Fortunata-Syndrom: Sucht nach verbotener Liebe

Fortunata-Syndrom: Sucht nach verbotener Liebe
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 13. Juni 2023

Das Fortunata-Syndrom verdankt seinen Namen einem Roman von Benito Pérez Galdós mit dem Titel Fortunata und Jacinta.  Es wurde im 19. Jahrhundert geschrieben und in den 1970er Jahren verfilmt. Wegen der psychologischen Tiefe der Charaktere wurden ihre Namen verwendet, um ein Phänomen zu beschreiben, dass zuweilen in romantischen Beziehungen zu beobachten ist.

Der Roman erzählt von den stürmischen Beziehungen zwischen einem Mann, Juanito Santa Cruz, und zwei Frauen, Jacinta und Fortunata. Jacinta ist seine Frau und Fortunata seine Geliebte. Schließlich wird Fortunata zur Prostituierten und heiratet Maximiliano. Doch die Beziehung zwischen Fortunata und ihrem Geliebten Juanito dauert an und sie bekommt zwei Kinder mit ihm.

Das Interessanteste an dem Roman ist nicht die Handlung selbst, sondern die Beschreibung der einzelnen Charaktere. Fortunata steht für Frauen, die eine stabile Beziehung zu verheirateten Männern pflegen. Menschen, die sich wie sie verhalten, wird das Fortunata-Syndrom zugeschrieben.

Die Ungläubigen kennen die Freuden der Liebe, während die Gläubigen die Tragödien der Liebe erfahren.

Merkmale des Fortunata-Syndroms

Wir sollten das Fortunata-Syndrom nicht als Störung oder Krankheit betrachten. Stattdessen ist es ein eher ungewöhnlicher Zustand, der bestimmte Frauen betrifft. Kurz gesagt, sie fühlen sich verstärkt zu Männern hingezogen, die bereits verheiratet sind.

Frau mit roter Jacke schaut aus dem Autofenster

Die wichtigsten Merkmale einer Frau mit Fortunata-Syndrom sind die folgenden:

  • Sehr starke, bedingungslose Liebe zu verheirateten Männern
  • Immer bereit, alles für den Mann zu tun, den sie liebt
  • Überzeugt, dass das Leben ohne ihn keinen Sinn hätte
  • Der Wunsch, Kinder mit dem betreffenden Mann zu haben
  • Ständige Fantasien über eine Zukunft mit diesem Mann, den sie liebt
  • Sie fühlt, dass sie ein Recht auf ihn habe und dass es richtig sei, dass er sie anderen vorziehe
  • Mehrdeutigkeit gegenüber der Frau des Mannes. Manchmal ist sie nett zu ihr und manchmal hasst sie sie

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Frauen mit dem Fortunata-Syndrom Männer bedingungslos lieben, die bereits in einer Beziehung sind. Und doch wissen sie, dass diese Liebe wegen der legitimen Partnerin des Mannes unerreichbar bleibt.

Fortunata-Syndrom - Beziehung einer Frau zu einem Mann, der bereits eine Partnerin hat

Was steckt hinter dem Fortunata-Syndrom?

Die erste Dreiecksbeziehung erfahren wir oft in sehr jungem Alter. Freud schrieb darüber in seinen Abhandlungen zum sogenannten Ödipus- bzw. Elektrakomplex. Er sagte, dass Kinder Anziehung für ihre Mutter erfahren würden und unbewusst den Platz des anderen Elternteils einnehmen wollten. Mit anderen Worten, der Junge will den Vater und das Mädchen die Mutter  verdrängen. Die Lösung für dieses Problem ist das Inzestverbot: Wir müssen die Realität akzeptieren und auf alle inzestuösen Wünsche verzichten. All dies geschieht unbewusst.

Das Fortunata-Syndrom deutet auf eine mangelnde Lösung der genannten Probleme hin. Im Erwachsenenalter erschaffen die Partner eines Menschen ihren eigenen Vater oder ihre eigene Mutter, ihre erste große Liebe. Die Konflikte, die dabei aufkommen, entsprechen denen, die sie als Kinder gegenüber dem Elternteil des anderen Geschlechts zu bewältigen hatten.

Wenn der kindliche Komplex gelöst wird, werden die Beziehungen des erwachsenen Menschen gesünder sein. Sonst besteht ein erhöhtes Risiko, in Dreiecksbeziehungen zu rutschen. Frauen mit dem Fortunata-Syndrom würden sich dieser Theorie nach mehr zu verheirateten Männern hingezogen fühlen, die ihren Vater repräsentieren. Und sie würden spüren, dass dessen Frau die Quelle all ihrer Frustrationen wäre, wie es einst bei ihrer Mutter der Fall war.

Zu berücksichtigende Aspekte

Wenn eine Frau das Fortunata-Syndrom hat, weist sie oft auch andere Charakterzüge auf:

  • Mangelndes Selbstwertgefühl
  • Schwierigkeiten, ihre eigenen Gefühle zu erkennen
  • Abhängigkeit
  • Sie schätzen das vermeintliche Opfer, das sie bringen, als Zeichen der Liebe
  • Ein idealisiertes Konzept der Liebe
Foto von einer Frau

Frauen mit dem Fortunata-Syndrom wollen gegenüber der Frau des Mannes, den sie lieben, gewinnen. Sie tun dies nicht bewusst, aber es ist ihnen unmöglich, der Versuchung zu widerstehen. Im Allgemeinen leiden sie sehr und sind häufig frustriert. Ihnen wird eine Psychotherapie empfohlen.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.