Wie wirkt Melatonin auf die Psyche?

Die Zirbeldrüse schüttet bei Dunkelheit Melatonin aus, um den Schlaf-Wach-Zyklus zu regulieren. Dieses Hormon wirkt sich jedoch auch auf die Psyche aus. Erfahre mehr darüber.
Wie wirkt Melatonin auf die Psyche?

Geschrieben von Luisina Belén Sosa

Letzte Aktualisierung: 05. September 2023

Das Hormon Melatonin wird bei Dunkelheit von der Zirbeldrüse (Epiphyse) ausgeschüttet und steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus. Es wirkt als Zeitgeber und kurbelt den Schlaf an. Da ältere Menschen weniger davon ausschütten, benötigen sie auch weniger Schlaf. Melatonin hat jedoch noch weitere Funktionen, die weniger bekannt sind. Wir sehen uns heute an, wie sich dieses Hormon auf das psychische Wohlbefinden auswirkt.

Wissenswertes über Melatonin

Die Produktion von Melatonin wird durch Moleküle im Auge gesteuert, die auf Licht reagieren. Damit die Zirbeldrüse jedoch bei Dunkelheit dieses Hormon ausschütten kann, ist das Glückshormon Serotonin notwendig, für dessen Bildung wiederum die essenzielle Aminosäure L-Tryptophan maßgeblich ist.

Geringe Mengen dieses Hormons werden im Verdauungstrakt, in der Netzhaut des Auges und auf der Haut gebildet. Den Wach-Schlaf-Rhythmus reguliert jedoch vorwiegend das Melatonin aus der Zirbeldrüse. In stressigen Situationen oder bei Jetlag produziert die Zirbeldrüse jedoch weniger, deshalb ist der Schlaf gestört.

Melatonin ist für das Wohlbefinden entscheidend, da es die Schlafqualität beeinflusst. Es hat jedoch auch antioxidative Eigenschaften und weitere, weniger bekannte Funktionen.

Wie Melatonin auf die Psyche wirkt

Wir sehen uns nachfolgend verschiedene Auswirkungen von Melatonin auf die Psyche an, denn auch in diesem Zusammenhang spielt das Schlafhormon eine entscheidende Rolle.

1. Bessere Schlafqualität

Wie bereits erwähnt, reguliert dieses Hormon unseren Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Melatoninproduktion erreicht ihren Höhepunkt zwischen 2 und 4 Uhr morgens. Mit zunehmender Lichteinwirkung reduziert sich die Ausschüttung allmählich.

Melatonin ist also für die Schlafqualität verantwortlich. Mit zunehmendem Alter produziert der Körper weniger, deshalb haben ältere Menschen ein geringeres Schlafbedürfnis. Es kann jedoch auch zu Schlafstörungen kommen, die häufig mit Problemen wie Depressionen oder Ängsten einhergehen.

Eine in Neurological Research veröffentlichte Übersichtsarbeit legt nahe, dass die Einnahme von Melatonin unter anderem bei schlafbezogenen Atmungsstörungen, Hypersomnolenz, Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen und Parasomnien sinnvoll sein kann.

Erzeugt die Zirbeldrüse jedoch zu viel Melatonin, ist das Schlafbedürfnis erhöht. 

2. Schutz vor neurodegenerativen Krankheiten

Mit zunehmendem Alter kommt es auch häufiger zu neurodegenerativen Krankheiten, die unter anderem zu psychologischen Symptomen wie Depression, Angst oder Stress führen. Beispiele dafür sind: Alzheimer-Krankheit, Morbus Parkinson, Huntington-Erkrankung oder amyotrophe Lateralsklerose (ALS).

Melatonin kann das Überleben der Zellen fördern und vor dem neurodegenerativen Verfall schützen. Dieses Hormon ist ein wichtiges Antioxidans, das den Prozess des Zellrecyclings, die sogenannte Autophagie (körpereigene Anti-Aging-System) reguliert.

3. Verbessert das Gedächtnis und das abstrakte Denken

Melatonin schützt das Gehirn vor oxidativem Stress, insbesondere den Hippocampus. Dies ermöglicht eine bessere Gedächtnisleistung. Eine Studie weist darauf hin, dass dieses Hormon einen Anstieg der antioxidativen Enzyme in diesem Gehirnareal bewirkt – auch bei schlechten Gewohnheiten wie Alkoholkonsum, die oxidativen Stress fördern. Gesunde Melatoninwerte verbessern also unsere kognitiven Funktionen, unter anderem das Gedächtnis und das abstrakte Denken.

