Warum übernehme ich Verantwortung für die Probleme anderer Menschen?

Hilfsbereitschaft ist eine Tugend, die oft Mangelware ist. Wenn sie jedoch so weit geht, dass du dich nicht mehr um dich selbst kümmerst oder dir sogar schadest, hast du ein Problem, das du unbedingt lösen musst, um deine psychische Gesundheit zu wahren.
Warum übernehme ich Verantwortung für die Probleme anderer Menschen?
Laura Ruiz Mitjana

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Laura Ruiz Mitjana.

Letzte Aktualisierung: 16. November 2022

Du übernimmst häufig Verantwortung für die Probleme anderer Menschen? Vielleicht hast du das Gefühl, dich zu sehr für andere einzusetzen und dich in ihr Leben einzumischen, kannst aber trotzdem nicht davon ablassen? Dieses Verhaltensmuster ist charakteristisch für das Rettersyndrom. Erfahre heute, welche Ursachen sich hinter dieser Tendenz verbergen können und was du tun kannst, um dir dabei nicht selbst zu schaden.

Warum manche Menschen zu viel Verantwortung für die Probleme anderer übernehmen

Du zeichnest dich durch großes Einfühlungsvermögen aus und Neinsagen fällt dir schwer? Vielleicht bist du einfach eine sehr hilfsbereite Person, doch hinter diesem übertriebenen Verhalten könnte sich auch ein psychisches Problem verbergen.

Frau übernimmt zu viel Verantwortung für die Probleme ihrer Freundin
Die Unfähigkeit, Grenzen zu setzen, kann eine der Hauptursachen dafür sein, dass Menschen die Verantwortung für die Probleme anderer übernehmen.

1. Das Rettersyndrom

Wenn du das ständige Bedürfnis hast, anderen helfen zu wollen, könnte es sich um das Retter- oder Helfersyndrom handeln. Du übernimmst die mütterliche oder väterliche Rolle gegenüber dem Partner, Freunden oder Kollegen in einem Ausmaß, das negative Konsequenzen für dich nach sich zieht und außerdem weit über die normale Hilfsbereitschaft hinausgeht. Hinter diesem Phänomen versteckt sich oft ein Mangel an Vertrauen, allerdings sind die Ursachen meistens in der Kindheit zu finden: Betroffene wurden oft vernachlässigt und erhielten nicht ausreichend Vertrauen und Aufmerksamkeit von ihren Bezugspersonen.

2. Unsichere Bindung in der Kindheit

Die Art der Bindung, die in der Kindheit zu den wichtigsten Bezugspersonen aufgebaut wurde, kann ebenfalls zu einem übertriebenen Hilfsbedürfnis führen. Deine Eltern waren vielleicht nicht präsent und du versuchst unbewusst, dies wieder gutzumachen, indem du anderen hilfst.

3. Abhängigkeit

Eine abhängige Bindung in der Kindheit wirkt sich ebenfalls negativ auf das Erwachsenenleben aus. Wenn du von deinen Eltern überbehütet wurdest und keine Möglichkeit hattest, unabhängig zu werden, kann das Bedürfnis entstehen, Verantwortung für die Probleme anderer übernehmen zu wollen.

Auch eine unsichere Bindung in der Kindheit, in der die Eltern manchmal vorhanden waren und manchmal nicht, führt in die Abhängigkeit. Betroffene brauchen dann andere Personen, um Zufriedenheit zu erlangen. Durch die übertriebene Hilfe machen sie andere unbewusst wiederum von ihnen abhängig und schließen so den Kreislauf.

4. Unfähigkeit, Grenzen zu setzen

Mangelndes Durchsetzungsvermögen kann auch eine Erklärung dafür sein, dass eine Person zu viel Verantwortung für die Probleme anderer übernimmt. Denn sie ist zum Neinsagen nicht in der Lage, was andere wiederum ausnutzen können.

5. Die eigenen Probleme verdrängen

Wenn du übermäßige Hilfsbereitschaft anderen gegenüber an den Tag legst, versuchst du vielleicht, damit deine eigenen Probleme zu verdrängen. Du widmest dich anderen, anstatt deine eigene Welt in Ordnung zu bringen. Die Hilfe ist eine Ausrede, um nicht über deine eigene Situation nachdenken zu müssen und Lösungen dafür zu suchen.

Verantwortung für die Probleme anderer
Hinter der übertriebenen Hilfsbereitschaft kann sich auch mangelndes Vertrauen verstecken.

Zu viel Verantwortung für die Probleme anderer: Was kann ich tun?

Hilfsbereitschaft ist eine Tugend, die oft Mangelware ist. Wenn du jedoch zu viel Verantwortung für die Probleme anderer übernimmst und dich damit überforderst, solltest du unbedingt den Ursachen auf den Grund gehen, um gesunde Verhaltensmuster zu entwickeln. 

Der erste Schritt ist wie immer, das Problem zu erkennen. Zusätzlich können dir folgende Tipps helfen:

  • Finde die Gründe: Warum verhältst du dich so? Blicke zurück in deine Kindheit: Welche Beziehung hattest du zu deinen Eltern? Warum hast du das ständige Bedürfnis, anderen zu helfen? Emotionale Abhängigkeit, geringes Selbstwertgefühl, das Bedürfnis nach Anerkennung?
  • Führe ein Tagebuch und beginne damit, deine eigenen Probleme von denen anderer zu trennen.
  • Stärke dein Durchsetzungsvermögen und lerne, Grenzen zu setzen.
  • Versuche, dein Selbstwertgefühl zu stärken, indem du dich um dich kümmerst und die Verstärkung nicht durch deine Hilfsbereitschaft erzwingst.
  • Beginne mit kleinen Veränderungen: Versuche, die Verantwortung für die Probleme anderer loszulassen; gib die Kontrolle ab und schau, wie du dich fühlst.
  • Vergiss nicht, dass professionelle Hilfe bei diesem Prozess sehr vorteilhaft ist.

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