Wann wir die Konfrontation suchen sollten und wann besser nicht
Aggression ist einer der Instinkte des Menschen, die ihm am wenigsten verständlich sind und mit denen am schlechtesten umgegangen wird. Allgemein geht sie mit negativen Assoziationen einher, aber dennoch liegt die Aggression in unserer Werkzeugkiste des Überlebens, weil sie nämlich einem grundlegenden Zweck dient. Ein Beispiel dafür ist, die Konfrontation in einer Situation zu suchen, in der wir für uns selbst einstehen müssen.
Oft werden wir von Zweifeln gehindert, die sich darum drehen, ob wir, wenn wir jemanden mit etwas konfrontieren, vielleicht einfach zu sensibel seien und aus kleinen Dingen eine große Sache machen. Ist das wirklich etwas, wofür wir kämpfen sollten? Diese Entscheidung ist nicht einfach; sie hängt von der subjektiven Wahrnehmung einzelner Individuen ab – mehr von der Laune als von der objektiven Realität.
Das Dilemma, ob wir für das, was wir wollen, einstehen sollten, ist relevanter, als wir zunächst annehmen. Wenn es eigentlich nötig wäre, etwas zu fordern, wir es aber nicht tun, erlauben wir anderen, über unsere Köpfe hinweg zu entscheiden. Konfrontieren wir jemanden allerdings mit etwas, dass den Stress eigentlich nicht wert gewesen ist, provozieren wir unnötige Konflikte. Beide Szenarien können kritisch werden, wenn die fragliche Situation wichtig genug ist.
Wann wir die Konfrontation suchen sollten
Die Frage ist: Welche Kriterien helfen uns bei der Entscheidung, ob wir gegen eine nervige, unkomfortable oder verletzende Situation vorgehen sollten? Zuerst sei gesagt: Nicht jede Beschwerde, egal ob persönlich oder beruflich, ist stichhaltig.
Wir können wir sichergehen, dass das Problem unumgänglich ist, wenn:
- Menschliche Würde bedroht ist. Das kann auf physikalischem, verbalem oder symbolischem Wege passieren. Keiner dieser Fälle ist akzeptabel. Nichts zu sagen oder zu tun, gleicht der Zustimmung zu solchem Verhalten.
- Weitere grundlegende Menschenrechte infrage stehen. Dabei sollten wir nie still bleiben. Es nicht anzusprechen, kann fehlender Respektlosigkeit und Rücksicht Türe und Toren öffnen.
- Sich das zugefügte Leid über die unmittelbaren Folgen hinauszieht und das mittel- bis langfristige Wohlbefinden beeinflusst. Lassen wir das ruhen, kann es die negative Erfahrung zusätzlich verlängern.
- Absichtlich gegen eine Vereinbarung oder ein Vertrag verstoßen wird. Wird ein Deal verletzt oder gebrochen, ist das ein triftiger Grund, miteinander zu sprechen. Spielregeln können nicht einfach geändert werden. Beschweren wir uns nicht, akzeptieren wir das als normal, selbst wenn dadurch Menschen benachteiligt werden.
Wann wir uns zurückhalten sollten
Gleich den Kriterien für das Ansprechen gibt es auch Hinweise darauf, dass eine Konfrontation zu viel des Guten ist. Wenn uns jemand zum Beispiel unbewusst verletzt, nervt oder uns anderweitig beeinflusst. Diese Situationen geschehen nicht aus der Absicht des Schadens heraus, sondern vielmehr der Umstände halber. Wieso also sollten wir das ansprechen?
Auch ist es keine gute Idee, jemanden zu konfrontieren, weil er unser Ego oder unsere Eitelkeit verletzt hat. Vielleicht lädt uns jemand nicht zu einer Gruppenaktivität ein, obwohl wir damit gerechnet hatten. Oder auch, wenn wir nicht gerade wie Könige behandelt werden, uns aber auch niemand Schlechtes tut. In diesen Fällen rührt unsere Frustration eher aus unserer narzisstischen Ader her; wir sollten sie also selbst überwinden, anstatt sie zu rechtfertigen.
Ein anderer Fall, in dem wir niemals die Konfrontation suchen sollten, ist, wenn wir jemandem einen Gefallen tun, aber nichts zurückkommt. Wenn vorher nichts abgemacht war, kann jeder selbst entscheiden, ob er Gefallen erwidert oder nicht. Natürlich entscheiden wir auch auf dieser Basis, ob wir ihm in Zukunft weiterhin Gutes tun möchten.
Die Kunst liegt in der Art und Weise Konfrontation
Befinden wir eine Konfrontation für angebracht, heißt das nicht, dass wir eine Diskussion anfangen sollten. Dadurch kann nämlich ein Konflikt entstehen, in dem eine Person der anderen schadet. Wir sollten exzessive Aggression oder fehlende Bereitschaft zur Lösungsfindung also vermeiden.
Es ist immer besser, die Emotionen vor solch einer Situation abkühlen zu lassen. Wenn uns jemand verletzt, entsteht Frustration. Gleichzeitig kann das zu Wut führen; meistens aber macht es uns unfähig, die Situation verhältnismäßig einzuschätzen und ihr uns angemessen zu nähern. Deswegen ist es besser, sich vorher zu beruhigen.
Das nächste ist, unsere Beschwerde klar zu formulieren. Eine Erklärung zu geben, welches Leid uns zugefügt wurde und warum. Aufzuzeigen, was unsere Rechte, Vereinbarungen oder eigenen Prinzipien verletzt hat. Außerdem bitten oder verlangen wir nach Erklärung und, abhängig von der Situation, nach einer Entschuldigung oder einer Entschädigung für den verursachten Schaden. Das alles kann geschehen, ohne wütend zu werden. Nichts funktioniert besser als Logik, um diese Schwierigkeiten in den Griff zu kriegen. Auch wenn wir die Konfrontation suchen, heißt das also noch lange nicht, dass wir Schwerte und Rüstungen anlegen müssen.