Bitten ist gesund, fordern ist destruktiv

Wir sind alle auf andere angewiesen, geben und nehmen ist deshalb normal, solange ein gesundes Gleichgewicht besteht.
Bitten ist gesund, fordern ist destruktiv
Elena Sanz

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Elena Sanz.

Letzte Aktualisierung: 14. Dezember 2022

Beziehungen sind komplex, die gesunden Grenzen mitunter unscharf. In manchen Situationen bitten wir lieber nicht um Hilfe, in anderen empfinden wir Wut oder Frustration, wenn unsere Forderungen auf taube Ohren stoßen. Das Gleichgewicht zu finden ist nicht einfach, doch es ist bereits hilfreich, folgenden Unterschied zu kennen: Bitten ist gesund, fordern destruktiv.

Wir kommen hilflos auf diese Welt und sind zum Überleben auf andere angewiesen. So schreit das Baby, stellt Forderungen und ist auf seine Bezugspersonen angewiesen, die seine Bedürfnisse erfüllen. Auf diese Weise wachsen wir mit der Gewissheit auf, dass man sich um uns kümmert und uns unterstützt, wenn wir es brauchen. Die Kindheit prägt unser Verhalten und unsere Erwartungen. Wir lernen, Frustration und Ablehnung zu tolerieren.

Wenn jedoch etwas in diesem Prozess schiefläuft, verzerrt sich die Sicht auf die soziale Interaktion. Werden die Bedürfnisse eines Kindes nicht erfüllt, lernt es, keine Fragen zu stellen. Erhält es jedoch alles, was es möchte, wird es sehr anspruchsvoll und fordernd. Erwachsene müssen ihre Überzeugungen und Handlungen schließlich selbst überprüfen und falls nötig immer wieder korrigieren.

Bitten ist gesund, warum tun wir es nicht?

Kind am Fenster denkt über das Bitten nach

Bescheidenheit

Manche Menschen sind nicht in der Lage, um Hilfe, Trost, Gesellschaft oder etwas anderes zu bitten, da sie Angst haben, lästig zu sein oder zu stören. Diese extreme oder missverstandene Demut ist immer wieder zu beobachten. Paradoxerweise sind Menschen mit dieser Einstellung selbst meistens sehr hilfsbereit. Gehörst du zu dieser Gruppe, solltest du verstehen, dass Hilfe, Großzügigkeit und Solidarität Handlungen sind, die sowohl den Geber als auch den Empfänger bereichern. Wir fühlen uns glücklich und hilfreich, wenn wir etwas für andere tun können.

Geringes Selbstwertgefühl

Manchmal fühlen wir uns nicht würdig und bitten deshalb nicht um bestimmte Dinge. Wir denken, dass wir die Zeit, die Bemühungen oder das Engagement nicht verdient haben. Vielleicht ist dies auf negative Erfahrungen oder schlechtes Feedback zurückzuführen, oder du hast ein verzerrtes Selbstkonzept. Du hast vielleicht Angst davor, auf narzisstische oder egozentrische Menschen zu stoßen, die dein Gefühl der Unwürdigkeit verstärken.

Vergiss nicht, dass wir alle wertvoll und würdig sind. Jede gesunde Beziehung beruht auf Gegenseitigkeit und Ausgewogenheit, auf Geben und Nehmen. Wenn du dich also nicht traust zu fragen, arbeite an dir selbst; wenn du nichts bekommst, überdenke die Beziehung.

Die Ego-Falle

Schließlich bitten manche Menschen nie um etwas, weil sie glauben, dass es sie verletzlich oder bedürftig erscheinen lässt. Sie assoziieren Stärke mit Selbstgenügsamkeit und weigern sich, andere um Hilfe zu bitten. Oft gehen sie davon aus, dass andere ihre Bedürfnisse erraten und erfüllen müssen, ohne darauf hinzuweisen. Diese typische Aussage verdeutlicht diese Einstellung: “Wenn ich dich zuerst fragen muss, brauche ich es nicht mehr.”

Es handelt sich um einen kindischen, unpraktischen Ansatz. Durchsetzungsvermögen ist eine grundlegende Fähigkeit. Niemand kann deine Gedanken erraten, es ist deine Aufgabe, auszudrücken und zu vermitteln, was du willst.

Mann denkt: Bitten ist gesund, fordern ist destruktiv

Bitten ist gesund, fordern destruktiv

Bitten ist gesund, solange wir verstehen, dass die andere Person nicht verpflichtet ist, unsere Bitten zu erfüllen. Es ist unser Recht zu fragen und es ist das Recht der anderen Person, Grenzen zu setzen und zu entscheiden, ob sie in der Lage ist, zu helfen oder nicht. Es ist wichtig, den Willen des anderen zu respektieren. Frage also, ohne Angst zu haben, verletzlich zu sein. Du weißt, dass du es dir verdient hast. Aber fordere nicht, drohe nicht und dränge dich nicht auf.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Camacho, M. Z. (2013). Influencia de la familia en la formación de la autoestima del niño. Índice1(1).
  • Castanyer, O. (1996). La asertividad. Expresión de una sana autoestima. Bilbao: Descleé de Brouwer.
  • Camargo, A.; Rodríguez, C.; Ferrel, R. & Ospino, G. (2009). Asertividad y autoestima en estudiantes de primer semestre de la Facultad de Ciencias de la Salud de una universidad pública de la ciudad de Santa Marta (Colombia). Psicología desde el Caribe, (24), 91-105. http://www.scielo.org.co/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S0123-417X2009000200005&lng=en&tlng=es.

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.