Wenn Eltern dem Selbstwertgefühl ihrer Kinder schaden

Um das Selbstwertgefühl eines Kindes zu stärken, reicht es nicht aus, zu sagen: "Du bist toll und die Schönste auf der Welt." Wir brauchen tiefergehende Strategien, die es Kindern ermöglichen, ein gesundes und positives Selbstbild zu entwickeln.
Wenn Eltern dem Selbstwertgefühl ihrer Kinder schaden
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 18. Oktober 2022

Eltern würden gerne alles über die Erziehung ihrer Kinder wissen, um möglichst perfekt zu sein. Es wäre wunderbar, wenn jedes Kind mit seinem eigenen Handbuch zur Welt kommen würde, in dem wir nachlesen können, was zu tun ist, um es zu einem glücklichen, unabhängigen und selbstbewussten jungen Menschen heranwachsen kann. Die meiste Zeit handeln wir jedoch instinktiv und lernen unterwegs. Viele Eltern schaden dem Selbstwertgefühl ihrer Kinder, ohne jede böse Absicht und ohne sich darüber bewusst zu sein.

Sie wählen oft den falschen Ansatz und behindern dadurch die Entwicklung ihrer Kinder. Ein Beispiel dafür ist der übermäßige Einsatz von kontextloser und wenig glaubwürdiger positiver Verstärkung, die das Kind glauben lässt, dass es alles richtig macht.

Unsere Kinder sind nicht naiv. Das Ziel, das wir anstreben sollten, ist, in ihnen ein angemessenes Gefühl der Selbstkompetenz und des Selbstwertgefühls aufzubauen. In einer stark wettbewerbsorientierten Gesellschaft, die unser Selbstwertgefühl und Selbstbild gerne infrage stellt, ist nichts wichtiger, als sich mit diesem Bereich der psychischen Gesundheit zu befassen.

Es ist einfacher, als Kind ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln, als es später im Erwachsenenalter zu verbessern.

Wenn Eltern dem Selbstwertgefühl ihrer Kinder schaden
Als Eltern haben wir einen großen Einfluss auf die Entwicklung unserer Kinder.

Wie Eltern dem Selbstwertgefühl ihrer Kinder schaden (und wie sie es besser machen können)

Das Selbstwertgefühl beschreibt, wie wir uns selbst sehen und wie wir glauben, dass andere uns sehen. Diese Wahrnehmung wird entscheidend von unserer Umgebung und insbesondere von unseren Bezugspersonen beeinflusst. Jede gegebene oder nicht gegebene Botschaft, jede Interaktion und jede Erfahrung in der frühen Kindheit spielen in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle.

Mit anderen Worten: Das Selbstwertgefühl wird nicht nur durch unsere Wahrnehmung aufgebaut, sondern der Einfluss unserer Eltern, Geschwister, Lehrer und Freunde ist ebenfalls entscheidend. Es ist bedeutend einfacher, ein gesundes Selbstwertgefühl in der Kindheit zu entwickeln, als es im Erwachsenenalter reparieren zu müssen.

In diesem Zusammenhang weist eine Studie der Universität von Kalifornien auf etwas Wichtiges hin: Das familiäre Umfeld kann manchmal so komplex sein, dass das Selbstwertgefühl eines Kindes von vielen Faktoren beeinflusst wird. Die von den Erziehern vermittelten Werte, das Vorhandensein einer psychischen Störung bei den Eltern oder wirtschaftliche Probleme können die gesunde Entwicklung beeinträchtigen.

Andererseits dürfen wir nicht übersehen, auf welche Weise Eltern dem Selbstwertgefühl ihrer Kinder schaden, ohne es zu wissen.

Wenn Kinder von den Herausforderungen des Alltags isoliert werden, behindert das ihre psychosoziale Entwicklung und den Aufbau eines guten Selbstwertgefühls.

1. Du überträgst deinem Kind keine altersgemäße Verantwortung

Überbehütung ist Gift für die richtige Entwicklung des Selbstwertgefühls von Kindern. Ein Kind muss sich kompetent und fähig fühlen, deshalb ist altersgemäße Verantwortung so wichtig. Wenn das Kind in der Annahme aufwächst, dass immer jemand da sein wird, der seine Probleme löst, wird es früher oder später mit der Realität konfrontiert: Es kann sich selbst nicht helfen.

Kinder, die früh entdecken, dass sie in der Lage sind, Aufgaben allein zu bewältigen, entwickeln hingegen eine effektive Selbstwirksamkeit.

  • Wie kannst du es richtig machen?

Jeden Tag gibt es viele Gelegenheiten für Kinder zu lernen, selbstständiger zu werden. Ermutige dein Kind und vertraue ihm, damit es seine Fähigkeiten und Werte erkunden und altersgerechte Aufgaben erfüllen kann.

