Unser Verstand ist in schwierigen Situationen unser stärkster Verbündeter

Unser Verstand ist in schwierigen Situationen unser stärkster Verbündeter

Letzte Aktualisierung: 27. März 2017

Er ist unser mächtigstes Werkzeug und befindet sich in unserem Oberstübchen, genauer gesagt in unserem Gehirn: Die Rede ist natürlich von unserem Verstand. Seine Funktionen besitzen eine so große Macht und sind gleichzeitig so einzigartig, dass er die wichtigste Feder ist, mit der wir unsere Geschichte schreiben und unser Schicksal bestimmen.

Vor einigen Jahren kam das Gerücht auf, dass wir nur 10% des Potenzials unseres Verstandes benutzen würden. Es stellte sich im Nachhinein allerdings heraus, dass alles viel komplexer ist als diese schlichte Vermutung, da unser Verstand beschränkte Fähigkeiten besitzt, wie unsere Aufmerksamkeit lange auf etwas zu richten oder bestimmte Fakten im Kurzzeitgedächtnis zu behalten. Auch spielen sich hier Prozesse ab, die, wie es scheint, keine Grenzen kennen, z.B. unsere Vorstellungskraft oder die Fähigkeit, zu lernen.

Unser Verstand will sich schonen

Es ist bekannt, dass wir mit unserem Verstand unendlich viel tun können. Doch wenn wir die meisten unserer Verhaltensweisen einmal genauer betrachten, fällt uns auf, dass sie vor allem durch Routinen und „mentale Programmierungen“ beeinflusst werden. Routinen, bei denen die Verbindung zwischen der Handlung und dem bewussten Teil gekappt wird, wie es zum Beispiel beim Wäsche aufhängen, Kochen und Befahren einer bekannten Straße der Fall ist. Diese Handlung ist uns so bekannt, dass wir unseren Verstand entspannen, damit er an etwas anderem arbeitet, das nichts mit dieser gegenwärtigen Situation zu tun hat.

Daneben passiert noch etwas anderes und zwar ist unser Verstand, was die Selbstregulierung anbelangt, bestrebt, bei einem Prozess so wenig wie möglich Energie zu verbrauchen. Warum das so ist? Denken wir nur einmal an unsere Vorfahren und daran, wie schwierig sie es hatten, an gewisse essenzielle Nahrungsmittel zu kommen.

Es kann gut sein, dass du dich fragst, wieso wir solch eine mentale Energiewirtschaft brauchten, die für unsere Spezies so selektiv arbeitete, wenn sie den ganzen Tag lang damit verbrachten, zu jagen und und hinter ihrer Beute herzurennen. Es wurde beispielsweise herausgefunden, dass die besten Athleten eine bestimmte Eigenschaft gemeinsam hätten und sie erhöhte Sauerstoffwerte im Gehirn während längerer Anstrengungen und Versuche aufweisen würden.

Sobald wir uns im Klaren darüber sind, dass es unserem Gehirn nicht zusagt, Energie zu verschwenden, weil es sich davor fürchtet, ohne sie auskommen zu müssen, und dass viele unserer Aktivitäten nicht bewusst stattfinden, so verstehen wir, dass wir vielleicht nicht nur 10% der Fähigkeit unseres Verstandes, aber auf jeden Fall einen Großteil unseres Gehirns nicht benutzen, weil er auf Stand-by geschalten ist. In Prozent ist das nur schwer auszudrücken, wirklich wichtig ist hingegen, welche Auswirkungen das hat.

Der Teil unseres Verstandes, den wir nicht benutzen – wie immer gilt auch hier: Ausnahmen bestätigen die Regel – steht vor allem in Verbindung mit der Kreativität und der Suche nach neuen Lösungen. Vielleicht ist unsere Art, wie wir etwas tun, nicht die beste, aber das, was wir uns bereits angeeignet haben durch etwas Neues zu ersetzen, bedeutet, neben der Unsicherheit, einen zusätzlicher Energieverlust im Gegensatz zu einer gewohnten Handlung.

Wieso der Verstand so wichtig ist und uns in schwierigen Situationen hilft?

Machen wir eine Reise ins Mittelalter und nehmen wir an der Verurteilung eines Angeklagten teil. Bei diesem Fall wollte der Richter den Angeklagten unbedingt bestrafen, doch er wollte auch nicht, dass seine Einstellung ihm gegenüber offensichtlich wurde, sodass er dem Angeklagten vorschlug, das Ganze dem Zufall zu überlassen. Er steckte zwei gleiche Kuverts in eine Kiste: In einem steckte ein Zettel, auf dem das Wort „unschuldig“ geschrieben stand, und auf dem anderen natürlich das Wort „schuldig“. So sollte man zumindest meinen.

Selbstverständlich schrieb der Richter auf beide „schuldig“. Der Angeklagte vermutete das auch schon, da die Streitigkeiten mit dem Richter nicht von ungefähr kamen. Was glaubst du, was der Angeklagte gemacht hat? Er könnte öffentlich verurteilt werden, aber wenn man herausfinden sollte, dass seine Vermutung nicht wahr war, würde er bestraft werden. Doch wenn sie richtig wäre, würde man den Richter vom Richterstuhl stoßen, aber nichts gab ihm Sicherheit darüber, dass das besser wäre.

Was er tat, war einen der beiden Zettel zu essen. Danach sagte er, dass sie wissen würden, welchen er gewählt hatte, weil es das Gegenteil von dem wäre, was auf dem anderen Zettel in der Kiste stand. Auf diesem stand natürlich „schuldig“ und er kam wegen der Dummheit des Richters frei, der nun derjenige war, der seine eigene bittere Pille schlucken musste.

Kommen wir wieder in die Gegenwart zurück: Wir dürfen nicht vergessen, dass wir alle eine ähnlich intelligente Waffe besitzen, wie es der gewiefte Angeklagte tat, und dass wir von ihr Gebrauch machen können, um unser Leben zu retten oder zu verbessern – die Rede ist von unserem Verstand. Wir können zweifellos nicht alles kontrollieren, aber diese Kontrolle geht oftmals weit über das hinaus, was wir vermuten, kontrollieren zu können. Unser wahres Potenzial ist genau in diesem Unterschied zwischen unserer Vermutung und der Realität, zwischen Erfindergeist und Angewohnheit versteckt.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.