Instrumentelle Aggression: Gewalt zur Zielerreichung

Die instrumentelle Gewalt ist im Gegensatz zur reaktiven Gewalt, die von Emotionen angetrieben wird, kalt, vorsätzlich und zielgerichtet. Viele Psychopathen benutzen sie als Werkzeug, um ihr Ziel zu erreichen.
Instrumentelle Aggression: Gewalt zur Zielerreichung
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 13. März 2023

Die instrumentelle Aggression ist eine Form der Gewalt, bei der das Ziel nicht unbedingt darin besteht, jemandem körperliche Schmerzen zuzufügen. Vielmehr verfolgt das aggressive Verhalten ein Ziel: Die gewalttätige Person erwartet sich einen Nutzeffekt oder gewisse Vorteile durch ihre Vorgehensweise.

Die Verhaltenswissenschaft ist aus offensichtlichen Gründen besonders an dieser Art von Profil interessiert. Wir wissen, dass wir die Beweggründe für Gewalt verstehen müssen, um sie zu vermeiden. Am problematischsten und gefährlichsten sind jene Verhaltensmuster, die durch fehlende Moral entstehen und einzig und allein bezwecken, von anderen zu profitieren.

Persönlichkeiten, die von instrumenteller Gewalt Gebrauch machen, bewegen sich häufig in der dunklen Triade:  Narzissmus, Psychopathie oder Machiavellismus prägen ihr Verhalten. Sie schrecken nicht davor zurück, andere zu manipulieren, um soziale, sexuelle oder finanzielle Vorteile zu erreichen. Wir analysieren diese Arten von Personen.

“Gewalt ist das letzte Mittel der Inkompetenten.”

Isaac Asimov

Frau denkt über instrumentelle Aggression nach
Instrumentelle Aggression ist ein Mittel zum Zweck, und um diesen zu erreichen, scheuen die Aggressoren keine Mittel und Strategien.

Instrumentelle Aggression: Definition und Merkmale

Im Gegensatz zur reaktiven Aggression lassen sich bei der instrumentellen Aggression Emotionen und Impulse perfekt kontrollieren. Es kommt dazu nicht in der Hitze des Gefechts: Instrumentelle Gewalt ist ein Mittel zum Zweck. Ein Beispiel dafür ist der Täter, der versucht, ein Opfer finanziell zu betrügen, nachdem er eine affektive Beziehung zu ihm aufgebaut hat.

Ein klassisches Beispiel für dieses Verhalten ereignete sich einige Monate vor den Olympischen Spielen 1994. Während der Eiskunstlaufwettbewerbe geschah etwas völlig Unerwartetes: Die Eiskunstläuferin Nancy Kerrigan wurde mit einer Eisenstange attackiert. Sie erlitt allerdings nur Prellungen, keine Brüche und holte sich sieben Wochen danach olympisches Silber.

Hinter diesem Vorfall versteckt sich eine bizarre Geschichte: Tonya Harding, eine Konkurrentin, hatte ihren Ex angeheuert, um ihre Rivalin aus dem Weg zu räumen. Hardings Persönlichkeit war nicht nur Gegenstand zahlreicher Filme, sie wurde auch in verschiedenen Studien über instrumentelle Aggression analysiert.

Die instrumentelle Aggression äußert sich durch überlegtes und sorgfältig geplantes Verhalten, das darauf abzielt, einen ganz bestimmten Nutzen zu erzielen.

Instrumentelle Aggression: die raffinierteste Form der Gewalt

Die instrumentelle Aggression hat ihr eigenes Repertoire an Verhaltensweisen, die sie von jeder anderen Art von Gewalt unterscheiden. Es stimmt, dass sie sozialen, emotionalen und körperlichen Schaden anrichten kann, aber das ist die Konsequenz, wenn man bestimmte Mittel einsetzt, um ein Ziel zu erreichen. Die Täter schrecken vor nichts zurück, um den gewünschten Nutzen zu erzielen.

