Angst vor Meilensteinen: Erwartungsdruck und Lebensziele

Hast du das Gefühl, dass du in deinem Alter schon viel mehr erreicht haben solltest? Einen festen Arbeitsplatz, ein Eigenheim, Kinder... Diese Wahrnehmung kann Ängste und psychische Probleme auslösen. Erfahre heute mehr darüber.
Angst vor Meilensteinen: Erwartungsdruck und Lebensziele
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 06. Juni 2023

Hast du das Gefühl, dass viele deiner Träume oder persönlichen Ziele noch unerfüllt sind? Du bist noch nicht da, wo du sein willst? Die Realität entspricht nicht deinen Erwartungen? Dieses undefinierbare Gefühl, Ziele nicht verwirklichen zu können, von denen du vielleicht schon als Kind träumtest, verstärkt die Angst vor Meilensteinen die nie erreicht werden, was deine Psyche gefährdet.

Oft sind es gesellschaftliche und finanzielle Aspekte, die unsere persönliche Entfaltung und Unabhängigkeit bremsen. Es ist nicht einfach, einen festen Job zu finden oder ein Eigenheim zu finanzieren. Manche Menschen erleben eine anhaltende Frustration, weil sich ihre Erwartungen nicht erfüllen. Identifizierst du dich mit dieser Situation?

Millennials und die Generation Z empfinden einen besonders starken Druck, Meilensteine zu erreichen.

Angst vor Meilensteinen und Erwartungsdruck

Du hast Angst davor, deine Lebensziele und Erwartungen nicht erfüllen zu können? Um die Auswirkungen dieser Realität zu verstehen, ist es notwendig, die Bedeutung der eigenen Erwartungen und ihren Zusammenhang mit Wohlbefinden und Glück zu klären.

Eine in der Zeitschrift Cognition & Emotion veröffentlichte Studie weist darauf hin, dass Menschen mehr leiden, wenn sich ihre Erwartungen nicht erfüllen, als wenn sie diese erreichen, jedoch enttäuscht werden. Ein Beispiel dafür ist der Wunsch nach einer festen Anstellung. Wenn du sie bekommst, sie jedoch nicht deinen Vorstellungen entspricht, schmerzt das nicht so sehr, wie wenn du nie die Chance erhältst.

Die Angst vor Meilensteinen ist keine klinische Entität, jedoch eine psychologische Realität, die immer mehr Unbehagen verursacht. Wir laden dich heute ein, mit uns darüber nachzudenken.

Was ist Angst vor Meilensteinen?

Das psychologische Beratungsunternehmen Relate veröffentlichte im Jahr 2022 einen Bericht zum Thema “Milestone Anxiety”, aus dem hervorgeht, dass Millennials und die Generation Z stärker unter dem Druck leiden, traditionelle Lebensziele wie Heirat, Elternschaft oder Eigenheim zu erreichen, als frühere Generationen. Dieser Erwartungsdruck oder die Angst vor diesen Meilensteinen kann psychische Folgen haben:

  • Geringes Selbstwertgefühl
  • Gefühl des Versagens und der gesellschaftlichen Verurteilung
  • Selbstkritik und zerstörerischer i nnerer Dialog
  • Verzerrtes und geschwächtes Selbstkonzept
  • Hoffnungslosigkeit und der Glaube, dass Erwartungen niemals erfüllt werden
  • Grüblerische Gedanken (“Ich erreiche meine Ziele nicht, meine Erwartungen werden enttäuscht, ich enttäusche damit meine Familie, andere haben viel mehr als ich erreicht…”)
  • Symptome, die auch bei anderen Ängsten zu beobachten sind: Müdigkeit, Muskelverspannungen, Kopfschmerzen, Herzrasen, Verdauungsstörungen, Einschlafprobleme, veränderte Essgewohnheiten usw.

Wenn die Angst vor Meilensteinen anhält und das Gefühl der Hoffnungslosigkeit auslöst, können sich psychische Störungen entwickeln. Eine Studie der University of Wisconsin-Madison weist auf die Komorbidität von Ängsten und Depressionen hin.

Soziale Vergleiche verstärken die Angst vor Meilensteinen, schließlich erreichen andere ihre Lebensziele.

Warum diese Angst vor Meilensteinen?

