Erotisches Begehren: Körperkontakt, Nähe und Glückseligkeit
Erotisches Begehren geht über die Lust auf Sex hinaus: Wir sprechen über eine höhere, anspruchsvollere Ebene, die Feingefühl und Zärtlichkeit voraussetzt. Es geht um die Sehnsucht nach Körperkontakt, nach Nähe, Genuss und Glückseligkeit. Es handelt sich nicht um einen irrationalen Impuls, sondern um die bewusste Entscheidung, einem geliebten Menschen nahe zu sein und seine Haut zu spüren.
Erotisches Begehren ist weitaus mehr als ein Hormoncocktail. Es erfordert auch eine mentale Aktivierung, um die perfekte Symphonie von Emotionen, Instinkten und dem Verlangen nach einer zu orchestrieren. Platon erinnert uns daran, dass das Begehren eine Sache der Seele ist.
Erotisches Begehren: Was ist das?
Wir sprechen über die Motivation, die sexuelle Lust auslöst, das Ziel ist jedoch nicht unbedingt der sexuelle Höhepunkt. Es geht um sinnliche Erfahrungen, um Empfindungen und Freude, die jedes Paar auf unterschiedliche Weise erlebt. Eine Studie der Universität Wisconsin-Madison (USA) weist darauf hin, dass die Definition des erotischen Begehrens äußerst komplex ist. Jeder Mensch hat ein unterschiedliches Verständnis von Erotik, das sich auch mit dem Partner ändert. Die zitierte Studie erinnert auch daran, dass wir soziale und kulturelle Faktoren nicht ignorieren können. Einschränkende Geschlechterrollen, Erziehung und Religion beeinflussen das erotische Verlangen.
Die drei Komponenten
Dr. Helen Singer Kaplan, die an der Universität Cornell forscht, ist eine Pionierin auf diesem Gebiet. Ihr Werk Sexual Desire Disorders sowie andere von ihr verfasste Bücher legten den Grundstein für diese Wissenschaft. Dr. Kaplan definiert im Zusammenhang mit erotischem Begehrn folgende drei Elemente:
- Der Impuls bezeichnet die Wirkung, die durch die Aktivierung der biophysiologischen Grundlagen entsteht, es ist die Erregung, die eine Person in uns auslöst.
- Das Verlangen bezieht sich auf den Wunsch und das Bedürfnis, diese Person zu berühren, zu fühlen und ihr nahe zu sein. Dazu gehören auch all die erotischen Wünsche, die wir erleben, wenn wir uns zu jemandem hingezogen fühlen (das Verlangen nach Zärtlichkeit, Streicheleinheiten, Küssen, Umarmungen usw.).
- Das Motiv steht für die Veranlagung zu diesem erotischen und auch sexuellen Verhalten. Diese Komponente geht über die physiologischen und hormonellen Grundlagen hinaus, denn sie umfasst auch persönliche Faktoren. Manchmal begehren wir jemanden nicht nur, weil wir uns körperlich zu dieser Person hingezogen fühlen. Es gibt andere subjektive Elemente, die ebenso entscheidend sind.
Auf der anderen Seite ist es wichtig zu betonen, dass erotisches Begehren nicht dasselbe ist wie sexuelle Erregung. Ersteres basiert immer auf einer subjektiven Dimension (Bozman und Beck, 1991).
Woran ist erotisches Begehren zu erkennen?
Sexologen geben zu, dass es sehr schwierig ist, genau zu definieren, was erotisches Begehren ist. Es ist jedoch eine Dimension, die wir alle kennen, deshalb ist es einfacher über konkrete Merkmale zu sprechen:
- Du kannst nicht immer kontrollieren, für wen du erotisches Verlangen empfindest. Manchmal fühlst du dich zu einer Person hingezogen, die du verabscheust, ohne zu wissen warum. Wie kann das sein? Die Welt der Gefühle und der Anziehung ist manchmal unerklärlich.
- Erotisches Begehren ist unfreiwillig und spontan. Du kannst es nicht erzwingen oder verdrängen.
- Diese Empfindung ist außerdem komplex, kreativ, blumig und impulsiv. Der Geist nährt sich von Fantasien, von den Möglichkeiten, diesen Impuls, diese Sehnsucht und Motivation auszudrücken. Wenn dieses Verlangen auf Gegenseitigkeit beruht, können beide diese Fantasien zum Ausdruck bringen.
Philosophische Aspekte
Nicht nur Sexologen und Psychologen befassen sich mit diesem Thema, auch die Philosophie ist daran interessiert. Aristoteles wies zum Beispiel darauf hin, dass Appetit eine Komponente des Begehrens ist. Es geht jedoch nicht um einen Impuls oder ein biologisches Bedürfnis, sondern um die bewusste Entscheidung, bei der jede Person bestimmt, wen sie begehrt und was sie möchte.
Für Platon ist das erotische Begehren eine Leidenschaft der Seele. Eine aktuelle Referenz ist der französische Schriftsteller und Philosoph Michel Onfay. In seinem Werk Théorie du corps amoureux: pour une érotique solaire plädiert er für einen von der Religion und der normalisierten Gesellschaft losgelösten Eros. Er spricht von einer “solaren Erotik”, von dem gemeinsamen Genuss der hedonistischen Exaltation. Alle Körper streben nach einer Wiedervereinigung, in der die vitale Kraft triumphiert.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Alfonso, V. C., Allison, D. B., & Dunn, G. M. (1992). Sexual fantasies and satisfaction: A multidimensional analysis of gender differences. Journal of Psychology.
- Baumeister, R. F. (2000). Gender differences in erotic plasticity: The female sex drive as socially flexible and responsive. Psychological Bulletin, 126, 347-374.
- Regan, P. C., & Berscheid, E. (1996). Beliefs about the state, goals, and objects of sexual desire. Journal of Sex & Marital Therapy, 22, 110-120.
- Wallen, K. (1995). The evolution of female sexual desire. In P. R. Abramson & S. D. Pinkerton (Eds.)