Das sind die entscheidenden Merkmale:

  • Die Aggressoren haben langfristige Ziele vor Augen.
  • Sie können ausgeklügelte Pläne schmieden, um zu bekommen, was sie wollen.
  • In der Psychologie wird die instrumentelle Aggression anhand der Theorie der operanten Konditionierung (Holland & Skinner, 1961) erklärt. Es handelt sich um einen Lernprozess, der sich nur durch die Assoziation von Verstärkung (Belohnung) und Bestrafung mit einem bestimmten Verhalten festigt.
  • Um ein Ziel zu erreichen, zögern sie nicht, jedes Mittel einzusetzen, auch wenn es unmoralisch oder kriminell ist.
  • Sie nehmen immer eine Position der Autorität über andere ein.

Opfer entmenschlichen, um ein Ziel zu erreichen

Eine Forschungsarbeit der Universität Carlton sowie andere Studien zeigen, dass instrumentelle Aggression und Psychopathie miteinander verbunden sind.

Am auffälligsten sind die mentalen Mechanismen, die die Täter dazu bringen, gewieft und gleichzeitig rücksichtsvoll Gewalt anzuwenden.

  • Die “Entmenschlichung der Opfer”: Die Aggressoren entziehen ihren Opfern Gefühle, Rechte und Bedürfnisse. Das macht es ihnen leicht, Strategien zu ergreifen, um zu bekommen, was sie wollen. Sie betrügen, verraten, lassen ihre Opfer im Stich und tun alles, um ihr Ziel zu erreichen.
  • Sie zeigen instrumentelles Einfühlungsvermögen. Das heißt, sie sind sich bewusst, dass andere fühlen, aber es ist ihnen egal, ob jemand leidet, glücklich ist oder Angst hat. Sich mit den Gefühlen anderer Menschen zu verbinden, ist für sie nützlich, weil sie sie auf diese Weise manipulieren können.
  • Es gibt eine klare moralische Trennung und ein völliges Fehlen von Reue oder Schuldgefühlen.

Menschen, die instrumentelle Aggression anwenden, neigen dazu, Gefühle wie Schuld oder Scham durch Gefühle wie Stolz zu ersetzen. So wird jede unehrliche Handlung zur Zielerreichung, als etwas Positives bewertet.

Mann verwendet instrumentelle Aggression
Ein Ungleichgewicht bestimmter Hormone wie Testosteron und Cortisol könnte diese Art von Gewalt erklären.

Mögliche Ursprünge der instrumentellen Gewalt

Wie können wir diese Art von Verhalten erklären? Was motiviert sie, warum tritt sie bei manchen Menschen auf und bei anderen nicht? Wie immer bei Verhaltensangelegenheiten ist alles auf eine Kombination aus drei Dimensionen zurückzuführen:

  • Umweltfaktoren wie Erziehung, Bildung und der Einfluss möglicher traumatischer Kindheitserfahrungen.
  • Psychologische Faktoren. Wie bereits erwähnt, besteht ein Zusammenhang mit der dunklen Triade. Viele leiden auch an einer bipolaren Störung oder einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS).
  • Andererseits ist es wichtig, über mögliche biologische Auslöser zu sprechen. Forschungsarbeiten, wie die der Abteilung für Psychiatrie an der Mount Sinai School of Medicine, liefern uns zum Beispiel eine Theorie. Es gibt Anomalien bei Hormonen wie Testosteron und Cortisol sowie bei Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin. All das würde ein Verhalten mit solchen Tendenzen begünstigen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass dieses geplante Verhalten, das ein bestimmtes Ziel verfolgt und sich über die Grundrechte anderer hinwegsetzt, tagtäglich stattfindet. Es gibt viele Arten von Gewalt, und leider sehen wir sie nicht immer kommen.


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  • Hartmann, D. P. (1969). Influence of symbolically modeled instrumental aggression and pain cues on aggressive behavior. Journal of Personality and Social Psychology, 11(3), 280.
  • Holland, J. G., & Skinner, B. F. (1961). The analysis of behavior: A program for self-instruction.
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  • Walsh, Z., Swogger, M. T., & Kosson, D. S. (2009). Psychopathy and instrumental violence: facet level relationships. Journal of personality disorders23(4), 416–424. https://doi.org/10.1521/pedi.2009.23.4.416

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