Akzeptiere deinen Schatten, um Unsicherheiten zu überwinden

Wir alle haben dunkle Seiten, die wir akzeptieren müssen, um mit Unsicherheit besser umgehen zu können.
Akzeptiere deinen Schatten, um Unsicherheiten zu überwinden
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 21. Januar 2023

Hast du das Gefühl, dass mit dir etwas nicht stimmt? Fühlst du dich blockiert? Halten dich deine Ängste gefangen? Wir alle verbergen tief in unserem Inneren Unsicherheiten, Ängste oder Traumata. Carl Jung schrieb 1959, dass niemand ohne große psychologische Anstrengungen seinen Schatten erkennen kann. Wenn wir uns dieser dunklen und unbequemen Aspekte unserer Psyche bewusst werden, können wir die unsichere Gegenwart besser akzeptieren und uns freier und erfüllter fühlen.

Eine solche Reise in unsere Tiefen kann sowohl aufschlussreich als auch heilend sein. Es stimmt, dass es für den Archetyp des Schattens keine empirischen Beweise gibt. Es handelt sich nicht um eine wissenschaftlich validierte Ressource. Das schmälert jedoch nicht seinen Wert. Der Schatten ist eine interessante Metapher für jene persönlichen Bereiche, die wir beachten sollten, um zu heilen.

Wir alle haben Schattenbereiche und es ist nicht einfach, sie akzeptieren. Sie ermöglichen es uns jedoch, einen Raum zu schaffen, in dem wir Realitäten verarbeiten können, die wir lange vernachlässigt haben.

“Das Werk der Schatten ist der Weg des Kriegers des Herzens.”

Carl G. Jung

Mann versucht, seine Schatten zu akzeptieren
Unseren Schatten zu akzeptieren ist eine Strategie, mit der wir uns vollständiger und selbstbewusster fühlen, um mit Schwierigkeiten umzugehen.

So kannst du deinen Schatten akzeptieren, um Schwierigkeiten zu begegnen

Carl G. Jung entwickelte die Idee der “dunklen Seite” des Menschen. Der Schatten ist ein Archetyp, das bedeutet ein archaisches Bild des Unbewussten, das verschiedene verdrängte Prozesse und Realitäten enthält. Es geht um Elemente, die wir unter dem Druck der Gesellschaft verstecken, und um Erfahrungen oder Emotionen, mit denen wir nicht wissen, was tun.

In diesem tiefen Raum, wo das Licht nicht hinkommt, verbergen sich nutzlose Glaubenssätze, Ängste, Eifersucht, Wut, Scham, Versagensgefühle, Negativität, Traumata oder Störungen wie die Depression. Diese Bereiche aufzudecken und zu beleuchten, ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Danach fühlst du dich jedoch besser und bist in der Lage, mit der von Unsicherheit geprägten Gegenwart umzugehen.

Carl G. Jung distanzierte sich von seinem Vorbild Sigmund Freud und entwickelte mit seiner analytischen Psychologie eine eigene theoretische Schule.

1. Entwickle dein Selbstbewusstsein

Die britische Anthropologin und Akademikerin Caroline Humphrey weist in einem Forschungspapier darauf hin, dass die aktuellen spirituellen Ansätze fast ausschließlich von Erleuchtung sprechen – über das angeborene Bedürfnis, unser inneres Licht zu finden. Aber niemand kann wachsen, ohne an seinen dunklen Seiten zu arbeiten.

Die Transpersonale Psychologie spricht dieses Bedürfnis an. Wenn du deinen Schatten akzeptieren willst, musst du dein Selbstbewusstsein wecken. Das heißt, du musst in Kontakt kommen mit dem, was du bist, was du fühlst, mit jedem Gedanken, der in deinem Geist auftaucht, mit jeder Empfindung und Wahrnehmung.

Sich seiner selbst bewusst zu sein, bedeutet, die Fähigkeit zu haben, in den Spiegel unseres inneren Selbst zu schauen, um zu wissen, was vor sich geht. Nur so können wir Selbsterkenntnis erlangen, um uns den Herausforderungen des Lebens zu stellen.

2. Bezeichne deine Emotionen

Deinen Schatten zu umarmen bedeutet, mit dem in Kontakt zu kommen, was unterschwellig vorhanden ist und doch völlig bestimmt, was du fühlst, was du tust und was du entscheidest. Es ist wichtig, dass du dich mit den zugrundeliegenden Emotionen verbindest, die das Substrat deiner Psyche beherrschen, das dir Kummer bereitet und deine Freiheit und dein Wohlbefinden verhindert.

