Chronische Schmerzen bei Kindern: eine oft übersehene Krankheit
Schmerz sind eine ebenso komplexe wie persönliche Erfahrung. Deshalb sind sowohl eine große Sorgfalt als auch eine gute Kommunikation erforderlich, um auf die Bedürfnisse eines Schmerzpatienten zu reagieren. Wenn wir jedoch Kinder mit chronischen Schmerzen betrachten, kann die Kommunikation schwierig sein. Das liegt ganz einfach daran, dass Kinder nicht immer passende Worte finden, um ihre Gefühle und Schmerzen zu beschreiben. Manchmal bleibt ihnen nur das Weinen. Deshalb werden pädiatrische chronische Schmerzen in Medizin und Psychologie oft übersehen.
Bis Mitte der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts glaubten Ärzte, Kinder seien weniger schmerzempfindlich als Erwachsene. Dieser unbestrittene Glaube hatte schwerwiegende Folgen. In vielen Krankenhäusern führten Ärzte chirurgische Eingriffe bei Kindern unter zwei Jahren durch, ohne dabei eine geeignete Analgesie vorzunehmen.
Auch wenn sie es nicht ausdrücken können, empfinden Kinder und Babys Schmerzen genauso wie Erwachsene.
Werkzeuge zur Messung pädiatrischer chronischer Schmerzen
Medizin und Psychologie erkennen heute an, dass chronische Schmerzen bei Kindern die gleichen Merkmale wie chronische Schmerzen bei Erwachsenen aufweisen. Deshalb behandeln sie diese auch genauso. In diesem Sinne dauern pädiatrische chronische Schmerzen sechs oder mehr Monate an, mit oder ohne physiologische Ursachen.
Das Problem besteht darin, dass es in der Vergangenheit keine Leitlinien zur Diagnose pädiatrischer chronischer Schmerzen gab. Im Allgemeinen wurden speziell für Erwachsene entwickelte Techniken auch bei Kindern angewandt. Glücklicherweise ist das heutzutage nicht mehr so, und die klinische Psychologie spielte bei dieser Veränderung eine wichtige Rolle.
Pädiatrische chronische Schmerzen werden mittels des Einsatzes von Projektionstechniken, Erkennungstechniken und emotionalem Ausdruck zunehmend besser erkannt, untersucht und behandelt. Schmerz wird nicht länger als einfaches Wehklagen von Kindern betrachtet. Die Ärzte schreiben dem Schmerz die Bedeutung zu, die er hat, und verstehen ihn nicht mehr als einen Weg, um die Aufmerksamkeit der Eltern zu erlangen.
Zeichnungen, Gesichtsausdrücke oder Farben, mehr als die Terminologie, die Erwachsene zum Ausdruck von Schmerz verwenden, sind die nützlichsten und gebräuchlichsten Wege, um Kindern zu helfen, ihre chronischen Schmerzen zu erkennen, auszudrücken und zu regulieren.
Bei Säuglingen oder Kindern unter drei Jahren, die noch nicht über die erforderliche sprachliche oder kognitive Entwicklung verfügen, um ihren Schmerz durch Worte oder Zeichnungen auszudrücken, sind die zuverlässigsten Diagnosemethoden Verhaltensberichte und physiologische Veränderungen. Ältere Kinder und Jugendliche verwenden wieder andere Techniken, um ihren Schmerz auszudrücken. Einige der häufigsten sind:
- Schmerz-Thermometer: Normalerweise von 0 bis 10 nummeriert, wobei 0 für „Kein Schmerz“ und 10 für „Der intensivste Schmerz, den man sich vorstellen kann“ steht. Das Kind zeigt die Intensität des Schmerzes an, indem es den entsprechenden Bereich des Thermometers färbt.
- Eland Color Tool (ECT): Eine Farbskala, bei der Kinder eine von acht Farben wählen, die unterschiedlichen Schmerzintensitäten entsprechen, von „Kein Schmerz“ bis „Schlimmer Schmerz“.
- Gesichtsschmerzskala: Wird bei Kindern über 5 Jahren verwendet. Sie besteht aus neun Gesichtern. Vier davon repräsentieren verschiedene Ausprägungen positiver Ausdrücke, vier weitere repräsentieren negative Ausdrücke und der letzte Ausdruck ist neutral. Das Kind wählt das Gesicht, das seinem Schmerzempfinden in diesem Moment am ehesten entspricht.
- Der pädiatrische Schmerzfragebogen: Wird bei älteren Kindern oder Jugendlichen verwendet. Er besteht aus 8 Fragen, die sich direkt auf den Schmerz beziehen.
- Schmerztagebuch: Selbstbericht in Tagebuchform, welcher eine Schmerzskala von 0 („Keine Schmerzen“) bis 5 („Sehr starke Schmerzen“) umfasst, um den aktuellen Schmerzzustand anzuzeigen.
Psychologische Behandlung von chronischen Schmerzen bei Kindern
In der klinischen Psychologie hingegen wurde eine Reihe von Behandlungen evaluiert, die nun für Kinder ab 7 Jahren als wirksam und effizient eingestuft werden. Diese Behandlungen erbrachten auch vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung chronischer Schmerzen bei jüngeren Kindern. Die Behandlung hängt im Allgemeinen von der Art des Schmerzes und seiner Analyse ab. Einige der am häufigsten verwendeten Techniken sind:
- Biofeedback-Training: Häufig bei Kopfschmerzen eingesetzt. Dieses Training dreht sich um die Kontrolle physiologischer Indikatoren für Spannung und Temperatur.
- Entspannungstechniken: Tiefes Atmen oder Muskelentspannung. Sie sind sehr effektiv bei Kindern, da sie die durch Aktivität verursachten Schmerzen verringern.
- Achtsamkeitstraining: Die seltenen Studien zur Wirkung der Achtsamkeit bei Kindern zeigen statistisch signifikante Verbesserungen bei Variablen wie Intensität und Häufigkeit der Schmerzepisoden.
- Hypnose: Das Ziel ist die Kontrolle der physiologischen Reaktionen und der kognitiven Aspekte der Wahrnehmung von Schmerz sowie eine verbessertes Aufmerksamkeitsmanagement.
- Ablenkung: Es wurde gezeigt, dass die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf ein schmerzhaftes Stimulans das Schmerzempfinden erhöht und umgekehrt.
- Visualisierung: Verwendet mentale Bilder oder interne Repräsentationen, um das Schmerzempfinden zu regulieren und dadurch einen analgetischen Effekt zu erzeugen.
- Notfallkontrolle: Durch eine funktionelle Analyse des Patienten soll die Umgebung reorganisiert werden, um die Anpassung des Verhaltens zu erleichtern und den Momenten des Schmerzes angemessen zu entgegnen. Damit wird vermieden, dass uneindeutiges Verhalten verstärkt oder belohnt wird.
Trotz all dieser Fortschritte, und obwohl es Anzeichen für Wirksamkeit und Effizienz gibt, gibt es keinen universellen Zugang zu psychologischer Behandlung von chronischen Schmerzen bei Kindern. Aus diesem Grund sind der multidisziplinäre Fortschritt und weitere Studien zum Kampf gegen pädiatrische chronische Schmerzen dringend notwendig.