Yeonmi Park: Über die Menschenrechtlerin und ihre Flucht aus Nordkorea

Als Yeonmi Park den Film "Titanic" sah, wurde sie sich darüber bewusst, dass es eine ihr völlig unbekannte Welt gab. Mit 13 Jahren war sie gezwungen, aus Nordkorea zu fliehen. Heute lebt die Menschenrechtlerin in den USA.
Yeonmi Park: Über die Menschenrechtlerin und ihre Flucht aus Nordkorea
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 13. Juni 2023

Mit nur 13 Jahren wurde Yeonmi Park in Nordkorea unbeschreiblichen Qualen ausgesetzt, die sie sich selbst nicht erklären konnte. Heute lebt die willensstarke und erfolgreiche Frau in den Vereinigten Staaten, doch im Jahr 2007 konnte sie sich noch keine Vorstellung davon machen, wie die Welt jenseits der Grenzen ihres Landes aussah.

Als sie den Film “Titanic” sah, wurde sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben bewusst, dass es noch eine andere Realität gibt, die ihr völlig unbekannt war. In Nordkorea ist dieser Film verboten, doch er ist auf dem Schwarzmarkt erhältlich. Yeaonmi Park war sehr bewegt, als sie sah, dass es Liebe zwischen zwei Menschen geben kann, die sogar die Bereitschaft einschließt, für die geliebte Person zu sterben, nicht nur für sein Land.

“Selbst Vögel und Mäuse können dich flüstern hören, das bedeutet Angst, Unterwerfung, politische und soziale Indoktrination. Denke nicht anders, sage nicht, was du denkst, stelle nichts in Frage. Gehorche, verzichte auf deine Individualität.”

Yeonmi Park

So seltsam und orwellianisch es auch klingen mag, Yeonmi Park erklärt, dass es in Nordkorea keine Worte gibt, um diese Art von Liebe zu definieren. Es existieren keine Möglichkeiten, Individuelles, Privates oder Persönliches auszudrücken, denn alles bezieht sich nur auf das Kollektiv, das “Wir”. Als sie aus ihrer Heimat floh, wusste sie nicht wirklich, wohin es gehen sollte und warum sie gehen musste.

Yeonmi Park: Über die Menschenrechtlerin und ihre Flucht aus Nordkorea

Die Kindheit von Yeonmi Park

Yeonmi Park erblickte am 4. Oktober 1993 in Nordkorea das Licht der Welt. Ihrer Familie ging es besser als dem Durchschnitt, denn ihr Vater war Mitglied der Arbeiterpartei Koreas. Er war städtischer Beamter und eine angesehene Persönlichkeit. Doch mit der beginnenden Wirtschaftskrise in Korea in den 1990er Jahren veränderte sich alles.

Grundlegende Waren wurden knapp, und ihr Vater gründete einen Schmugglerring, um eine bessere Lebensqualität zu erreichen. Als seine Aktivitäten in einem der geheimnisvollsten Länder der Welt entdeckt wurden, veränderte sich alles. Der Vater kam in ein Arbeitslager und  Yeonmi, ihre Schwester Eunmi und ihre Mutter gerieten in schwere Not und litten großen Hunger.

Sie lebten in einem Gebiet nahe der Grenze zu China. Yeonmi Park sah die Lichter der chinesischen Dörfer und dachte, wenn sie dorthin gelangen könnte, könnte sie etwas zu essen bekommen. Als ihr Vater vom Arbeitslager zurückkehrte, schlug er seiner Familie vor, nach China zu fliehen. Yeonmis Schwester verschwand über Nacht. Die Familie ging von einer Flucht aus, doch konnte dies nicht mit Sicherheit bestätigen.

Die Flucht nach China

Yeonmi Parks hatte den Wunsch, mit ihrer Mutter nach China zu fliehen, doch dabei träumte sie nur von einer Tasse Reis. Sie war nicht auf der Flucht vor dem Regime, sondern vor dem Hunger. Ihr Vater konnte sie nicht begleiten, da er zu dieser Zeit krank war. Sobald sie die Grenze überquert hatten, trafen sie auf Menschenschmuggler.

Wer aus Nordkorea nach China flieht, wird von den Behörden abgeschoben. Die chinesischen Nachbarn sind sich der Situation bewusst und manche haben das Drama der nordkoreanischen Flüchtlinge zu einem Geschäft gemacht. Einer der Menschenhändler beabsichtigte, das junge Mädchen zu vergewaltigen, doch ihre Mutter bot sich an, um Yeonmi zu schützen. Sie wurde vor ihrer eigenen Tochter vergewaltigt.

Die beiden Frauen wurden an zwei verschiedene Bauern verkauft. Yeonmi versuchte, sich das Leben zu nehmen, als sie von ihrer Mutter getrennt wurde. Der Bauer, der sie kaufte, sagte ihr jedoch, dass er ihr helfen würde, wieder mit ihrer Familie zusammenzukommen, wenn sie seine Geliebte würde. Überraschenderweise hielt er sein Versprechen in allen Aspekten.

Yeonmi Park: Über die Menschenrechtlerin und ihre Flucht aus Nordkorea

Ein neues Leben

Schließlich gelang es Yeonmi, ihre Mutter wiederzusehen und gemeinsam konnten sie ihren Vater nach China bringen. Leider hatte er Krebs im fortgeschrittenen Stadium und starb bald darauf, im Alter von 45 Jahren. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, wurde er nicht beigesetzt. Sie begruben ihn einfach in einem nahe gelegenen Berg. Später fanden die beiden Frauen Unterstützung von chinesischen Missionaren, die ihnen halfen, in die Mongolei zu gelangen.

Auch dort waren sie gefährdet, drohten aber, sich umzubringen, wenn sie nach Nordkorea abgeschoben würden. Schließlich gelang es ihnen, Südkorea zu erreichen. Für Yeonmi Park war es, als wäre sie auf einem anderen Planeten. Am ersten Schultag an ihrer neuen Schule, erzählt sie, fragte der Lehrer sie, was ihre Lieblingsfarbe sei, und sie wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie wusste nicht, was es bedeutete, individuelle Bedürfnisse oder Vorlieben zu haben.

Yeonmi Park wurde zu einer Menschenrechtlerin und Kämpferin gegen Menschenhandel. Sie lebt jetzt in den Vereinigten Staaten, wo sie verheiratet ist und eine Tochter hat. Glücklicherweise verblasste ihr Albtraum. Sie konnte sogar ihre Schwester wiedersehen, während sie noch in Südkorea war.

Verschiedene koreanische Experten bezweifeln die Wahrheit dieser Geschichte, doch es gibt bis jetzt keine Beweise, die sie widerlegen könnten. Ganz unabhängig davon zeigt uns diese Erfahrung, wie sehr wir von der Gesellschaft und Kultur, in der wir leben, geprägt werden. Die Unkenntnis über individuelle Vorlieben, das Unwissen über die Bedeutung von Liebe machen die Unterwerfung möglich. Sprache kann zwar befreien, doch sie kann uns auch gefangen nehmen.

Vielleicht ist die Geschichte von Yeonmi Park wahr, vielleicht auch nicht oder nur teilweise. Vielleicht wurden die Erinnerungen durch Emotionen beeinflusst. Doch spielt das tatsächlich eine wesentliche Rolle?


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  • Bosch, X. B. (2017). ¿Los falsos mantras norcoreanos? Desnuclearización, colapso del régimen y reunificación. Comillas Journal of International Relations, (9), 19-45.

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