Warum küssen wir uns?

Was passiert, während wir uns küssen und das Gefühl haben, dass alles andere unwichtig ist und die Welt stillsteht?
Warum küssen wir uns?
Sergio De Dios González

Geprüft und freigegeben von dem Psychologen Sergio De Dios González.

Geschrieben von Redaktionsteam

Letzte Aktualisierung: 18. Dezember 2022

Die Wissenschaft geht dieser Frage schon lange nach: Warum küssen wir uns und welche Unterschiede sind in verschiedenen Kulturen zu beobachten? Verschiedene Forscher glauben, dass wir bei Küssen erkennen, ob die andere Person genetisch kompatibel ist, es könnte sich also um einen evolutionären Mechanismus handeln. Natürlich dürfen wir nicht vergessen, dass es viele Kussarten sehr unterschiedlicher Natur gibt: Wangenkuss, Lippenkuss, Zungenkuss… Wir sprechen heute über romantisch-erotische Küsse als Ausdruck der Zuneigung.

“Ein Kuss ist eine Sache, für die man beide Hände braucht.”

Mark Twain

Paar beim Küssen

Was sagt die Wissenschaft über das Küssen?

In ihrem Buch “The Science of Kissing: What Our Lips Are Telling Us” stellt Sheril Krishenbaum fest, dass “Wissenschaftler nicht ganz sicher sind, warum wir küssen”. Das liegt daran, dass es immer noch viele “Herausforderungen bei der Interpretation der Bedeutung eines Kusses” gibt, da nur wenige Untersuchungen zu diesem Thema vorliegen.

Justin García, wissenschaftlicher Mitarbeiter des renommierten Kinsey Institut in Bloomington (USA) und Mitautor einer Studie über die Verbreitung des Küssens in verschiedenen Kulturen, erklärt, dass nur rund 46 Prozent der Ethnien den romantisch-sexuellen Kuss praktizieren. Das Forscherteam, das 168 Kulturen in allen Erdteilen untersuchte, stellte außerdem fest, dass diese Kussart in komplexeren Kulturen häufiger vorkommt. Wir können also nicht davon ausgehen, dass diese Geste für das Überleben der menschlichen Spezies entscheidend war.

Justin García weist darauf hin, dass ähnliches Verhalten zwar bei einigen Tieren zu beobachten ist. Wir wissen allerdings nicht, wie sich der romantisch-sexuelle Kuss bei uns Menschen tatsächlich entwickelt hat.

Liebe und küssen

Der Kuss könnte einem Test gleichkommen, der uns Interessantes über die Bindungstauglichkeit verrät.

Was passiert beim Küssen?

Anregender Hormoncocktail

Beim Küssen spielen unsere Hormone verrückt. Die unromantische Erklärung von Sigmund Freud erinnert uns an die Vertrautheit und das angenehme Gefühl beim Saugen an der Mutterbrust: Beim Küssen erleben wir diese Empfindung erneut – das Gehirn belohnt uns mit Glückshormonen (Endorphinen). Zusätzlich setzt unser Organismus vermehrt Serotonin und Dopamin frei. Diese Botenstoffe reduzieren das Empfinden von Stress, Angst und Schmerzen.

Bei einem leidenschaftlichen Kuss erzeugt der Körper außerdem Oxytocin, das Bindungshormon, das uns das Gefühl der Zusammengehörigkeit gibt. Die amerikanischen Psychologinnen Wendy Hill und Carey Wilson (Lafayette College, Easton/Pennsylvania) weisen allerdings darauf hin, dass dies nur bei Männern der Fall ist, die dadurch ihre Bindung zur Frau stärken. Frauen brauchen mehr als einen Kuss, um sich für die Beziehung zu entscheiden.

Beim Küssen schüttet der Organismus gleichzeitig Adrenalin aus, das uns in einen positiven Stresszustand versetzt. Dieser Hormoncocktail löst intensive, anregende und sehr angenehme Gefühle aus. Küssen macht glücklich! Platon beschreibt dies mit folgenden Worten: “Ein Kuss ist der Austausch der Seelen.”

Über 30 Gesichtsmuskeln und mehr als 100 Körpermuskeln sind bei einem Kuss aktiv.

Millionen von Bakterien

Im November 2014 bestätigte eine Studie der niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung TNO und Micropia, dass wir bei einem 10 Sekunden dauernden Kuss 80 Millionen Bakterien übertragen. Wir stärken damit unser Immunsystem, denn unser Organismus bildet Abwehrzellen, um sich zu schützen. 

Cómo aumentar la intimidad emocional de las relaciones

Der Geruchssinn spielt beim Küssen eine wichtige Rolle. 

Körperliche Veränderungen

Küssen löst nicht nur Verspannungen und baut Stress ab. Wir können verschiedene andere Körperreaktionen beobachten:

  • Das Herz schlägt schneller, der Körper wird besser durchblutet und mit mehr Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.
  • Das wirkt sich sogar positiv auf das äußere Erscheinungsbild aus: Auch die Haut wird stärker durchblutet, während die Gesichtsmuskeln trainiert werden. Sie wirkt deshalb jünger und straffer!

Küssen – ein magischer Augenblick

Beim Küssen schließen wir meistens die Augen, um uns auf die angenehmen Empfindungen zu konzentrieren und die Reizüberflutung auszuschalten. Das Kusserlebnis ist dadurch intensiver. Während die Hormonproduktion auf Hochtouren läuft, genießen wir den rauschähnlichen Zustand, der unsere Seele nährt. Die Wissenschaft kann den magischen Augenblick des Kusses, in dem alles andere unwichtig wird und die Welt stillsteht, nicht erklären.

“Die Seele, die mit ihren Augen sprechen kann, kann auch mit ihren Augen küssen.”

Gustavo Adolfo Bécquer


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.