Es bleiben die Menschen, die zählen, und andere gehen

Es bleiben die Menschen, die zählen, und andere gehen

Letzte Aktualisierung: 23. November 2016

Auf unserem Weg gehen wir Menschen enge Beziehungen zu anderen ein und unsere Wege kreuzen sich. Diese Menschen stehen uns unterschiedlich nahe und auch die Erwartungshaltung an diese Beziehungen unterscheiden sich. Wir können die Erwartung und das Ziel haben, eine wichtige und bedeutende Informationsquelle für das Leben zu bekommen, eine Stütze, um uns weiterzuentwickeln, oder in diesen Verbindungen schlichtweg eine Quelle des sozialen Wohlstands zu finden.

Denken wir doch beispielsweise mal an den Knopf eines Hemdes: Er fällt einfach ab, wenn die Fäden, durch die er am Hemd angebracht ist, reißen. Mit einer Freundschaft passiert genau das Gleiche – auch wenn die Fäden, die sie in diesem Fall an unserem Herz befestigen, wesentlich dichter versponnen sind und allein den Wandlungen unsere Bedürfnisse und unserer Erwartungen im Laufe der Zeit ausgesetzt sind.

Eine Freundschaft ist, wie alle anderen Verbindungen zwischen Menschen auch, nichts Statisches. Diese Dynamik ist dafür verantwortlich, dass sie sich weiterentwickelt und dass sie nach Anpassungen verlangt. Jedoch ist die Veränderung manchmal so groß und so negativ, dass der Faden reißt und der Knopf verloren geht.

Diese Verluste bescheren uns fast immer nostalgische Momente, so als wären sie eine nicht infrage zu stellende Probe, die uns zeigt, dass wir nun nicht mehr sind, wer wir einst waren. Diese Nostalgie sollte uns jedoch nicht verwirren, besonders wenn unsere Beziehungen eigennützig geworden sind und uns andere die kalte Schulter zeigen.

Wir leiden, weil wir versuchen, an etwas festzuhalten, das nicht mehr zu uns passt

An etwas festzuhalten schadet uns dann, wenn es uns dazu verpflichtet, eine Beziehung auf Grundlage dessen aufrechtzuerhalten, was einmal war, jetzt aber nicht mehr ist; wenn wir mit wenigen guten Erinnerungen versuchen, eine eintönige Routine voller Enttäuschungen zu übertünchen. Die Verbindung, die zu einer Illusion geworden ist und die zu Konflikten führt, ist es nicht länger wert, noch mehr Zeit in sie zu investieren, als du es ohnehin schon getan hast.

Es sind nicht die Distanz oder Schwierigkeiten, die die Zuneigung oder die Qualität von Beziehungen beeinträchtigen. Auch nicht die Routine, die zwar zu einem angenehmen Bekannten geworden aber nicht ausreichend ist, wenn doch die Gesellschaft einer anderen Person unser tägliches Wohlbefinden vervollständigt und steigert.

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Beziehungen gehen in die Brüche, weil entweder einer oder beide sich nicht mehr um sie kümmern, weil man sich der Tatsache bewusst geworden ist, dass beide nicht mehr denselben Weg verfolgen und nicht mehr einer Meinung sind. Falls du auf die vom Mythos der Stabilität auferlegte emotionale Erpressung verzichtest, wird deine Existenz Veränderungen erleben müssen und folglich auch deine Beziehungen.

„Wenn sie dich nicht lieben, so wie du möchtest, dass sie dich lieben, ist es dann wichtig, dass sie dich lieben?“

Amado Nervo

Sobald du Kraft darauf verwendet, etwas aufrechtzuerhalten, was auf natürliche Weise bereits ein Ende gefunden hat, missachtest du deine Gefühle und auch die des anderen. Du kannst dein Leben damit verbringen, dich hartnäckig an etwas zu klammern, was nicht das Gleiche ist, wie dein Leben wahrhaft zu leben. Denn nur so wird dein Leben dich und deine Freundschaften bereichern.

Uns wurde beigebracht, an etwas festzuhalten, aber nicht, etwas gehen zu lassen

Wenn wir den umstrittenen indischen Philosophen Osho zitieren, dann können wir sagen, dass es hin und wieder nicht möglich ist, zu lernen, sondern das wir uns von jeglichem Lernprozess befreien. Das bedeutet nicht, dass wir dumm werden oder vergängliche Aussagen treffen, es geht einfach darum, damit aufzuhören, zu versuchen, zu verstehen, um damit zu beginnen, allem Beachtung zu schenken, was im Zusammenhang mit unserer intellektuellen, sozialen und moralischen Entwicklung steht.

In der Sozialpsychologie sagt uns die „Korrespondenztheorie“, dass es in Partnerschaften und Freundschaften, die sich ähneln, sehr wahrscheinlich ist, dass wir solide Beziehungen aufbauen. Nur wer dieselben Werte mit dir teilt, kann langfristig eine engere Bindung zu dir haben.

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Es geht darum, zu suchen, was du brauchst, dich nicht mit dem abzugeben, was dir Schmerzen bereitet, dich im Endeffekt aber auch nicht erfüllt. Manche Menschen müssen gehen, damit dich andere weiterhin auf deinem Weg begleiten können, weil sie es wirklich wollen – ohne Dramen, ohne Traumata. Sich Veränderungen in Beziehungen als natürliche Wandel einzugestehen, gleicht einem Neuanfang.

Das bedeutet, eine der Lektionen, die uns in Bezug auf die Liebe beigebracht wurde, aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten: Lieben heißt nicht, sich an jemanden zu klammern, sondern sich zu wünschen, bei deinem Partner und deinen Freunden, bei den Büchern, die du liest, zu bleiben, und den Arbeitsplatz zu behalten, dem du deine Zeit widmest.

Ab und an müssen wir einfach nur auf unsere Intuition hören: Wir sollten zulassen, dass die Menschen weiterhin an unserer Seite bleiben, die noch immer zählen, und sollten diejenigen gehen lassen, die uns nichts Gutes bringen, auch wenn sie uns eine lange Zeit begleitet haben.

Je weiser wir sind, desto weniger werden wir verletzt. Es gelingt uns dann, dass unser persönliches Wachstum von Menschen begleitet wird, die wir auch zukünftig nicht missen wollen, mit denen wir Diskussionen haben und verschiedene Standpunkte austauschen, aber mit denen wir nur selten die Worte messen müssen, die wir sagen. Ich wünsche mir, dass sie auf mich zählen, weil sie in meinem Leben zählen.

Mit 30 zählt bei Freundschaft mehr die Qualität als die Quantität

Eine vor Kurzem erschienene Studie der American Psychological Association,
die in Psychology and Aging  veröffentlicht wurde, hat gezeigt… >>>Mehr


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