Wenn ich mein Ego verlieren lasse, gewinne ich alles andere
Unser Ego ist ein Produkt mangelhafter emotionaler Erziehung, dem folgende Vorstellung innewohnt: Erfolg bedeutet, dass man den anderen ein Bild von sich selbst zeigt – ohne Mängel, Ängste oder Zweifel. Dies bringt eine Verpflichtung mit sich, dein Umfeld zu überstrahlen, selbst wenn es bedeutet, zu verbergen, was du wirklich fühlst und was du dir wirklich wünscht.
In Folge wird oft das Selbstwertgefühl mit dem Sicherheitsbedürfnis des Egos verwechselt. Dein verletztes Ego zeigt dir, dass du mit jedem Kratzer der Erniedrigung oder Niederlage unter den Augen der anderen leidest. Und damit kannst du gar nicht gut umgehen. Es macht dich gleichzeitig traurig und wütend.
Uns wurde allen beigebracht, dass es stets besser ist, zu den Gewinnern zu gehören. Aber damit wir tatsächlich gewinnen können, müssen wir lernen. Dazu gehört auch, dass wir uns verletzlich fühlen, unzählige Male hinfallen und uns wieder aufrappeln müssen. Wir lassen dann das Ego los, um die Lektionen des Lebens anzunehmen.
In diesem Kreislauf müssen wir dazu bereit sein, nicht immer die beste Version unserer selbst zu zeigen: Akzeptiere einfach, dass die anderen an dir auch die Dinge sehen, die du lieber verstecken willst. Wenn du vorankommen willst, dann musst du das Risiko einkalkulieren, dass dir in vielen Situationen deine Selbstgefälligkeit abhandenkommen wird. Viele Menschen sind so sehr darum bemüht, keine Risiken einzugehen, die sie auf dünnes Eis brächten oder einen Drahtseilakt erforderten, dass sie ihr Ego gewinnen lassen und dabei alles andere verlieren.
Der Kampf für unser Ego beraubt uns unseres Seelenfriedens
Eine existenzielle Leere mag dich verzehren, aber du ziehst es vor, den Schein zu wahren, bevor du dich verletzlich zeigst. Man könnte es Glück oder auch Pech nennen – du leidest nicht unter einer bestimmten Krankheit. Du hast nur einen häufig anzutreffenden Charakterzug, bist von Eitelkeit, Ego und dem Fehlen des authentischen Ichs gezeichnet.
“In jeder Autobiographie gibt es zwei Hauptdarsteller: Einen Don Quijote, das Ego, und einen Sancho Panza, das wahre Ich.”
W. H. Auden
Der Kampf, das Ego aufrechtzuerhalten, führt zu einer unbarmherzigen Auseinandersetzung des Egos mit der Welt, in der wir implizit schon eine garantierte Niederlage eingefahren haben. Eines Tages fällt uns vielleicht auf, dass wir eine Schwäche nicht annehmen konnten und sie daher noch weiter verstärkt haben. Dadurch haben wir einige Menschen verloren, die wir im Laufe unseres Lebens geliebt haben und die uns liebten.
Lass dein Ego den Kampf verlieren, den es führt, um dein inneres Selbst zu erobern. Dann kannst du die Kontrolle über dein Leben zurückgewinnen. Deine Emotionen, Gefühle und Gedanken passieren automatisch und sind nicht vorhersehbar, genau wie die Ereignisse, die in deinem Leben stattfinden. Es ist schon schwer genug, mit den Widersprüchlichkeiten und täglichen Vorkommnissen des Lebens zurechtzukommen. Wir sollten die Dinge nicht noch verschlimmern, indem wir versuchen, immer alles perfekt oder genau so hinzukriegen, wie das andere erwarten würden.