4. Melatonin und Depressionen

Bei Tageslicht bildet unser Körper Serotonin, das ebenfalls eine wesentliche Rolle bei der Regulierung unseres Schlaf-Wach-Zyklus spielt. Dieses Glückshormon beeinflusst unsere Stimmung, wirkt antidepressiv und hemmt Schmerzen. In den Wintermonaten sind die Tage kürzer und dunkler, deshalb produziert die Zirbeldrüse mehr Melatonin, weshalb auch tagsüber die Melatoninkonzentration höher ist. Dies kann zu Müdigkeit, Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen führen, die wir als Winterdepression oder Winterblues bezeichnen.

In der dunklen Jahreszeit sind deshalb Aufenthalte im Freien besonders wichtig. Bewegung an der frischen Luft ermöglicht es dir, Tageslicht zu tanken und die Serotoninbildung zu fördern, während die Ausschüttung von Melatonin reduziert wird.

Andererseits gehen Wissenschaftler davon aus, dass der zirkadiane Rhythmus bei Depressionen eine wesentliche Rolle spielt. Eine gute Schlafqualität ist entscheidend, um Depressionen entgegenzuwirken – und hier kommt wieder das schlafregulierende Hormon Melatonin ins Spiel.

Wer jedoch Antidepressiva einnimmt, muss unbedingt Rücksprache mit seinem Arzt oder seiner Ärztin halten, denn viele dieser Arzneimittel hemmen den Abbau von Melatonin und binden sich an die Melatonin-Rezeptoren. In diesem Fall muss unbedingt auf die Verabreichung dieses Hormons verzichtet werden.

5. Stress und Melatonin

Chronischer Stress hemmt die Melatoninproduktion, da der Cortisolspiegel hoch ist. Dieses Stresshormon, ein Gegenspieler von Melatonin, wirkt sich deshalb negativ auf die Schlafqualität aus. Wenn in diesem Fall Melatonin eingenommen wird, um den Schlaf zu verbessern, ist die Dosierung entscheidend, um einen gesunden Schlafrhythmus zu erreichen.

6. Reduziert Angstzustände

Studien haben gezeigt, dass dieses Hormon Angstzustände lindern kann (Repova et al., 2022). Ein Wissenschaftlerteam von Cochrane stellte unter anderem fest, dass dieses Hormon die Angst vor Operationen reduzieren kann. Es gibt auch Studien im Zusammenhang mit Generalisierter Angststörung und mit Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen. Allerdings sind weitere Forschungen nötig, um zu bestätigen, dass dieses Hormon bei allen Arten von Angststörungen wirksam ist.

Medikament oder Nahrungsergänzungsmittel?

Melatonin sollte nicht als Nahrungsergänzungsmittel zum Einsatz kommen, da diese Substanz pharmakologische Wirkung hat. Du solltest dieses Produkt nur auf ärztlichen Rat einnehmen. 

Wie du eine gesunde Melatoninkonzentration fördern kannst

Da dieses Hormon nur bei Dunkelheit produziert wird, ist es wichtig, das Schlafzimmer zu verdunkeln. Außerdem lohnt es sich, bereits eine Zeit vor dem Schlafengehen auf Bildschirmgeräte zu verzichten, da das blaue Licht, das sie ausstrahlen, die Melatoninproduktion hemmt.

Bestimmte Nahrungsmittel enthalten ebenfalls Melatonin. Dazu gehören unter anderem folgende:

  • Weintrauben
  • Ananas
  • Hafer
  • Walnüsse
  • Eier
  • Bananen
  • Orangen
  • Fisch
  • Schwarzer Reis

Melatonin ist für das Wohlbefinden entscheidend

Ein gesunder Melatoninspiegel trägt zum geistigen Wohlbefinden bei. Mit zunehmendem Alter sinkt jedoch die Melatoninkonzentration, deshalb kommt es häufiger zu Schlafstörungen. Bei Beschwerden solltest du jedoch immer deine Ärztin oder deinen Arzt konsultieren, von Selbstmedikation ist abzuraten.


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