Entflammtes Gehirn: Die Verbindung zwischen Entzündungen und Depressionen

Entflammtes Gehirn: Die Verbindung zwischen Entzündungen und Depressionen
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 17. Januar 2023

Die Theorie des entflammten Gehirns schlägt einen Zusammenhang zwischen Entzündungen und Depressionen vor. Denn zahlreiche Studien zeigen, dass viele Menschen, bei denen eine Depression diagnostiziert wurde, eine erhöhte Konzentrationen proinflammatorischer Zytokine in Blut und Liquor aufweisen. Dies kann sich negativ auf die Gehirnfunktion und die Stimmung auswirken.

Die Autoren einer dieser Studien, Charles L. Raison, Lucile Capuron und Andrew H. Miller, veröffentlichten ihre Forschungsergebnisse 2006 in der Zeitschrift Trends in ImmunologyAllerdings ist es wichtig, anzumerken, dass es diese Hypothese bereits seit mehreren Jahrzehnten gibt. Tatsächlich hängt sie direkt mit einer anderen zusammen, die als Malaise-Theorie der Depression bekannt ist. Dr. Bruce Charlton von der University of Buckingham hat seinerzeit viel Zeit darauf verwendet, diese Theorie durch Forschung und Analyse unter Beweis zu stellen. In einer Studie, die er vor nahezu 20 Jahren veröffentlichte, versuchte er, sein Konzept zu definieren.

Bis heute sind zahlreiche Wissenschaftler davon überzeugt, dass Depressionen mit Lebensstil, Ernährung oder sogar Umweltverschmutzung zusammenhängen können. Andere Experten glauben, dass sie eine physische Antwort unseres Körpers auf Umweltstressoren oder Sorgen seien.

Nach der Theorie des entflammten Gehirns gebe es eine physiologische Reaktion auf eine vermeintliche Bedrohung. Aus diesem Grund reagiere das Immunsystem und es komme zu einer entzündlichen Reaktion. Aber statt uns zu schützen, wird diese Reaktion zu unserem schlimmsten Feind, denn sie schwächt uns und nimmt uns Lebensqualität. Nach der Theorie des entflammten Gehirns werde im Gehirn, wenn ein Stressor wahrgenommen wird, Kortisol freigesetzt. Dieses Hormon löse die Produktion von Zytokinen und anderen Mediatoren aus.

Das entflammte Gehirn - ein Grund warum wir an Depressionen leiden?

Worauf basiert die Theorie des entflammten Gehirns?

Diese beiden Hypothesen, die Depressionen mit entzündlichen Prozessen im Gehirn in Verbindung bringen, haben ziemlich einprägsame Namen. Auf der einen Seite haben wir die Malaise-Theorie der Depression, auf der anderen Seite die Theorie des entflammten Gehirns. Trotz ihrer unterschiedlichen Namen haben beide Theorien viel gemeinsam.

Der Grund, warum Wissenschaftler anfingen, zu untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen Immunreaktionen und Depressionen besteht, ist die steigende Anzahl von Menschen, die weder auf eine psychologische Behandlung noch auf eine Therapie mit Psychopharmaka ansprechen. Woran könnte das liegen? Ab dem Jahr 2000 wurde die Entzündung zunehmend als mögliche Erklärung herangezogen.

Schauen wir uns die Theorie des entflammten Gehirns nun etwas genauer an.

Mechanismen, die den Zusammenhang zwischen Entzündungen und Depression erklären

Wenn unser Körper die Präsenz eines Virus oder anderen Pathogens erkennt, löst er eine Immunreaktion aus, um den Feind zu bekämpfen. Diese Reaktion unseres Immunsystem erfolgt über eine Entzündung. Der Theorie des entflammten Gehirns zufolge löse unser Körper dieselbe Immunreaktion aus, wenn wir Druck, Stress, Angst oder Furcht erleben.

Eine traurige Frau liegt auf ihrer Couch.
  • Wenn unser Körper einen Erreger bekämpft, verwendet er dazu weiße Blutkörperchen und andere Hilfsmittel wie Zytokine. Zytokine sind Botenstoffe, die die Immunreaktion koordinieren.
  • Wie wir anfangs sagten, stellen Wissenschaftler fest, dass viele Menschen mit Depressionen einen überdurchschnittlich hohen Spiegel an proinflammatorischen Zytokinen haben.
  • In einer bestimmten Studie wurden Daten von 14.275 Patienten mit Depressionen analysiert. Dabei stellte einer der Forscher fest, dass 60 % dieser Patienten eine sehr hohe Konzentration an C-reaktivem Protein aufwiesen, einem Marker für entzündliche Erkrankungen.
  • Proinflammatorische Zytokine können eine Neuroinflammation einleiten. Im Laufe der Zeit können auch körperliche Schmerzen und ein geschwächtes Immunsystem Probleme bereiten.

Wie können wir eine durch Entzündungen ausgelöste Depression bekämpfen?

Zunächst müssen wir etwas Wichtiges klären. Nicht alle Depressionen sind gleich und nicht alle Depressionen werden durch Entzündungen verursacht. Die Theorie des entflammten Gehirns ist nur für Personen relevant, die eine Psychotherapie und Medikamente ausprobiert und keine Verbesserung erfahren haben.

Wissenschaftler und die pharmazeutische Industrie sehen sich nun mit einer Herausforderung konfrontiert: Sie müssen neue Medikamente entwickeln, um diesen Typ der Depression zu heilen, bzw. die Wirksamkeit bewährter Entzündungshemmer bei Depressionen belegen. In der Zwischenzeit haben sich jedoch folgende Strategien als sehr effektiv erwiesen:

  • Übungen zur Stressreduzierung
  • Atem- und Entspannungstechniken
  • Sportliche Aktivität
  • Entzündungshemmende Ernährung (weniger Zucker, Salz, Mehl, verarbeitete Lebensmittel und gesättigte Fette sowie Alkohol und Tabak)
  • Diät reich an Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D
Lebensmittel, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind

Zusammenfassend sei gesagt, dass viele Experten meinen, dass chronischer Stress Depressionen auslösen könne. Wenn wir auf Stress besser vorbereitet und effektiver gerüstet wären, könnten wir Entzündungen und andere Ungleichgewichte des Immunsystems vermeiden. Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt.

Außerdem überlegen wir lieber nicht zweimal, ob wir professionelle und spezialisierte Hilfe für unsere Probleme benötigen. Denn wir alle verdienen es, gesund zu werden und ein erfülltes und glückliches Leben zu führen.


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  • Raison, C. L., Capuron, L., & Miller, A. H. (2006, January). Cytokines sing the blues: Inflammation and the pathogenesis of depression. Trends in Immunology. https://doi.org/10.1016/j.it.2005.11.006
  • Slavich, G. M., & Irwin, M. R. (2014). From stress to inflammation and major depressive disorder: A social signal transduction theory of depression. Psychological Bulletin140(3), 774–815. https://doi.org/10.1037/a0035302

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