Die zwölf Geschworenen: Wie ein Anführer die Meinung einer Gruppe ändern kann

Die zwölf Geschworenen: Wie ein Anführer die Meinung einer Gruppe ändern kann
María Prieto

Geschrieben und geprüft von der Psychologin María Prieto.

Letzte Aktualisierung: 21. Dezember 2022

Die zwölf Geschworenen  (englischer Originaltitel: 12 Angry Men)  ist ein Drama von Reginald Rose. Eigentlich schrieb er das Drehbuch für eine Fernsehproduktion; die Produzenten haben es später für jedoch Kino und Theater angepasst.

Reginald Rose ist in den Vereinigten Staaten aufgewachsen. In den 1950er Jahren widmete er sich vor allem dem Fernsehen. Seine Drehbücher spiegelten sein wachsendes Interesse an sozialen und politischen Themen wider und beinhalteten im Allgemeinen eine Art Kontroverse mit einer klaren und präzisen Annäherung an die Realität der damaligen Zeit.

Seine bekannteste und erfolgreichste Arbeit ist der Film Die zwölf Geschworenen,  in dem er die Komplexität des Menschen beschreibt. Er taucht sehr tief in dieses Thema ein. Das wird beispielsweise daran deutlich, dass sich die Figuren mit ihren Gefühlen und Realitäten intensiv auseinandersetzen, während sie eigentlich so objektiv wie möglich bleiben müssen. Die ursprüngliche Fernsehserie wurde 1954 erstausgestrahlt. Später wurde das Drehbuch an das Theater angepasst. Nachdem es ein großer Erfolg in den Theatern gworden, nahm sich 1957 Regisseur Sidney Lumet des Filmes an. Die zwölf Geschworenen  ist ein Film, der die Verbindungen von Fernsehen, Theater und Kino wiedergibt.

Die Handlung

Dieser Film hat eine sehr komplexe Handlung, aber der rote Faden, der einzelne Kapitel miteinander verbindet, ist die Jury, die aus 12 sehr unterschiedlichen Männern besteht. Gemeinsam müssen sie sich darauf einigen, ob sie den Angeklagten für unschuldig oder schuldig halten. Dem Verdächtigen wird Mord vorgeworfen, und das Urteil der Jury wird erhebliche Folgen haben.

Zu Beginn des Films beendet ein Richter ein Gerichtsverfahren gegen einen 18-jährigen Jungen. Die zwölf Männer müssen überlegen und entscheiden, ob er dafür verantwortlich gemacht werden kann, seinen Vater getötet zu haben. Wenn sie den Angeklagten für schuldig befinden, wird seine Strafe der elektrische Stuhl sein, da die Anklage wegen Mordes geführt wurde.

Zunächst scheint es, als würden ihre Überlegungen nicht allzu viel Zeit in Anspruch nehmen und sie würden entscheiden, dass er schuldig sei. Einer von ihnen ist sich jedoch nicht sicher, und er führt ein Argument für seine Position an, welches er als „vernünftigen Zweifel“ bezeichnet. Dieser Zweifel, sagt der Geschworene, sei einer, der die Männer veranlassen sollte, ihre schweren Anschuldigungen zu überdenken. Er bittet um eine neue Abstimmung, um zu sehen, ob jemand anderes seine Meinung geändert hat. Und es wird deutlich, dass die gesamte Gruppe anfängt, Zweifel zu haben.

Eine Szene aus dem Film "Die zwölf Geschworenen"

Die Gruppe beschließt dann, ihre Entscheidung zu überdenken und den Fall etwas mehr zu analysieren. Sie besprechen die vorliegenden Beweise, die Aussagen der Zeugen und ziehen daraus neue Schlussfolgerungen. Im Verlauf dieser Überlegungen diskutieren die zwölf Geschworenen ihre Ängste, ihre Lebenserfahrungen und tragen immer mehr von ihren eigenen Persönlichkeiten an die Oberfläche. Sie offenbaren auch ihre Vorurteile.

Die zwölf Geschworenen: Die Fähigkeit des Anführers, eine Meinung zu ändern

Vernünftige Zweifel ergeben sich häufig, wenn die Mitglieder einer Jury ihre Beratung schnell abschließen und einen Konsens über die Schuldfrage erzielen wollen: Was den Film betrifft, erklären alle außer einem der Geschworenen den Angeklagten in einer schnellen und unbedachten ersten Abstimmung für schuldig.