Der Erwartungsdruck entsteht durch vielfach durch die Umgebung, nicht alle verfügen über Mechanismen, um damit richtig umzugehen. Junge Menschen leiden besonders häufig an gesellschaftlichen Erwartungen, die ihre Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung behindern. Folgende Aspekte spielen bei der Angst vor Meilensteinen eine entscheidende Rolle:

  • Ständige Fragen wie: “Du hast noch immer keinen Job?”, “Denkst du nicht an einen festen Partner und Kinder?” Die gesellschaftlichen oder familiären Erwartungen, die sich an bestimmten Lebenszielen orientieren, stimmen nicht unbedingt mit den individuellen Zielen oder der persönlichen Entwicklung überein.
  • Zu hohe Selbstansprüche können sich zu einem schlimmen Feind entwickeln. Dich selbst unter Druck zu setzen, da du bestimmte Meilensteine noch nicht erreicht hast, bringt dich nicht weiter.
  • Soziale Netzwerke sind digitale Schaufenster, die eine perfekte, heile Welt widerspiegeln, die keinesfalls der Realität entspricht. Der ständige Vergleich mit diesen erfolgreichen und glücklichen Menschen ist kontraproduktiv und kann ernste psychische Auswirkungen haben.
  • Der soziale Vergleich nährt die Angst vor Meilensteinen. Ein in der Zeitschrift Current Psychology veröffentlichter Artikel beschreibt das Leid, das entsteht, wenn eine Person nicht den sozialen Normen entspricht. Die meisten Menschen möchten so sein wie alle anderen, das erreichen, was andere erreichen und den Erwartungen entsprechen. Schaffen sie das nicht, entstehen Angst und andere psychische Problem.

Angst vor Meilensteinen: Was tun?

Bei Erwartungsdruck und der Angst, Meilensteine nicht zu erreichen, empfiehlt sich eine Psychotherapie, denn es handelt sich um ein komplexes Thema. Zusätzlich empfehlen wir dir, über folgende Aspekte nachzudenken:

Zeit für Ruhe, neue Perspektiven und einen persönlichen Neustart

Übermäßige Angst verhindert klares und reflektiertes Nachdenken. Du solltest dir ein paar Tage Ruhe gönnen, um dich von der Gesellschaft abzukoppeln und Innenschau zu halten. Nutze die Einsamkeit, um über Folgendes nachzudenken:

  • Ziele neu formulieren: Welche Ziele können dich motivieren und neue Illusionen wecken?
  • Veränderungen: Manchmal reicht schon eine kleine Veränderung der Routine, um neue Anreize zu finden.
  • Neue Perspektiven: Dass du nicht erreicht hast, was du willst, macht dich nicht zu einem Versager. Denke an deine Erfolge zurück und betrachte neue Perspektiven, die dir auf deinem Weg hilfreich sind.

Praktiziere Selbstmitgefühl

Respektiere dich selbst, anstatt dich ständig zu kritisieren. Entwickle einen positiven inneren Dialog und sei dir selbst gegenüber einfühlsamer und verständnisvoller.  Selbstmitgefühl ist eine wichtige psychologische Ressource, die in Momenten der Angst und Entmutigung von großer Wichtigkeit ist.

Um deine Angst, Meilensteine nicht zu erreichen, zu reduzieren, solltest du damit aufhören, dich mit anderen zu vergleichen.

Denke über Meilensteine nach: Welche sind tatsächlich wichtig für dich?

Der Erwartungsdruck führt häufig dazu, dass du dich auf Meilensteine konzentrierst, die gesellschaftlich relevant, für dich selbst jedoch unwichtig sind. Was möchtest du in deinem Leben wirklich erreichen? Was brauchst du, um glücklich zu sein? Du findest vielleicht Meilensteine, die sich viel mehr lohnen, als ein Eigenheim oder andere traditionelle Lebensziele.

Akzeptanz- und Commitment-Therapie

Wenn du nicht in der Lage bist, die Angst vor Meilensteinen allein zu bewältigen, hilft die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT). Du lernst damit, ein sinnvolleres Leben aufzubauen und dich Herausforderungen zu stellen. In dieser Therapieform geht es um die Definition von Werten, die Selbstfindung und ein stärkeres Selbstvertrauen. Du erhältst Werkzeuge, die dir helfen werden, Unkontrollierbares zu akzeptieren und dein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Veränderungen und Unterstützung

Wenn du Angst davor hast, deine Meilensteine nicht zu erreichen, sind Veränderungen wichtig, damit du deinen Weg finden kannst. Zusätzlich ist die Unterstützung durch nahestehende Personen entscheidend. Wenn du daran arbeitest, kannst du deine Realität und deine Lebensziele neu ausrichten, um mehr Zufriedenheit und Wohlbefinden zu erreichen.


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