schlafen ab.
Gehirnwellen und Schlaf in der Kindheit und der Jugend
Untersuchungen zeigen, dass im Alter von neun Jahren die Gehirnwellen von Mädchen und Jungen während des Schlafes identisch sind. Im Alter von 12 Jahren sind die Veränderungen der Gehirnströme von Mädchen während des Schlafes im Vergleich zu Jungen jedoch um 37 % größer (Brizendine, 2006).
Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass sich Mädchengehirne schneller entwickeln als Jungengehirne. Campbell weist darauf hin, dass die zusätzlichen Synapsen in den Gehirnen der Mädchen früher abgebaut werden als bei Jungen. Dadurch reifen ihre Gehirnschaltungen schneller.
Ein weiteres wichtiges Detail ist das, was Schlafspezialisten als zirkadiane Rhythmen bezeichnen. Sie stehen im Kontext der Wirkung von Cortisol.
- Zum einen gibt es den Schlaftyp „Lerche“, deren Tagesrhythmus ihnen hilft, jeden Tag von Natur aus früh aufstehen. Das sind die Menschen, denen es schwerfällt, lange aufzubleiben und zu feiern.
- Andererseits haben wir die (Nacht)Eulen, die bis Mittag oder sogar noch länger schlafen können. Sie werden nachts aktiv und bleiben stundenlang wach.
Schlafen bis zum Mittag (oder noch länger) ist nicht immer auf Faulheit zurückzuführen
Wenn man dies berücksichtigt, kann man sehen, dass Teenager nicht immer durch Faulheit bis Mittag oder sogar noch später schlafen. Tatsächlich sind hier biologische Gründe im Spiel, die sich nicht vermeiden lassen.
Andererseits neigen manche Teenager jedoch auch dazu, fauler und unverantwortlicher zu sein. Folglich kann nicht alles auf hormonelle Störungen, den Eulenrhythmus oder die nächtliche Technologienutzung zurückgeführt werden.
Daher ist es wirklich wichtig, jede Situation individuell zu betrachten. Abhängig von der Ursache können die Eltern entscheiden, ob sie dem Kind Grenzen bei der Nutzung von Technik setzen wollen oder nicht.
Schlafen bis (nach)mittags ist kein Jugendverbrechen, und schon gar nicht, wenn es nur gelegentlich passiert. Wenn es jedoch vermehrt oder ständig vorkommt, ist es wichtig, die Ursache herausfinden und die entsprechenden Schritte zu unternehmen.