Du hast ein Recht darauf, wütend zu werden und deine Meinung zu sagen

Du hast ein Recht darauf, wütend zu werden und deine Meinung zu sagen

Letzte Aktualisierung: 15. Mai 2017

Auch wenn man dich manchmal vom Gegenteil überzeugen will, hast du sehr wohl ein Recht darauf, wütend zu werden, und darüber hinaus ist das auch ein emotionales Bedürfnis. Mit etwas nicht einverstanden oder verstört zu sein, weil wir uns verloren fühlen, ist der erste Schritt, um ein Problem angehen zu können. Du darfst nie vergessen, dass wir unserem Selbstwertgefühl damit schaden, wenn wir unsere Wut immer und immer wieder herunterschlucken, ohne uns mit dem auseinanderzusetzen, was uns verletzt.

Wir müssen zudem im Kopf behalten: Uns zu erlauben, Wut zu empfinden, bedeutet weder die Kontrolle zu verlieren noch ist es ein Zeichen von Schwäche. Wir neigen oftmals dazu, diese Konzepte zu verwechseln, vielleicht weil uns eine bestimmte Denkweise beeinflusst. Wir wissen, dass derjenige, der uns wütend macht, Kontrolle über uns ausübt, aber deswegen werden wir nicht diese negative emotionale Haltung deaktivieren, unsere Wut verbergen, nicht die Verantwortung übernehmen und nicht nach einer Lösung suchen. Unsere Wut hat ein ganz klares Ziel: Sie lädt uns dazu ein, eine konkrete Bedrohung aus dem Weg zu räumen.

„Die schmerzhaftesten Unannehmlichkeiten sind diejenigen, über die wir uns nicht beschweren können.“

Marqués de Custine

Doch andererseits wissen wir auch, dass unser emotionales Gleichgewicht jeden Tag aufs Neue auf die Probe gestellt wird. Es gibt Menschen, die Tag ein Tag aus beleidigt sind und dann gibt es wiederum diejenigen, die nie etwas persönlich nehmen. Jeder nimmt seine Umwelt durch einen Filter wahr, der mehr oder weniger zulässt, gewisse Gefühle und Gedanken zu entwickeln. Aber alles hat seine Grenzen. Wir sprechen hier von diesen Grenzen, die häufig willkürlich überschritten werden, um unser Selbstwertgefühl zu verleumden, unsere emotionale Integrität infrage zu stellen oder uns zu manipulieren. Wut hat eine Daseinsberechtigung und sie im passenden Moment auf eine respektvolle Art und Weise zum Ausdruck zu bringen, ist angemessen und sehr gesund.

Wir möchten dich dazu einladen, zusammen mit uns darüber nachzudenken.

Wütend zu werden, deine Meinung zu äußern und deinen Gefühlen eine Stimme zu geben, schafft ebenfalls Abhilfe

So seltsam es auch klingen mag, gibt es nur wenige Bücher, die uns darüber aufklären, welche Vorteile Wut oder Empörung für uns hat. Traditionell wurde dieses Gefühl immer mit Zorn und mangelnder Selbstbeherrschung sowie fehlendem Taktgefühl, wenn es darum geht, diesem Missfallen entgegenzuwirken, in Verbindung gebracht.

Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass es, wie beim Prozess der Trauerverarbeitung auch, notwendig ist, diesen Schritt hin zur Akzeptanz der eigenen Gefühle zu gehen, bevor sie kanalisiert und umgewandelt werden. Zu wissen, was wir fühlen und wieso wir das fühlen, ist in dem Moment wichtig, in dem wir eine Lösung für unser emotionales Ungleichgewicht finden möchten.

Wie bereits erwähnt, gibt es nur wenige Literatur, die diese Thematik behandelt, doch glücklicherweise gibt es in der Tat ein so interessantes wie aufklärendes Buch in Bezug auf diese Thema: Annoying  wurde 2011 von den Forschern Joe Palca und Flora Lichtman veröffentlicht. In diesem Werk wird das Thema Wut aus unterschiedlicher Perspektive betrachtet, wobei Soziologie, Anthropologie und Psychologie nicht außer acht gelassen werden. Zuallererst wird uns davon berichtet, dass Wut oftmals mit Zorn, Frust oder Abneigung gegenüber etwas oder jemandem gleichgesetzt wird. Aber das stimmt so nicht. Experten raten uns dazu, Wut als einen einzigartiges und individuelles Gefühl zu sehen.

