Diazepam: was es ist und wie es wirkt
Diazepam, besser bekannt unter seinem Handelsnamen „Valium“, ist ein Medikament, das zur Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine gehört. Hierbei handelt es sich um angstlösende und hypnotisch wirkende Arzneimittel. Auch heute noch gehört diese Art der Psychopharmaka zu den am häufigsten eingesetzten Arzneistoffen in der Behandlung von Angst, Panikattacken und Schlaflosigkeit, und zur Beruhigung vor Operationen.
Wir alle haben schon einmal von Diazepam gehört, sei es, weil es uns einmal verschrieben wurde oder weil ein uns nahestehender Mensch zu jenen Patienten gehört, die es für gewöhnlich auf ihrem Nachttisch liegen haben. Selbst die Weltgesundheitsorganisation WHO hat es aus einem ganz bestimmten Grund in ihre Liste der „unentbehrlichen Arzneimittel“ aufgenommen: Es ist eines der effektivsten typischen Benzodiazepine.
Doch der häufige Einsatz und in vielen Kontexten beinahe normale Gebrauch bedeutet nicht, dass wir es hier mit einem harmlosen Medikament zu tun hätten, und das sollten wir immer im Hinterkopf behalten. Diazepam birgt, so wie auch alle anderen Benzodiazepine, ein erhöhtes Risiko, davon abhängig zu werden. Es sollte nicht regelmäßig, sondern kontrolliert und nur für einen bestimmten Zeitraum eingenommen werden.
Nachstehend möchten wir dir weitere Informationen über diese Art der Psychopharmaka geben.
„Wir behandeln Trauer und Angst mit Tabletten, so als wären sie Krankheiten. Aber das sind sie nicht.“
Psychiater Guillermo Rendueles
Was ist Diazepam?
Paul erfährt schon eine ganze Zeit lang Berg- und Talfahrten der Stimmung. Er hat das Gefühl, als würde ihm alles aus der Hand gleiten und als würde sich die Welt unter seinen Füßen zu schnell drehen. Er verlor vor zwei Monaten seinen Vater, der aufgrund von Herzproblemen starb. Das Unternehmen, in dem er arbeitet, reduziert gerade die Belegschaft, und er hat das Gefühl, dass seine Produktivität immer weiter zurückgehe. Er fürchtet sich davor, entlassen zu werden. Aufgrund seiner Angstzustände, seiner Schlafprobleme und Nervosität hat ihm sein Hausarzt Diazepam verschrieben.
Die Behandlung ist über acht Wochen angesetzt. Danach werden die Fortschritte ausgewertet und das Arzneimittel wird nach und nach abgesetzt. Falls sich Pauls Gesundheitszustand nicht bessert, wird ihn sein Hausarzt an einen Psychiater verweisen, um andere Behandlungsmethoden auszuprobieren und eine alternative Therapie zu beginnen.
Unser Protagonist hört auf seinen Hausarzt und beginnt mit der Behandlung. Zuvor versucht er aber, etwas mehr über diese kleine Pille herauszufinden, die ihn ab jetzt einige Wochen lang begleiten wird.
Wer hat Diazepam erfunden?
Diazepam war das zweite Benzodiazepin, das von Leo Sternbach in den 60er Jahren erfunden wurde. Es ist fünfmal wirkungsvoller als sein Vorgänger Chlordiazepoxid. Bis zu diesem Zeitpunkt verschrieben Ärzte ihren Patienten die klassischen Barbiturate: Arzneimittel die schnell abhängig machen können und sehr starke Nebenwirkungen haben.
Diazepam wurde mehrere Jahre lang als „Wunderpille“ betrachtet, sodass es für einige Zeit das am häufigsten verkaufte Arzneimittel überhaupt wurde. Doch nach und nach wurden sich die Ärzte bewusst, dass diese wunderbaren Pillen doch nicht so harmlos waren, wie man am Anfang geglaubt hatte. So kam es, dass der Diazepamumsatz in den 90er Jahren um die Hälfte zurückgegangen war.
Was sind die Anwendungsbiete von Diazepam?
Diazepam wird wegen seiner beruhigenden und hypnotischen Wirkung auf vielen Anwendungsgebieten eingesetzt:
- Kurzzeitige Behandlung von Schlaflosigkeit
- Behandlung von Angst, Panikattacken und Unruhezuständen
- Anfängliche Behandlung von verschiedenen Störungen der Gemütsverfassung, z. B. von Manien. Es wird normalerweise in Kombination mit Lithium oder Neuroleptika verwendet.
- Diazepam wird zusammen mit anderen Antidepressiva bei Patienten, die Suizidgedanken entwickeln, verwendet.
