Eine Einladung: Finde heraus, wie wir zulassen, verletzt zu werden

Eine Einladung: Finde heraus, wie wir zulassen, verletzt zu werden

Letzte Aktualisierung: 14. September 2017

Die psychologische Unterstützung zielt immer darauf ab, dass der Patient die Zügel seines Lebens selbst in die Hand nimmt und sich weniger von seinen Emotionen und widrigen äußeren Umständen leiten lässt, denen er sich oft stellen muss. Der Gedanke dahinter ist, eine bedingungslose Akzeptanz zu fördern, sowohl sich selbst als auch anderen und dem Leben im Allgemeinen gegenüber. Auf diese Weise wird uns all das, was uns widerfährt, in einem angemessenen Maß betreffen – nicht mehr und nicht weniger.

Entgegengesetzt der weitverbreiteten Meinung geht es dabei nicht um Konformismus. Konformistisch zu sein heißt, in unserer Komfortzone festzustecken, an dem festzuhalten, was wir kontrollieren können. Aber nicht weil wir das akzeptieren, sondern aus Angst davor, unsere Flügel auszubreiten und die Magie, die das Leben für uns bereithält, zu entdecken.

Wir wollen keine konformistischen Personen. Wir wollen leidenschaftliche Menschen, die das Leben in vollen Zügen auskosten möchten, sich Ziele setzen, Wünsche und Träume haben, die es zu erfüllen gilt. Das heißt nicht, nicht auch gleichzeitig ein emotional reifer Mensch zu sein, der mit seinen Gefühlen umgehen, seine Art und Weise die Welt zu interpretieren und wahrzunehmen, kontrollieren kann und dazu in der Lage ist, eine Niederlage oder Kritiken zu akzeptieren und sie als normalen Teil des Lebens zu betrachten.

Wie oft haben wir uns schon darüber geärgert, dass uns jemand ungerechterweise etwas gesagt oder angetan hat? Wie oft haben wir unseren Mitmenschen die Schuld daran gegeben, wie wir uns fühlten? Das haben wir alle schon getan und wir alle haben uns geirrt. Für unsere Gefühle sind nur wir verantwortlich und wenn es uns schlecht geht, dann, weil wir das so entschieden haben.

Es sind nicht die anderen, die dich verletzen, sondern du selbst

Natürlich gefällt es keinem von uns, wenn man eine unserer Schwächen hervorhebt, uns an einen Fehler erinnert oder wenn wir im Allgemeinen kritisiert werden. Wir bevorzugen Lob und Schmeicheleien, denn dadurch fühlen wir uns akzeptiert und diese Akzeptanz löst bei uns ein großes Gefühl von Sicherheit und Freude aus. Das kommt daher, dass unser Belohnungszentrum im Gehirn stimuliert wird und das in so großem Maße, dass die Suche nach Anerkennung zu einer regelrechten Sucht werden kann. Kritik oder Ablehnung können bei uns andererseits Gefühle erzeugen, die von ängstlich bis hin zu depressiv oder wütend reichen.

Diese Emotionen gefallen natürlich niemandem und wir vermeiden es um jeden Preis, sie zu verspüren. Das Problem dabei ist, dass unsere Art der Vermeidung dieser Gefühle nicht die angemessenste ist.

Wenn man einen negativen Kommentar über uns macht, gehen wir meist in die Defensive, versuchen uns zu rechtfertigen, Erklärungen zu geben oder mit einer anderen Kritik zu kontern, weil wir beleidigt sind. Wieso verhalten wir uns so? Weil wir verletzt sind, aber nicht wegen dem, was unser Gegenüber gerade zu uns gesagt hat, sondern weil wir uns selbst in unserem inneren Dialogs sagen, dass das, was dieser Mensch von uns denkt, die einzig mögliche Wahrheit ist. Dem anderen gegenüber können wir sie verneinen, aber uns selbst gegenüber bestätigen wir sie.

Sagen wir, dass wir unserem Gesprächspartner die Kritik „abkaufen“, wir glauben sie, wir machen sie zu unserer eigenen Meinung und wir verinnerlichen sie als Wahrheit und erlauben somit, dass sie unsere Denkmuster verändert. Wir selbst sind es, die sich dazu entschließen, das zu tun, und diese Entscheidung bedeutet, dass wir uns wie eine Marionette von der Meinung einer anderen Person leiten lassen.

