Die Geschichte von den Steinen im Glas: Wie können wir besser mit Sorgen umgehen?
Ein Professor eines Institutes für Erwachsenenbildung wollte seinen Studenten eine Lektion erteilen. Viele von ihnen gaben an, nicht genug Zeit zu haben, um zu lernen, weil sie neben den Vorlesungen noch arbeiten mussten und nicht zuletzt auch persönliche Probleme hatten. Manchen fehlte einfach das Geld, andere waren verheiratet, hatten Kinder und fühlten sich den zusätzlichen Verantwortungen nicht gewachsen. Daher entschied sich der Professor dazu, ihnen die Geschichte von den Steinen im Glas zu erzählen.
Manche Studenten wollten diese Geschichte nicht einmal hören. Für sie war es in gewisser Weise Zeitverschwendung. Sie wollten lieber im Fach weiterkommen als der Geschichte von den Steinen im Glas zu folgen. Schließlich waren sie ja Erwachsene und sie hielten es nicht für nötig, dass ihnen jemand beibrachte, wie sie zu leben haben.
Trotz dessen, dass sich die Studenten sträubten, und vielleicht genau aus diesem Grund, bestand der Professor darauf, ihnen die Lektion des Tages zu erteilen. So nahm er ein leeres Glasgefäß und stellte es auf den Tisch. Dann holte er unter dem Schreibtisch ein paar große Steine hervor und legte sie neben das Glas. Daraufhin fragte er die Studenten, ob sie glaubten, dass diese Steine das Gefäß ausfüllen würden.
„Wenn ein Reisender einen Berg in Richtung bezwingen und sich dabei an einem Stern orientieren will, sich dabei aber zu sehr auf die Probleme des Aufstiegs konzentriert, läuft er Gefahr, zu vergessen, welcher Stern ihm den Weg weisen sollte.“
Antoine de Saint-Exupéry
Das Experiment in der Geschichte von den Steinen im Glas
Die Studierenden begannen, zu schätzen. Jeder von ihnen schätzte, wie viele Steine wohl in das Glas passen und ob sie es komplett ausfüllen würden. Letztendlich waren sich fast alle einig darüber, dass die Steine groß genug waren, um das Gefäß zu füllen. So begann das Experiment in der Geschichte von den Steinen im Glas.
Der Professor legte Stein für Stein in das Glas. Als er damit fertig war, war das Glas bis zum Rand mit Steinen gefüllt. Dann fragte er die Studierenden: „Ist das Glas voll?“ Fast alle antworteten mit ja. Daraufhin holte er unter dem Schreibtisch ein paar kleinere Steine hervor. Er fragte sie, ob es möglich wäre, dass diese Steine noch Platz im Glas fänden. Die Studenten überlegten einen Moment und bejahten die Frage zögerlich.
Der Professor füllte sie allmählich ein, bis der Glasbehälter voll bis oben hin war. Dann fragte er seine Studenten erneut: „Ist das Glas voll?“ Die Studierenden überlegten ganz genau. Nachdem sie festgestellt hatten, dass es keinen Platz mehr für weitere Steine im Glas gab, antworteten sie mit: „Ja, es ist komplett voll.“
Es ist immer noch Platz für mehr
Trotz der Tatsache, dass alle dachten, dass es unmöglich wäre, das Glas noch weiter zu befüllen, verunsicherte sie der Professor noch einmal. Dieses Mal holte er einen Beutel hervor, in dem sich Sand befand, und er begann, ihn lautlos in das Glasgefäß zuschütten. Zum Erstaunen aller füllte der Sand die Zwischenräume im Glas aus. Die Studenten hatten nicht bedacht, dass es zwischen den Steinen immer noch ein kleines Bisschen Platz gab.
Zum dritten Mal fragte der Professor: „Ist das Glas voll?“ Dieses Mal entgegneten die Studierenden ohne zu zögern: „Ja.“ Es schien ihnen schlichtweg unmöglich, jetzt noch etwas in das Glas zu geben. Die kleinen Zwischenräume, die vorher da waren, wurden ja nun vom Sand ausgefüllt.
Der Professor nahm einen Krug voller Wasser und schüttete das Wasser in das Glas, das bereits voller großer und kleiner Steine sowie Sand war. Das Glas lief nicht über. Das sollte verdeutlichen, dass sogar noch Platz für das Wasser war, obwohl das Glasgefäß randvoll zu sein schien. Der Sand wurde nass und ein Großteil der Flüssigkeit wurde vom Sand aufgesaugt. Als der Professor damit fertig war, fragte er: „Was haben Sie heute gelernt?“
Und die Moral von der Geschichte von den Steinen im Glas…
Als der Professor diese Frage stellte, entschied sich einer der Studierenden schnell dazu, ihm zu antworten: „Die Geschichte von den Steinen im Glas zeigt uns, dass es nicht wichtig ist, wie viel auf unserer To-do-Liste steht. Es gibt immer noch Platz, um ihr etwas hinzuzufügen. Es ist alles eine Frage der Organisation.“
Der Professor bewahrte Stillschweigen. Auch ein anderer Student wollte sich beteiligen. Er sagte, dass man immer etwas dazu lernen und im Kopf immer noch mehr Sachen aufnehmen könne, so als ob er dieses Glas wäre. Schließlich sei immer noch Platz für etwas anderes.
Als er bemerkte, dass die Studierenden das Experiment der Geschichte von den Steinen im Glas nicht verstanden hatten, ergriff der Professor das Wort. Dieses Mal fragte er sie: „Was wäre passiert, wenn ich alles andersherum gemacht hätte? Wenn ich mit dem Wasser angefangen und am Ende die großen Steine in das Glas gelegt hätte?“ Die Antwort der Studierenden war, dass das Glas schnell übergelaufen wäre.
„Jetzt haben Sie es verstanden“ sagte der Professor zu den Studenten. „Das Wasser, der Sand, die kleinen und großen Steine stellen unsere Sorgen dar. Manche sind größer, andere kleiner und wiederum andere sind im Grunde nicht der Rede wert. Wenn wir zuerst unsere großen Probleme angehen, wird Platz für unsere kleinen Sorgen sein. Aber wenn wir andersherum beginnen, werden wir keine einzige lösen können.“
Und das ist die Moral der Geschichte von den Steinen im Glas: Beginne zuerst damit, Lösungen für deine großen Sorgen zu finden, denn falls nicht, werden dir die kleinen Probleme irgendwann über den Kopf wachsen. Und das ist nicht nur eine effektive, sondern auch gesunde Art und Weise, wie wir mit Sorgen umgehen können.