- Diazepam wird auch beim Alkohol- und Drogenentzug eingesetzt.
- Behandlung von epileptischen Anfällen
- Es entspannt die Muskulatur, was bei Verspannungen, aber auch bei Erkrankungen wie Fieberkrämpfen und Tetanus angestrebt wird.
- Es wird darüber hinaus verwendet, um diverse motorische Schwächen aufgrund zentralnervöser Störungen zu behandeln.
- Diazepam wird häufig in der ambulanten oder stationären Medizin als Sedierungsmittel vor einer Operation eingesetzt.
Wie wirkt Diazepam?
Diazepam ist ein Medikament, das auf das zentrale Nervensystem wirkt. Was bedeutet das? Dass das berühmte Valium, so wie alle anderen Benzodiazepine auch, die Gehirnaktivität verringert, ob wir das wollen oder nicht. Man weiß, dass seine Wirkung einsetzt, sobald es an GABA-Rezeptoren bindet. Diazepam und ähnliche Wirkstoffe aktivieren diese Rezeptoren und imitieren damit die Wirkung des hemmenden Neurotransmitters GABA. Das reduziert die Aktivität bestimmter Bereiche des Gehirns, wodurch Patienten in den Schlaf finden, sich ihre Angst verringert und sich ihre Muskeln entspannen.
Welche Nebenwirkungen hat Diazepam?
Wir haben es eingangs erwähnt: Die Behandlung sollte von kurzer Dauer sein und stets von einem Arzt überwacht werden; die eingenommene Dosis sollte nie die verschriebene Anzahl an Tabletten übersteigen. Bei zu langer Einnahme und wenn mehr als die empfohlene Menge an Tabletten eingenommen wird, oder wenn sie ohne Rücksprache mit einem Arzt mit anderen Medikamenten kombiniert werden, können die Konsequenzen gravierend sein.
Sehen wir uns nun die Nebenwirkungen von Diazepam an:
- Schläfrigkeit
- Kleinere Gedächtnisprobleme
- Beeinträchtigte Motorik
- Koordinierungsschwierigkeiten und Gleichgewichtsprobleme
- Schwindel
- Mundtrockenheit
Nebenwirkungen von Diazepam zu der Abhängigkeit
- Schlaflosigkeit
- Nervosität, Reizbarkeit
- Einseitige Kopfschmerzen
- Konzentrationsprobleme und anterograde Amnesie
- Schüttelfrost
- Muskelkrämpfe
- Offensichtlichere Koordinationsprobleme
- Probleme damit, ein Fahrzeug sicher zu bedienen
- Schwierigkeiten damit, fließend zu sprechen
Gravierende Symptome bei bestehender Abhängigkeit von Diazepam
- Extreme Schläfrigkeit
- Paradoxe Bewusstseinszustände
- Häufiger Verlust des Bewusstseins
- Muskelschwäche und Muskelschmerzen
- Schwindende Koordinationsfähigkeit
- Unregelmäßige, beschleunigte oder sehr langsame Atmung
- Tachykardie
- Bläuliche Fingernägel aufgrund eines Sauerstoffmangels im Blut
Wir sollten nicht vergessen, dass ein Großteil der Bevölkerung, deren Angst behandelt wird, Diazepam über einen langen Zeitraum einnimmt, was oft zur Entwicklung einer Toleranz gegenüber diesem Medikament führt. Die Toleranz hat zur Folge, dass wir mit der Zeit immer höhere Dosen benötigen, um den gleichen Effekt zu erzielen. Deshalb begünstigt die Toleranz die Entwicklung einer Abhängigkeit. Und unsere Gesundheit hat dann darunter zu leiden.
Psychopharmaka, obwohl sie in vielen Fällen notwendig sind, werden nicht immer in der Lage sein, unsere Leeren zu füllen. Sie betäuben, entspannen und dämpfen unsere Sorgen, lösen aber kaum unsere Probleme. Es ist so, als würden wir uns auf Krücken stützen, wenn man uns ins Bein geschossen hat: Die Krücken können uns beim Gehen helfen, aber sobald wir sie weglassen, sind wir wieder auf uns allein gestellt. Wir brauchen in jedem Fall jemanden, der die Kugel herausholt und die Wunde versorgt.
In diesem Sinne sollten wir die Krücken verwenden, aber dennoch nicht auf die Operation – oder die psychologische Behandlung – verzichten. Wir sollten dem psychologischen Ansatz einen Raum sowie unserem Körper und unserer Gesundheit die Möglichkeit geben, nicht einer Abhängigkeit zu verfallen, um leben zu können.
Betroffene können sich an die Deutsche Hauptstelle für Suchtanfragen wenden.
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