Hedonistische Tretmühle: Warum wollen wir immer mehr?

Wir sind darauf programmiert, immer mehr zu wollen, denn wir versprechen uns dadurch, glücklicher zu sein. Doch ist das wirklich der Fall?
Hedonistische Tretmühle: Warum wollen wir immer mehr?
Elena Sanz

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Elena Sanz.

Letzte Aktualisierung: 25. April 2023

Du stellst dir vor, wie glücklich du sein wirst, wenn du ein Ziel erreichst, das du als Schlüssel zu deinem Wohlbefinden betrachtest. Doch in Wahrheit ist dieses angenehme Gefühl von kurzer Dauer und du setzt dir schnell neue Ziele, die dein Glück perfektionieren sollen. Warum sind wir nie glücklich genug und wollen immer mehr? Dieses Phänomen ist in der Fachwelt als hedonistische Tretmühle (oder auch hedonistische Adaptation) bekannt. Erfahre heute, was es damit auf sich hat.

Es handelt sich um einen lebenswichtigen Anpassungsmechanismus, der jedoch zu dauerhafter Unzufriedenheit führen kann. Bist du neugierig geworden?

Die hedonistische Tretmühle: Was ist das?

Es geht um die Tendenz des Menschen, kurz nach einer positiven oder negativen Veränderung zu einem Ausgangsniveau des Glücks zurückzukehren. Viele denken beispielsweise, dass ein Lottogewinn ihr Leben exponentiell verbessern und sie glücklich machen könnte. Oder umgekehrt, dass sie durch einen Unfall, der sie in den Rollstuhl zwingt, für immer zutiefst unglücklich wären.

Doch wissenschaftliche Studien stützen dies nicht. Tatsächlich kehre die meisten Menschen relativ schnell zu einem stabilen Glücksniveau zurück. Weder ein Lottogewinn noch ein Unfall führen zu einer dauerhaften Veränderung der Stimmung oder Zufriedenheit.

Dieser Prozess kann sich sehr positiv auswirken, wenn wir mit schmerzhaften Ereignissen wie dem Verlust eines geliebten Menschen, einer Naturkatastrophe oder einer Kündigung konfrontiert sind. Wir sind in der Lage, uns davon zu erholen und weiterzumachen. Bei angenehmen Ereignissen wie einer Gehaltserhöhung, dem Kauf eines neuen Autos oder einer Heirat lässt die hedonistische Tretmühle dieses zusätzliche Glück jedoch schnell verblassen.

Die hedonistische Tretmühle reguliert unser Glücksempfinden

Warum gelangen wir in die hedonistische Tretmühle?

Die hedonistische Tretmühle spielt eine wichtige Rolle, wobei unterschiedliche Faktoren, die Regulierung des Glücks erklären:

Gewöhnung

Der Hauptgrund für die hedonische Adaptation ist, dass wir uns schnell an positive Ereignisse gewöhnen. Eine Neuheit schenkt uns zusätzliches Glück, doch sie wird schnell zur Alltäglichkeit und verliert ihre Wirkung. Dies ist ähnlich wie bei einer Sucht: Mit der Zeit gewöhnen wir uns an diese Dopaminschübe und brauchen mehr, um dieselbe Euphorie zu spüren.

Mangelnde Anstrengung

Interessanterweise beeinflusst die hedonistische Tretmühle nicht alle Veränderungen auf die gleiche Weise. Zufällige Veränderungen, die ohne unser Zutun eintreffen, verlieren ihre beglückende Wirkung schnell. Wenn du dir zum Beispiel einen Pullover kaufst, macht dich das für kurze Zeit glücklich, doch das Gefühl verschwindet ebenso schnell.

Veränderungen, die eine gewisse Anstrengung oder Aktion erfordern, machen hingegen länger glücklich. Wenn du zum Beispiel ein Buch schreibst oder einen Kurs belegst, stellt dich dies länger zufrieden.

Bedürfnis nach Selbstverwirklichung

Wenn du endlich erreichst, was du dir so sehr gewünscht hast, entstehen sofort neue Ziele und Wünsche. Du glaubtest, mit einer Gehaltserhöhung glücklich zu sein, jetzt willst du aber mehr Freizeit. Es nimmt nie ein Ende, wir streben auf dem Weg zur Selbstverwirklichung ständig nach Verbesserungen.

Mann fragt sich: Warum gelangen wir in die hedonistische Tretmühle?
 

Hedonistische Tretmühle: Wie du das beste daraus machen kannst

Die Tatsache, dass sich dieser Mechanismus automatisch aktiviert, bedeutet nicht, dass wir nichts tun können, um seine Auswirkungen zu minimieren. Folgende Tipps sind dabei sehr hilfreich:

  • Versuche, kleine Veränderungen und Variationen in deinen Alltag einzubauen, um zu verhindern, dass alles nur noch Gewohnheit und Routine ist. Um beispielsweise die Leidenschaft in einer Beziehung aufrechtzuerhalten, lohnt es sich, verschiedenste Pläne zu schmieden, Überraschungen zu planen und abwechslungsreiche Aktivitäten zu praktizieren, die über das Alltägliche hinausgehen.
  • Versuche, dir aktive Ziele zu setzen. Du kannst zum Beispiel neue Fähigkeiten lernen, anstatt passive Ziele (durch den Erwerb materieller Güter) anzustreben.
  • Übe dich in Dankbarkeit. Wir machen oft den Fehler, alles als selbstverständlich anzusehen, und berauben uns so selbst der Möglichkeit, jeden Tag Stolz und Freude zu empfinden. Um das zu vermeiden, nimm dir ein paar Minuten Zeit, um dir die positiven Erfahrungen und Erfolge in deinem Leben vor Augen zu führen. Du solltest dich jeden Tag in Dankbarkeit üben, auch wenn es sich nur um kleine Dinge handelt.
  • Mache dein Glück nicht von großen Ereignissen abhängig. Lerne, die kleinen Dinge zu schätzen und baue dein Wohlbefinden täglich aus. Warte nicht auf große Veränderungen, um dich gut zu fühlen, du kannst schon heute daran arbeiten, glücklich zu sein.

Letztendlich solltest du bedenken, dass die hedonistische Tretmühle dich immer auf dein “normales” Glücksniveau zurückbringt. Es ist deshalb am besten, diesen Fixpunkt zu verbessern, um mehr Glück zu erreichen. Wenn du ein zufriedenes und erfülltes Leben führst, bevor du im Lotto gewinnst, einen Unfall hast oder eine Gehaltserhöhung erreichst, wirst du danach dieses Niveau wieder erreichen. Du solltest deshalb ständig an einer positiven Selbstentwicklung arbeiten.


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  • Brickman, P.Coates, D., & Janoff-Bulman, R. (1978). Lottery winners and accident victims: Is happiness relative? Journal of Personality and Social Psychology, 36917927.
  • Sheldon, Kennon M., and Sonja Lyubomirsky. “The challenge of staying happier: Testing the hedonic adaptation prevention model.” Personality and Social Psychology Bulletin 38.5 (2012): 670-680.

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