Wut entsteht niemals wegen eines einzigen Ereignisses. Es ist eine Anhäufung vieler kleiner Ereignisse, die zu etwas Großem führt, etwa wie bei einem Moskito, das Nacht für Nacht durch unser Schlafzimmer surrt, bis wir letztendlich keinen Schlaf mehr finden und nicht mehr dazu in der Lage sind, unsere Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken, als dieses Geräusch. Doch genau das ist der springende Punkt: Ohne eine Unannehmlichkeit gibt es keine Möglichkeit der Veränderung. Das bedeutet, dass dieses negative Gefühl darauf abzielt, dass wir handeln.

Auf intelligente Weise wütend werden

Charles Darwin sagte einmal, dass negative Emotionen wie Angst und Wut uns darauf aufmerksam machen würden, dass wir uns angemessen verhalten müssten, um einer Gefahr aus dem Weg zu gehen. Dem Beachtung zu schenken, was uns stört, uns empört und uns unseren Frieden nimmt, ist ein Zeichen für unser Selbstverständnis. Auf Grundlage dieser Gefühle angemessen zu reagieren, zeugt zweifellos von emotionaler Intelligenz.

„Nimm Abstand von kleinen Menschen, die dein Leben und deine Träume niedermachen wollen, denn das sind die gefährlichsten.“

Mark Twain

Die 4 Gesetze der intelligenten Wut

Das erste Gesetz, das so wichtig wie die anderen ist, besagt, dass jemand, der unentwegt beleidigt ist, auch immer unglücklich ist. Es gibt Kämpfe, die es nicht wert sind, ausgetragen zu werden, genauso wie es Aspekte und Gespräche gibt, die unsere Aufmerksamkeit nicht verdienen. Werde wegen dem wütend, was dein persönliches Gleichgewicht ins Schwanken bringt. Weise auf das hin, was dein Selbstwertgefühl angreift, und verteidige dich gemäß deiner Überzeugung demjenigen gegenüber, der dir schaden will.

Das zweite Gesetz bezieht sich auf etwas sehr Offensichtliches: Uns respektvoll zu verteidigen ist möglich. Ruhig zu diskutieren und ohne jemanden verbal anzugreifen ist dabei essenziell. Diese Fähigkeit können wir durch die Stärkung unserer emotionalen Intelligenz erreichen.

Das dritte Gesetz beinhaltet einige sehr eindeutige Schritte, die wir verinnerlichen sollten: Höre zu, fühle, atme, fasse einen klaren Gedanken und handle. Das bedeutet, dass wir uns zuerst auf den Reiz konzentrieren sollen, der uns angreift oder uns Schaden zugefügt. Danach werden wir uns unserer Gefühle bewusst und wir verspüren Wut. Im Anschluss atmen wir tief ein und aus und setzen Prioritäten.

„Ich muss handeln und Grenzen setzen, mit denen ich verdeutliche, dass ich nicht wünsche, auf diese Weise behandelt zu werden. Ich darf nicht zulassen, dass mich die Wut paralysiert und das sogar so weit geht, dass ich nicht mehr denken kann. Ich werde sie benutzen, um intelligent zu handeln.“

Das vierte und letzte Gesetz beschreibt den Lernprozess. Jede gelöste und angegangene Situation, jedes verteidigte Bedürfnis soll uns zeigen, dass uns Teilnahmslosigkeit, Schweigen und das Herunterschlucken von Gefühlen schadet und uns krank macht.

Wir müssen keine Angst vor negativen Emotionen haben. Sie zu verstehen und mit ihnen umzugehen, ist der wahre Schlüssel zu unserem persönlichen Wachstum.

Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung von Nicoletta Ceccoli

 

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