Wie Carl G. Jung sagte, kannst du ohne Schmerz kein Bewusstsein erlangen, und das bedeutet, dass du deine Gefühle beleuchten musst. Die folgende Strategie wird dir dabei helfen:

  • Frage dich, was du in diesem Moment fühlst, und lass deine Gefühle an die Oberfläche kommen, ohne sie zu bewerten. Gib ihnen Raum.
  • Benenne jede Emotion, beschrifte sie, um sie sichtbar zu machen.
  • Es sind verborgene Zustände, die eine Antwort brauchen. Was könntest du tun, um diese Frustration zu besänftigen? Was solltest du ändern, damit du keine Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit oder Wut mehr empfindest? Überlege es dir.

In dem Moment, in dem du die Kontrolle über dein emotionales Universum übernimmst, wird die Welt weniger chaotisch und unberechenbar erscheinen. Du wirst selbstbewusster im Angesicht der Unsicherheit sein.

“Das Erschreckendste ist, sich selbst vollständig zu akzeptieren.”

Carl G. Jung

3. Entdecke dein Potenzial und deine verborgenen Talente

Carl G. Jungs analytische Psychologie hat ein interessantes Konzept hervorgehoben, das man sich merken sollte: die Individuation. Es ist ein Prozess, der das Erwachen unseres individuellen Bewusstseins und die Befreiung von Angst und Widerstand begünstigt. Diese Aufgabe beinhaltet natürlich, dass du deinen Schatten akzeptierst und an deinen dunklen Anteilen arbeitest, um ein vollständiger und erfüllter Mensch zu werden.

Wie kannst du das erreichen? Neben den hier beschriebenen Schlüsseln gibt es noch ein entscheidendes Element. Jeder Mensch hat seine eigenen Talente und Potenziale, die sein Schicksal bestimmen. Tatsächlich betonte Jung, dass jeder Mensch einzigartig ist und ein einzigartiges Schicksal hat. Lass uns nicht zögern, zu erforschen, worin wir gut sind, wofür wir uns begeistern und was uns ausmacht.

In dem Moment, in dem wir eine Leidenschaft und ein Ziel finden, öffnet sich die Zukunft mit neuer Hoffnung. Ungewissheit hat in einem so festen und definierten Raum wenig Platz.

Frau denkt über ihren Schatten nach
Wenn wir unseren Schatten in unser bewusstes Universum integrieren und daran arbeiten, können wir Wohlbefinden erreichen.

4. Verstehe das Naturgesetz des Lebens

Der Schriftsteller und Anthropologe Joseph Campbell hat darauf hingewiesen, dass die Schätze des Lebens in den Abgründen zu finden sind. Wenn du dich auf deinen Schatten einlässt und in diesen tiefen Raum hinabsteigst, wirst du deine Stärken finden. Du wirst sie erreichen, indem du die noch schmerzenden Wunden heilst.

Es ist wichtig, dass wir auch das Gesetz der Existenz selbst verstehen. Es stimmt, dass wir derzeit mit einer komplexen Gegenwart und einer unvorhersehbaren Zukunft zu kämpfen haben. Die Entwicklung der Existenz ist jedoch nie eine gerade Linie gewesen. So wie es Zeiten der Ruhe gibt, gibt es auch turbulente Zeiten.

Schwarze Schwäne sind, wie der libanesische Forscher Nassim Taleb sagt, jene unvorhergesehenen Ereignisse, die die Zukunft der Menschen bestimmen und vor denen wir gewarnt sein müssen. Das Licht könnte ohne die Dunkelheit nicht existieren, wir müssen das akzeptieren.

Die Arbeit mit dem Schatten befreit uns

Jeder von uns hat mit mehr inneren “Monstern” zu tun, die uns gefangen halten und Ketten anlegen. Die Reise in die “Hölle” oder die schmerzhafteren und  komplizierteren Bereiche unseres inneren Selbst ist keine leichte Aufgabe. Wenn du das Gefühl hast, dass diese Aufgabe quälend ist, solltest du nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Das Konzept des Schattens ist nichts anderes als eine Metapher für all die psychologischen Prozesse, die uns daran hindern, uns vollständig und erfüllt zu fühlen. An ihnen zu arbeiten bedeutet auch psychische Gesundheit.

Literaturempfehlung


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Humphrey, Caroline (2015). “Shadows Along the Spiritual Pathway. Journal of Religion and Health. 54 (6): 2376–2388. doi:10.1007/s10943-015-0037-2
  • Jung, Carl (2009) Arquetipos e inconsciente colectivo. Paidos
  • Staude, John Raphael (1976). “From Depth Psychology to Depth Sociology: Freud, Jung, and Lévi-Strauss” Theory and Society. 3 (3): 303–338. doi:10.1007/BF00159490

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