2. Du lässt nicht zu, dass es Fehler macht

Es gibt Väter und Mütter, die einen Teil ihres Lebens damit verbringen, als Helden zu agieren, um ihre Kinder zu retten. Sie bewahren sie vor Stürzen, Fehlern, Misserfolgen, Enttäuschungen und sogar davor, in eine Pfütze auf der Straße zu treten. Fehler zu machen und sich geistig anzustrengen, um den Vorfall zu bereinigen, gibt jedem Kind eine wertvolle Gelegenheit, sich weiterzuentwickeln.

Das Selbstwertgefühl entsteht auch durch das Überwinden von Widrigkeiten, etwas, das ein Kind aus den einfachsten und harmlosesten Erfahrungen lernen kann.

  • Wie kannst du es richtig machen?

Auch wenn die Sicherheit und das Wohlergehen eines Kindes Priorität haben, gibt es Erfahrungen, die es selbst machen muss. Wenn du es auf dem Weg zum Park daran erinnerst, dass es den Ball vergessen hat, wird es auch beim nächsten Mal keine Verantwortung dafür übernehmen und glauben, dass Mama oder Papa dafür zuständig sind.

Ein Kind muss lernen zu scheitern, um zu verstehen, wie es auf seinem Lebensweg erfolgreich sein kann.

3. Du schützt dein Kind vor seinen eigenen Emotionen

Wenn ein Kind weint, traurig oder frustriert ist, ist es verlockend, ihm ein Eis oder ein Spielzeug zu kaufen. Du kannst ihm so ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Doch lernt es damit etwas?

Eltern schaden dem Selbstwertgefühl ihrer Kinder, indem sie ihre Emotionen herunterspielen oder ihnen die Möglichkeit nehmen, zu lernen, wie sie ihre Emotionen regulieren können. Selbstwertgefühl bedeutet auch zu wissen, wie man mit seinen Emotionen umgehen kann, ohne sich von ihnen mitreißen zu lassen. Eine gute emotionale Kompetenz ist eine weitere Säule bei der Entwicklung eines positiven Selbstbildes.

  • Wie kannst du es richtig machen?

Es schadet nie, wenn Eltern geeignete Strategien zur emotionalen Intelligenz lernen, um ihre Kinder zu erziehen. Eine Vernachlässigung seitens der Betreuungspersonen, die immer ihren Tribut fordert, ist das Unvermögen, die eigenen Gefühle zu verstehen und zu regulieren.

4. Du erziehst dein Kind zur Perfektion

Die Erziehung zur Perfektion nährt die Angst und führt zu der Erkenntnis, dass man den Anforderungen nie gerecht wird. Es stimmt, dass alle Eltern wollen, dass ihre Kinder die Besten und Erfolgreichsten sind.

Wichtiger als außergewöhnliche Leistungen ist es jedoch, glücklich zu sein, die Kindheit zu genießen und nicht schon in jungen Jahren ungesunde Ansprüche an sich selbst zu entwickeln. Kinder und Jugendliche, die mit dem Gedanken aufwachsen, nicht genug zu leisten, leiden fast immer an einem schwachen und brüchigen Selbstwertgefühl.

  • Wie kannst du es richtig machen?

Es ist gut, unseren Kindern Ziele zu setzen, Meilensteine, nach denen sie streben sollten. Das fördert ihre Reife und Verantwortung. Diese Ziele müssen jedoch realistisch sein, mit den Kindern vereinbart werden und auch für sie motivierend sein.

Wie Eltern dem Selbstwertgefühl ihrer Kinder schaden
Der willkürliche Einsatz der positiven Verstärkung ermöglicht es Kindern nicht, aus ihren Fehlern zu lernen.

5. Du übertreibst es mit der positiven Verstärkung

Es gibt Eltern, die die positive Verstärkung zu oft einsetzen, oft geschieht dies aus Zeitmangel. Alles, was Kinder tun, wird als außergewöhnlich beschrieben, was ihnen sagt, dass sie großartig, die Besten der Welt und die Klügsten sind. Aber wenn es etwas gibt, was Kinder brauchen, dann ist es zu lernen, angeleitet zu werden, Dinge besser zu machen.

Es kann passieren, dass dein Kind dir eine Zeichnung zeigt, die nicht zu den besten Arbeiten zählt. Wenn du ihm dann sagst, dass es ein Meisterwerk ist, weiße es, dass das nicht stimmt. Es wird sich nicht motiviert fühlen, sich zu verbessern, denn für seine Eltern ist alles, was es tut, außergewöhnlich. Und damit wird das Kind Lernmöglichkeiten verpassen.

  • Wie kannst du es richtig machen?

Jede Verstärkung, die ein Kind erhält, muss aufrichtig, leicht verständlich und pädagogisch sinnvoll sein. Wenn du das Selbstwertgefühl deines Kindes stärken willst, ist ein “Ich bin stolz darauf, wie hart du gearbeitet hast” immer besser als “Du machst alles gut, weil du das bestaussehende Kind der Welt bist”.


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