In welchem Zusammenhang stehen negative Gefühle und chronische Schmerzen?

In welchem Zusammenhang stehen negative Gefühle und chronische Schmerzen?

Letzte Aktualisierung: 03. Juli 2017

Es liegt eigentlich auf der Hand, Schmerzen mit einer negativen Gemütslage in Zusammenhang zu bringen, oder? Jeder von uns hat sich sicherlich schon einmal das Knie gestoßen und war „sauer“ auf den Tisch, weil er uns im Weg stand. Neben unserer Wut können damit auch Gefühle wie Traurigkeit und Ängstlichkeit einhergehen.

Nun stellen wir uns vor, dass dieser Schmerz nicht vorübergehend, sondern fast immer präsent ist. So lässt sich leicht ein damit in Verbindung stehendes emotionales Unbehagen vermuten. Tatsächlich gibt es zahlreiche Studien über den Einfluss von psychischen Faktoren auf chronische Schmerzen. Wird demnach das emotionale Unbehagen von chronischen Schmerzen hervorgerufen oder andersherum?

„Der größte Schmerz der Welt bringt einen nicht sofort um, sondern der Schmerz, der Tropfen für Tropfen unsere Seele erschwert und sie zerstört.“

Francisco Villaespesa

Chronische Schmerzen und Traurigkeit

Auch wenn wir wissen, dass chronische Schmerzen und negative Gefühle im Zusammenhang zueinander stehen, fällt es doch schwer, diese Verbindung zu konkretisieren. Wir wissen nicht genau, wie unsere Emotionen das Auftreten oder die Perzeption von Schmerzen beeinflussen, so wie uns auch nicht bekannt ist, welche Rolle Schmerzen beim Aufkommen von negativen Gefühlen spielen.

Andererseits bringen chronische Schmerzen eine erhöhte Unfähigkeit mit sich. Wer an chronischem Schmerz leidet, sieht sich in seinem Leben beeinträchtigt. Daraus ergibt sich zwangsläufig ein gewisses emotionales Unbehagen. Durch den Verlust der Funktionalität kann eine große Traurigkeit entstehen.

„Wenn man sich nicht durch Tränen vom Schmerz befreit, kann es sein, dass andere Organe weinen.“

Francis J. Braceland

Man fand heraus, dass die Folgen einer Depression bei Patienten mit chronischen Schmerzen schwerwiegender sind als bei Personen, die nicht unter diesen zu leiden haben. Doch auch Traurigkeit sei ein Garant für stärkere Schmerzen, geben Forscher an. Ihre Ergebnisse zeigen, dass dieses Gefühl einen sehr starken Einfluss auf den Verlauf einer rheumatoiden Arthritis nimmt.

Chronische Schmerzen und Angst

Chronische Schmerzen hängen nicht nur mit Traurigkeit oder Depression zusammen. Sie stehen auch im Zusammenhang mit Angst und Wut. In Bezug auf Angst stellte man fest, dass Menschen mit chronischen Schmerzen ängstlicher sind. Auch die Prävalenz der Angststörung ist bei von chronischen Schmerzen betroffenen Personen höher als bei Menschen ohne diese Schmerzen.

Auch fand man heraus, dass das Gefühl von Angst das Empfinden chronischer Schmerzen beeinflusst. Genauer gesagt mag eine ausgeprägte Ängstlichkeit über einen längeren Zeitraum hinweg repetitive Schmerzepisoden hervorrufen. Aber nicht nur das: Die bereits vorhanden Schmerzen werden möglicherweise als sehr viel stärker wahrgenommen. So seien sehr ängstliche Menschen von stärkeren Schmerzen betroffen als weniger ängstliche.

Die Sensibilität gegenüber der Angst spielt auch eine wichtige Rolle. Diese Aussage bezieht sich auf die Angst vor Angstsymptomen und der Annahme, dass diese verheerende Konsequenzen für uns haben. Dieser Faktor beeinflusst sowohl das Auftreten als auch das Andauern chronischer Schmerzen.

„Gebt dem Schmerz eine Stimme: Ein Schmerz, der nicht spricht, verbleibt solange im Herz, bis es daran zerbricht.“

William Shakespeare

Chronische Schmerzen und Wut

Welche Rolle Wut im Hinblick auf die physische Gesundheit spielt, wurde mehrmals untersucht. Man konnte belegen, dass das Gefühl von Wut und der Ausdruck dessen zur Entstehung und Entwicklung diverser psychosomatischer und Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitrage.

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In Bezug auf chronische Schmerzen zeigen die Ergebnisse, dass die Betroffenen mehr Wut und Feindseligkeit verspüren als die allgemeine Bevölkerung. Auch wurde festgestellt, dass der innere Ausdruck von Wut stärker sei als bei anderen. Das soll heißen, dass sie Wut verspüren, die sie nicht zum Ausdruck bringen, die sich aber in einem inneren Dialog durch negative, sich ständig wiederholende Gedanken manifestiert. Außerdem fand man heraus, dass Patienten, die unter chronischen Schmerzen leiden und dazu neigen, ihre Wut auf diese Weise auszudrücken anstatt sie nach außen zu tragen oder mit ihr auf eine angemessenere Weise umzugehen, stärkere Schmerzen empfinden.

Doch es ist genau so schädlich, Wut herauszulassen: Diejenigen, die das tun, haben vermehrt Schwierigkeiten in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen, was die Unterstützung aus dem sozialen Umfeld verringert, was im Grunde genommen der Schlüssel ist zu weiteren negativen Emotionen ist.

Aus diesen Gründen ist es sehr wichtig, bei Patienten mit chronischen Schmerzen auch auf psychischer Ebene zu handeln. Eine angemessene Wutkontrolle sowie Strategien für den Umgang mit Angst und Traurigkeit können nicht nur ein größeres psychisches Wohlbefinden bewirken, sondern auch dazu beitragen, die Schmerzen zu verringern.

Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung von Cristian Newman und Ryan McGuire


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.