Deshalb sind es nicht die anderen, die uns verletzen. Unser Umfeld hat das Recht auf Meinungsfreiheit und darauf, zu sagen, was es denkt. Wir selbst sind aber letztendlich dafür verantwortlich, diese Kritik anzunehmen und zu glauben, dass sie der absoluten Wahrheit entspricht.

Kommt dir das nicht auch seltsam vor, dass uns das mit Lob nicht gleichermaßen passiert? Komplimente, Glückwünsche oder Lob nehmen wir für gewöhnlich nicht auf die gleiche Weise an wie eine Kritik. Wenn man uns etwas Negatives sagt, verinnerlichen wir das sofort. Am Lob neigen wir zu zweifeln.

Eine Einladung: Akzeptierst du etwas einfach so?

Die Einladungstechnik wird in Therapien verwendet, um dem Patienten das zuvor Beschriebene zu verdeutlichen. Jemand fragte einmal: „Wenn mir jemand ein Pferd schenken möchte und ich das Geschenk nicht annehme, wem gehört das Pferd dann?“  Selbstverständlich gehört es immer noch demjenigen, der dieses Pferd verschenken wollte. Mit einer Kritik passiert genau dasselbe.

Beleidigungen, gemeine Kritiken oder Kommentare sind wie Geschenke: Wenn du sie annimmst, akzeptierst du sie; wenn du sie ablehnst, bleiben sie bei demjenigen, der sie äußert.

Wenn manche Menschen versuchen, ihre Energie auf eine negative Art und Weise an uns zu vergeuden, ist das ihr Problem. Unseres ist es, ihre Beleidigungen oder Gemeinheiten nicht zu akzeptieren. Falls wir das allerdings tun, liegt das in unserer Verantwortung und es hat überhaupt keinen Sinn, die Meinung unseres Gegenübers verändern zu wollen, denn höchstwahrscheinlich wird er sie nicht ändern, und dann sind wir diejenigen, die Energie verschwenden.

Der Therapeut lädt den Patienten dazu ein, sich auf eine bestimmte Weise zu fühlen. Zum Beispiel im Hinblick auf eine Niederlage, einen schlechten Menschen, eine Trägodie. Der Therapeut greift auf diese Technik zurück, wenn sich der Patient in Behandlung begibt und sich darüber beschwert, dass er sich häufig diese Kommentare anhören müsse oder es Menschen gäbe, die ihn so fühlen lassen.

Der Therapeut gibt seinem Patienten eine Karte, ähnlich einer Einladung, auf der der folgende Satz steht: „Ich, dein/e (Mutter, Schwester, Arbeitskollege, Partner etc.), lade dich dazu ein, dich (unnütz, schuldig, schlecht, hässlich, fett etc.) zu fühlen. Nimmst du diese Einladung an?” An dieser Stelle muss der Patient aufschreiben, dass er es nicht akzeptiert, sich so zu fühlen, weil er nicht der Meinung ist, dass ihn das als Menschen definiert, er den Standpunkt des anderen aber versteht.

Dadurch lernt der Patient, sich selbst und auch die Meinungen seiner Mitmenschen bedingungslos zu akzeptieren und nicht zu versuchen, sie zu verändern. Er lernt auch, dass es am Wichtigsten ist, dass er verinnerlicht, sich selbst nicht zu verletzen, indem er nicht alles bedingungslos annimmt, was man über ihn sagt.

Diese Akzeptanz befreit uns von einem Gewicht auf unseren Schultern, das dadurch entsteht, dass wir jedem gefallen wollen, was uns sowieso niemals gelingen wird. Die Einladungstechnik sollte auf mentaler Ebene so oft trainiert werden wie nötig und immer dann, wenn wir auf einen Menschen stoßen, der uns verurteilt. Mithilfe dieser Übung werden wir künftig dazu fähig sein, uns selbst weniger zu verletzen und uns sogar durch Kritik positiv beeinflussen zu lassen.

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Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.