Dies ist der Punkt, an dem die Führungsfähigkeit des abweichenden Mitglieds durchscheint. Dieser Geschworene lässt die anderen Männer schließlich an der Schuld des Angeklagten zweifeln. Diese Figur schafft es, bei den anderen Geschworenen den Funken für eine tiefere Reflexion zu entfachen. Nehmen wir uns einen Moment und nutzen wir diesen Charakter als Beispiel, um über jene Eigenschaften zu sprechen, die einen guten Anführer ausmachen.

Ein Anführer muss zuhören können

Im Verlauf des Films hört der Protagonist jede einzelne Meinung sorgfältig an. Er gerät nicht in die Versuchung, den Diskurs und die übrigen Jurymitglieder zu unterbrechen. Und durch einfaches Zuhören können auch wir Informationen sammeln und Probleme erkennen, Entscheidungen treffen und Konflikte lösen.

Der Geschworene verleiht seinen Kollegen eine gewisse Bedeutung und integriert sie. Dies erleichtert es ihnen, sich zu engagieren, und ihr Engagement ermöglicht es den Männern, sich emotional in die Debatte einzubringen.

Ein guter Anführer ist durchsetzungsfähig

Die Jurymitglieder möchten die Angelegenheit so schnell wie möglich regeln und mit ihrem Alltagsleben weitermachen. Der Anführer kämpft jedoch gegen diesen Wunsch an, als er seine Unstimmigkeit zum Ausdruck bringt. Sich der Mehrheit entgegenzustellen, ist keine leichte Sache. Wir stellen uns dadurch auf die offene Bühne und machen uns verwundbar.

Auf dieselbe Weise drückt ein guter Anführer jedoch seine wahren Gefühle und Meinungen aus, unabhängig davon, was andere denken. Führungskräfte sind sich ihrer Verantwortung bewusst und übernehmen sie, auch wenn sie dadurch in eine unangenehme Lage geraten. Außerdem erinnert ein guter Anführer seine Gruppe daran, dass die Entscheidungen, die sie als Gruppe treffen, Konsequenzen haben.

Ein Anführer leitet, koordiniert und moderiert

Die Hauptfigur des Films moderiert die Diskussion zwischen den einzelnen Jurymitgliedern. Der Geschworene verwaltet und löst Konflikte, um sicherzustellen, dass die Kommunikation fließend und effektiv bleibt. Er weiß auch, wann er über sich selbst nachdenken muss und wie er seine Gedankengänge kommunizieren kann.

Eine Abstimmung durch Handzeichen

Ein Anführer sollte ehrlich sein

Unser Anführer im Film ist weder verschlossen noch geheimnisvoll. In der ersten Abstimmung stimmt er für unschuldig, weil er eine offene Debatte will. Er möchte nicht unbedingt mit seinen Kollegen streiten, aber er will das machen, was er für richtig hält. Er ist sich bewusst, dass es keine Debatte geben wird, wenn er sich nicht gegen die Mehrheit ausspricht. Somit würde der Junge zum Tode verurteilt.

In diesem Sinne ist er ehrlich bezüglich seiner Gefühle. Er schweigt nicht; vielmehr äußert er seine Zweifel. Er ist auch ehrlich in Bezug auf die Tatsache, dass er gar nicht so sicher ist, was er denken soll. Deshalb möchte er die Meinung der anderen Männer hören. So beginnt er, die anderen Geschworenen besser zu verstehen. Seine Aufrichtigkeit ist sein bestes Mittel, um Zweifel und Konflikte zu lösen.

Er analysiert und löst Probleme

Im Verlauf von Die zwölf Geschworenen  sehen wir, wie der Anführer die Möglichkeit ergreift, seine Meinung zu äußern und den Rest der Gruppe zum Zweifeln zu bringen. Mit großer Kraft und seiner Fähigkeit, Menschen zu analysieren, versucht er, der Gruppe eine neue Sicht auf die Fakten des Prozesses zu geben.

Es ist nicht zu leugnen, dass das Urteil aufgrund der daraus entstehenden berechtigten Zweifel in „unschuldig“ geändert werden muss. Es ist jedoch schwierig, zwischen dem Wahrscheinlichen und dem Möglichen zu unterscheiden. Dies lässt dem Zuschauer die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob der Film mit einem unschuldigen oder schuldigen Urteil endet.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.