Der GI-Joe-Trugschluss: Ist Wissen die halbe Schlacht?

Der GI-Joe-Trugschluss erinnert uns daran, dass theoretisches Wissen nicht ausreichend ist, um im Leben erfolgreich zu sein.
Der GI-Joe-Trugschluss: Ist Wissen die halbe Schlacht?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 09. Februar 2023

Wir streben ständig nach Wissen, da wir glauben, damit die Welt erobern zu können. Die Realität stellt uns jedoch vor komplexe Herausforderungen, die uns zeigen, dass Bücher praktische Erfahrungen nicht ersetzen können. Heute analysieren wir den GI-Joe-Trugschluss, der uns daran erinnert, dass theoretisches Wissen nicht ausreichend ist, um im Leben erfolgreich zu sein.

Wir leben in einer Welt, in der Unwissende glauben, alles zu wissen (Dunning-Kruger-Effekt) und hochkompetente Menschen Selbstzweifel hegen (Hochstaplersyndrom).

Mann forscht über den GI-Joe-Trugschluss
Wissen ist nicht ausreichend, um im Leben erfolgreich zu sein.

Der GI-Joe-Trugschluss: Was ist das?

GI Joe ist eine Figur in einem Comic, den David Breger ursprünglich für amerikanische Soldaten geschrieben hatte, die im Zweiten Weltkrieg an der Front kämpften. In den 1980er-Jahren wurde daraus eine Zeichentrickserie, die Kindern belehren sollte. Am Ende der Folge sagte GI Joe jedes Mal: “Jetzt weißt du es, und Wissen ist die halbe Schlacht.”

Dieser Satz prägte eine ganze Generation. Die tapferen Soldaten wollten Kindern unter anderem vermitteln, dass sie bei Rot nicht über die Straße dürfen oder Fremden nicht vertrauen können. Jahre später, haben die Kognitionswissenschaftlerin Laurie R. Santos und die Philosophin Tamar Gendler von der Universität Yale den Begriff GI-Joe-Trugschluss geprägt, um zu zeigen, dass Wissen nicht unbedingt bedeuten muss, dass wir die halbe Schlacht schon gewonnen haben. Ein Beispiel sind Raucher: Sie sind sich der schädlichen Auswirkungen dieser Gewohnheit bewusst, hören jedoch trotzdem nicht damit auf.

“Jetzt weiß ich auch, daß man in der Welt sich mit allem befassen kann, wenn man nur die dazu nötigen Handschuhe anzieht.”

Heinrich Heine

Wissen ist nicht immer praktisch

Theoretisches Wissen ist nicht immer das wichtigste Element, wenn es um Erfolg oder richtige Entscheidungen geht. Manchmal verwenden wir das Wissen nicht richtig, in anderen Fällen, überhaupt nicht. Natürlich wissen wir alle, dass Sport und eine ausgewogene Ernährung positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit und Lebenserwartung haben. Doch wie schaut es in der Praxis aus? Bewegungsmangel und Fast Food sind gesellschaftliche Probleme.

Es ist richtig, dass GI Joe Kindern rät, viel Gemüse zu essen, doch wahrscheinlich naschten die meisten Süßigkeiten, während sie sich die Sendungen ansahen. Es steht uns allen breit gefächertes Wissen zur Verfügung, das uns hilft, gesunde Gewohnheiten und erfolgreiche Strategien umzusetzen. Doch tun wir das tatsächlich?

Eine Forschungsarbeit der Universität Utrecht sowie andere Studien erinnern uns daran, dass es meistens an fehlender Disziplin und Selbstbeherrschung scheitert: Wir erreichen unsere Ziele trotz all des Wissens nicht, da wir uns von unserer Bequemlichkeit, unseren Leidenschaften und Lüsten mitreißen lassen. Wissen allein ist keine Garantie für Erfolg, solange wir es nicht in der Praxis anwenden.

“Theorie und Praxis sind eins wie Seele und Leib, und wie Seele und Leib liegen sie großenteils miteinander in Streit.”

Marie von Ebner-Eschenbach

Der rationale Verstand und seine Voreingenommenheit

Ein klares Beispiel dafür, wie der GI-Joe-Trugschluss funktioniert, sind Phobien. Die Person, die Angst vor dem Fliegen hat, weiß, dass die Wahrscheinlichkeit eines Flugzeugabsturzes sehr gering ist, trotzdem fürchtet sie sich davor. Sie weiß auch, dass Autounfälle häufiger vorkommen, hat jedoch keine Angst, sich ans Steuer zu setzen. Wissen ist nicht immer ausreichend, um Ängsten entgegenzuwirken.

Ein weiteres Beispiel für diesen Trugschluss findet sich in Marketingkampagnen. Wir alle wissen, dass der Unterschied zwischen 11,99 und 12,00 nur einen Cent ausmacht, trotzdem erzielen Zahlen, die auf “99” enden weitaus mehr Verkaufserfolge. Wissen bedeutet nicht, dass wir automatisch vor Marketingfallen geschützt sind.

Vom Wissen zur Praxis

Unzählige Masterabschlüsse und mehrere Doktortitel garantieren nicht unbedingt beruflichen Erfolg. Du musst dein Wissen in die Praxis umsetzen können und benötigst außerdem praktische Erfahrungen, um in deinem Beruf erfolgreich zu sein. Der GI-Joe-Trugschluss erinnert uns daran, dass die Schlacht trotz Wissen noch lange nicht gewonnen ist.

Wir müssen in der Lage sein, Gewohnheiten zu durchbrechen, um Informationen innovativ umzusetzen. Neue Werkzeuge und Strategien helfen uns in der Praxis, theoretische Kenntnisse anzuwenden und damit erfolgreich zu sein. Wir brauchen zusätzlich zu unserem Wissen folgende Elemente, um die Schlacht zu gewinnen:

  • Impulskontrolle
  • gesundes Stressmanagement
  • Fähigkeit, realistische Aktionspläne zu erstellen
  • Motivation
  • Verantwortung für unsere Handlungen
  • Kapazität, die Ergebnisse objektiv zu bewerten

“Jedes Denken wird dadurch gefördert, daß es in einem bestimmten Augenblick sich nicht mehr mit Erdachtem abgeben darf, sondern durch die Wirklichkeit hindurch muß.”

Albert Einstein

Frau denkt über den CI-Joe-Trugschluss nach
Obwohl wir wissen, dass besteimmte Verhaltensmuster schädlich sind, fühlen wir uns oft nicht in der Lage, daraus auszubrechen.

Der GI-Joe-Trugschluss: Fazit

Wissen allein ist unnütz, solange wir es nicht in der Praxis anwenden und durch unsere Erfahrungen ergänzen. Die Figur GI Joe stammt zwar aus einer anderen Zeit, doch der nach ihr benannte Trugschluss hält sich hartnäckig. Wissen ist nur dann Macht, wenn wir es in unseren Dienst stellen und vorteilhaft anwenden, um gesunde Veränderungen zu erreichen.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • van der Weiden A, Benjamins J, Gillebaart M, Ybema JF, de Ridder D. How to Form Good Habits? A Longitudinal Field Study on the Role of Self-Control in Habit Formation. Front Psychol. 2020 Mar 27;11:560. doi: 10.3389/fpsyg.2020.00560. PMID: 32292376; PMCID: PMC7135855.
  • Pannucci CJ, Wilkins EG. Identifying and avoiding bias in research. Plast Reconstr Surg. 2010 Aug;126(2):619-625. doi: 10.1097/PRS.0b013e3181de24bc. PMID: 20679844; PMCID: PMC2917255.

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.