Das zwanghafte Informationsbedürfnis und seine Folgen

Die ständige Informationsflut hat nicht nur Verwirrung und Überforderung zur Folge, sie macht auch abhängig.
Das zwanghafte Informationsbedürfnis und seine Folgen
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 18. Mai 2023

Das zwanghafte Informationsbedürfnis ist ein postmodernes Phänomen, das sich im Zuge der Globalisierung und der neuen Technologien entwickelt hat. Es stehen uns jederzeit zahlreiche Datenquellen zur Verfügung, die uns regelrecht mit Informationen bombardieren. Außerdem können wir alle Informationen erstellen und verbreiten.

“Es ist steril und gefährlich zu glauben, dass Sie dank des Internets die ganze Welt beherrschen, wenn Sie nicht genug Kultur haben, um die guten Informationen aus den schlechten für den Konsum herauszufiltern.”

Zygmunt Bauman

Personen, die mit dieser täglichen Informationsflut nicht richtig umzugehen wissen, können davon abhängig werden und ein zwanghaftes Informationsbedürfnis entwickeln. Wir haben die Werkzeuge zur Verfügung, haben jedoch noch nicht gelernt, so mit ihnen umzugehen, dass sie eine geistige und intellektuelle Bereicherung darstellen.

Wissenswerte Fakten

Das US-amerikanische Beratungsunternehmen Domo hat Anfang 2019 eine Schätzung zum Informationsaustausch vorgenommen. Es hat berechnet, dass in einer einzigen Minute weltweit rund 4,3 Milliarden Interaktionen (Senden und Empfangen von Informationen) stattfinden.

Außerdem werden pro Minute 97.222 Stunden Netflix und 4.333.560 YouTube-Videos abgespielt. Gleichzeitig hört sich die Menschheit 750.000 Songs auf Spotify an, postet 49.380 Beiträge auf Instagram, tätigt 176.220 Skype-Anrufe und schreibt 473.400 Tweets auf Twitter. Denk daran, dass wir nur über eine Minute sprechen.

Diese Zahlen sind global und ändern sich auf individueller Ebene stark. Das Londoner Marktforschungsunternehmen GlobalWebIndex hat herausgefunden, dass wir im Durchschnitt 143 Minuten pro Tag vor einem Bildschirm verbringen und soziale Netzwerke besuchen. Natürlich variieren diese Daten je nach Land und Kontinent.

Diese 143 Minuten Bildschirmzeit verteilen sich über den Tag. Eine Studie von Ikea Spanien informiert, dass einer von drei Menschen 100 Mal am Tag in soziale Medien schaut. Der Fernsehsender CNN hat in einer Studie herausgefunden, dass diese Zahl auch auf junge Amerikaner zutrifft. In jedem Fall sind viele Menschen lange Zeit und viele Male am Tag Informationen ausgesetzt.

Das zwanghafte Informationsbedürfnis

Das zwanghafte Informationsbedürfnis ist Ursache und Konsequenz zugleich. Es führt zur unersättlichen Suche nach Information, ohne Zeit zu haben, diese zu verarbeiten. Es handelt sich jedoch um eine Folge der Informationsflut, der wir tagtäglich ausgesetzt sind.

Das zwanghafte Informationsbedürfnis weckt Nervosität, Unruhe und Angst, denn der Geist wird überfordert: Er kann nicht mehr zwischen nützlich und unnütz, zwischen relevant oder irrelevant unterscheiden. Es handelt sich um einen krankhaften “Informationshunger”, der ständig gefüttert werden will, jedoch keine Befriedigung findet. Dadurch kann auch Verwirrung entstehen, die häufig zur Vereinfachung und zu radikalen Einstellungen führt.

Manipulation und Informationsüberflutung

Menschen, die ein zwanghaftes Informationsbedürfnis haben, sind einfach zu manipulieren. Informationen werden nicht nur durch Zensur geschickt gesteuert, sondern auch durch die Informationsüberflutung. Bei einer großen Datenmenge ist es schwierig, relevante Daten herauszufiltern, doch es ist einfach, verzerrte Daten zu verbreiten oder irrelevanten und trivialen Informationen Wichtigkeit beizumessen.

Wir leben also in einer Welt, die gleichzeitig überinformiert und uninformiert ist, die viel und nichts weiß. Es steht uns ein immenses Wissen zur Verfügung, doch viele können dieses nicht richtig einordnen oder wissen nichts damit anzufangen. Manche sprechen von “informierten Idioten”, andere von Opfern der Informationsüberflutung. Kritisches Denken und Selbstkontrolle sind auf jeden Fall grundlegend, um damit besser umzugehen.


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  • Vania, C. T. Q., & Ruíz, P. T. (2015). Infoxicación, Angustia, Ansiedad y Web Semántica. Razón y Palabra, 19(92), 1-27.


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