5 häufige Vermeidungsstrategien

Wenn du deine Vermeidungsstrategien kennst, kannst du daran arbeiten, um Veränderungen zu erzielen.
5 häufige Vermeidungsstrategien
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 08. Januar 2024

Wir entwickeln häufig Vermeidungsstrategien, um unangenehmen oder bedrohlichen Situationen aus dem Weg zu gehen. Angst ist die Grundlage, die dieses ausweichende Verhalten prägt und uns dazu treibt, vor komplizierten Gefühlen, Aufgaben oder Erfahrungen davonzurennen.

Wir suchen Ablenkung, um nicht nachdenken zu müssen, schieben Aufgaben vor uns her, die wir uns nicht zutrauen und vermeiden Situationen, die uns Angst machen. Langfristig hat dieses Verhalten jedoch unangenehme Folgen. Wir analysieren heute verschiedene Vermeidungsstrategien, die wir alle häufig verwenden. Analysiere dein Verhalten und werde dir darüber bewusst, um Veränderungen zu erreichen.

Wenn du deine Vermeidungsstrategien kennst, kannst du daran arbeiten, um Veränderungen zu erzielen.

Frau möchte nichts hören: häufige Vermeidungsstrategien
Viele vermeiden unangenehme Gedanken oder Erinnerungen, anstatt sie zu verarbeiten.

Häufige Vermeidungsstrategien

Das Vermeidungsverhalten ist ein evolutionär begünstigter Abwehrmechanismus, der dich jedoch in der Vergangenheit verankert. Eine Studie der Universität Amsterdam legt nahe, dass übermäßiges Vermeiden unsere Lebensqualität einschränkt. Eine Person, die Erfahrungen, Gedanken oder Gefühle immer wieder vermeidet, läuft Gefahr, eine psychische Störung zu entwickeln.

Erkrankungen wie generalisierte Angstzustände, posttraumatische Belastungsstörungen, Süchte oder Essstörungen gehen mit vermeidenden Verhaltensmustern einher.

Folgende Vermeidungsstrategien sind sehr häufig zu beobachten.

Viele Menschen vermeiden bestimmte Orte, die bei ihnen Angst, Unbehagen oder unangenehme Erinnerungen auslösen.

1. Kognitive Vermeidung von unangenehmen Gedanken

“Ich konzentriere mich jetzt auf positive Dinge, um meine Sorgen zu vergessen.” Diese oder ähnliche Aussagen kennen wir alle. Es handelt sich um eine charakteristische Vermeidungsstrategie, die als Selbsttäuschung beschrieben werden kann. Du redest dir ein, dass keine Probleme existieren, weil du sie nicht sehen möchtest.

In vielen Fällen kommt es zur Dissoziation, das heißt zur mentalen Trennung von der gegenwärtigen Realität, um sich von Traumata zu distanzieren. Angst begünstigt jedoch gleichzeitig Grübelei und Katastrophendenken. Betroffene entwickeln häufig irrationale Gedanken, anstatt sich mit den Schwierigkeiten auseinanderzusetzen.

2. Situative Vermeidung, um sich den Schwierigkeiten nicht stellen zu müssen

In diesem Fall geht es um die Vermeidung von Orten, die wir als unangenehm oder bedrohlich empfinden. Manche haben Angst vor offenen Plätzen, andere haben schlechte Erinnerungen an die Schule oder an einen Krankenhausaufenthalt. Es gibt auch Menschen, die im Aufzug Panik empfinden oder Menschenansammlungen vermeiden.

3. Verhaltensvermeidung: Ich mache es morgen!

Im Erwachsenenalter sind wir selbst verantwortlich für unsere Handlungen und haben viele Verpflichtungen. Prokrastination zählt allerdings zu den häufigsten Vermeidungsstrategien, wobei sich manchmal fehlendes Interesse oder Bequemlichkeit dahinter verbergen, in anderen Fällen jedoch auch die Angst vor Fehlern oder vor dem Scheitern.

Ein anderes Beispiel ist die Angst vor einem Vorstellungsgespräch, einer Prüfung oder einer Präsentation, die zur Verhaltensvermeidung führt.

“Wenn wir vor der Angst davonlaufen, können wir uns weder an sie gewöhnen, noch geben wir ihr eine Chance, auszusterben.”

Foa und Kozak

4. Aggressive Vermeidung, um Frust loszuwerden

Im Alter von vier bis fünf Jahren reagieren Kinder oft mit Wutanfällen, da sie noch nicht gelernt haben, ihre Emotionen zu kanalisieren. Viele halten im Erwachsenenalter an diesem Verhaltensmuster fest, allerdings projizieren sie ihre unangenehmen Gefühle auf andere, anstatt sich damit auseinanderzusetzen. Ein häufiges Beispiel ist, dass wir unseren arbeitsbedingten Frust am Partner auslassen.

Vermeidungsstrategien: Frau isst bei Frust
Zu den Vermeidungsstrategien zählt auch das Essen, um Frust zu vertreiben.

5. Emotionale Vermeidung, um von Gefühlen abzulenken

Die emotionale Vermeidung ist sehr häufig, jedoch besonders problematisch. Sie führt zu zwanghaften und schädlichen  Verhaltensweisen, die emotionales Unbehagen vermeiden oder unterdrücken. Es kann sich um Alltägliches wie stundenlanges Telefonieren mit dem Handy handeln, manche Betroffene entwickeln jedoch auch Süchte oder schädliches Essverhalten.

Diese Verhaltensmuster können als kathartischer Mechanismus beschrieben werden, der von schwierigen Gefühlen ablenkt. Dahinter verbergen sich oft psychische Störungen.

Ständige Vermeidungsstrategien brauchen Therapie

Die Vermeidungsstrategien sind langfristig in der Regel nicht nur sinnlos, sondern schädlich. Deshalb ist professionelle Unterstützung nötig, um diese Verhaltensmuster abzulegen und gesündere Verhaltensweisen zu entwickeln. Eine Psychotherapie hilft Betroffenen, ihre Bewältigungskompetenzen zu stärken und die Kontrolle über ihr Leben und Wohlbefinden selbst in die Hand zu nehmen.


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