Ungesundes Pflichtgefühl und Selbstaufopferung: Lerne Grenzen zu setzen!

Wenn du dich ständig nur um andere kümmerst und dich selbst vernachlässigt, schadest du dir. Dieses Verhaltensmuster ist oft auf schwierige Kindheitserfahrungen zurückzuführen.
Ungesundes Pflichtgefühl und Selbstaufopferung: Lerne Grenzen zu setzen!
Gorka Jiménez Pajares

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Gorka Jiménez Pajares.

Letzte Aktualisierung: 05. Februar 2024

Mitmenschen zu helfen, zeugt von großem Einfühlungsvermögen und ist ein edles Ziel. Du darfst dich deshalb jedoch nicht selbst vernachlässigen. Ungesundes Pflichtgefühl und Selbstaufopferung können langfristig schädliche Folgen haben. Außerdem liegen in den meisten Fällen emotionale Blockaden vor, die nicht verarbeitet wurden.

Der Psychologe Jeffrey Young, Entwickler der Schematherapie, sieht den Ursprung für aufopferndes Verhalten in der Kindheit. In seinem Modell beschreibt er insgesamt 18 Schemata, die durch Gedanken, Wahrnehmungen, Gefühle und Erinnerungen in der Kindheit entstehen, da die Grundbedürfnisse des Kindes nicht erfüllt werden. Das wirkt sich auch im Erwachsenenalter negativ auf das Selbstbild und die Beziehungen zu anderen aus. Wir konzentrieren uns in diesem Artikel auf das Schema der Selbstaufopferung.

Frau hat Tendenz zur Selbstaufopferung
Die Schemata, die in der Kindheit entstehen, können verändert werden.

Kurzer Überblick über die Schematherapie

Young definiert Schemata als Gefühls- und Denkweisen, die Schmerzen verursachen. Sie bilden sich schon in der Kindheit heraus und werden das ganze Leben lang wiederholt. Wenn du denkst “Ich habe es schon wieder getan”, handelt es sich um ein erlerntes, verinnerlichtes Schema, das du automatisch immer wieder wiederholst. Du erkennst Schemata an folgenden Merkmalen:

  • Es handelt sich um Leitfäden, Richtlinien und verinnerlichte Modelle, die sehr weit gefasst und in einer Vielzahl von Situationen verallgemeinert werden.
  • Sie setzen sich aus Gefühlen, Erinnerungen, Gedanken und körperlichen Eindrücken zusammen.
  • Schemata prägen sowohl das Selbstbild als auch unsere Beziehung zu anderen Menschen.
  • Sie entstehen in der Kindheit und Pubertät, können sich jedoch im Laufe des Lebens verändern.
  • Diese Muster können starkes Unbehagen auslösen.

Obwohl sich frühe dysfunktionale Schemata auch ohne traumatische oder missbräuchliche Situationen entwickeln können, entstehen viele durch eine schädliche Umgebung. Es handelt sich um unbewusste Reaktionen auf Umweltreize.

“Schemata führen im Erwachsenenalter dazu, dass eine Person in ihrem jetzigen Leben ungewollt die Bedingungen aus der Kindheit wiederherstellt, die für sie so schmerzhaft waren.”

Jeffrey Young

Ungesundes Pflichtgefühl und Selbstaufopferung: die Folgen

Die Selbstaufopferung ist ein Schema, das die eigenen Bedürfnisse verkümmern lässt. Betroffene setzen sich intensiv für andere ein, vergessen jedoch, dass Selbstfürsorge ebenfalls wichtig ist. Sie entwickeln ein ungesundes Pflichtgefühl und auch Schuldgefühle, wenn sie ihre eigenen Bedürfnisse wahrnehmen. Dieses Muster beeinträchtigt die psychische Gesundheit. Wir betrachten anschließend die häufigsten Schwierigkeiten, die daraus entstehen.

“Das Selbstaufopferungsschema zeichnet sich ebenso wie das Unterwerfungsschema durch eine Neigung zu anderen aus.”

Sara Castellanos Sánchez

Beziehungsprobleme

Die Selbstaufopferung führt häufig zu abhängigen oder missbräuchlichen Beziehungen. Wenn du deine eigenen Bedürfnisse ignorierst, lässt du unbewusst zu, dass dein Partner oder deine Partnerin die rote Linie überschreitet. Es fehlt dir an Selbstbewusstsein und gesunder Selbstliebe.

Vermeidungsverhalten

Selbstaufopfernde Personen versuchen, es allen recht zu machen. Sie erdulden bestimmte Situationen, um Schaden, Konflikte oder Streit zu vermeiden. Da wir alle Fehler machen und niemand perfekt ist, ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Du kannst nicht immer allen gefallen oder alle zufriedenstellen.

Durchsetzungsvermögen

Wenn dich jemand um einen Gefallen bittet, wagst du es nicht, Nein zu sagen. Du fühlst dich sogar schuldig, da dich dein Pflichtgefühl dazu drängt, anderen immer zu helfen. Für andere da zu sein ist wichtig, doch du musst Grenzen setzen und deine Durchsetzungsstärke verbessern.

Selbstaufopferung oder Freundschaft?
Manche Menschen fühlen sich schuldig, wenn sie Nein sagen, da ihr Pflichtgefühl ihre eigenen Bedürfnisse verdrängt.

Erschöpfung durch Mitleid

Selbstaufopfernde Menschen zeichnen sich in der Regel durch ihr außergewöhnliches Einfühlungsvermögen aus. Sie sind darauf trainiert, Anzeichen für Hilfsbedürftigkeit zu erkennen. Da sie sich jedoch selbst vernachlässigen, fühlen sie sich psychisch und physisch erschöpft, insbesondere wenn eigene Probleme dazukommen.

“Manchmal führt dieses Muster zu dem Gefühl, dass die eigenen Bedürfnisse nicht ausreichend erfüllt werden, und zu Ressentiments gegenüber denjenigen, für die man sorgt.”

Jeffrey Young

Die starke Fokussierung auf andere, kann dir selbst schaden. Wenn du die Bedürfnisse andere über deine eigenen stellst, kann es immer wieder zu Beziehungsproblemen, Schuldgefühlen oder Abhängigkeit führen. Du musst lernen, Grenzen zu setzen und Nein zu sagen. Nur wenn du mit dir selbst im Einklang bist, kannst du auch anderen helfen. Zweifle nicht daran, falls nötig professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

“Die typische Herkunftsfamilie basiert auf bedingter Akzeptanz: Kinder müssen wichtige Aspekte ihrer selbst unterdrücken, um die Liebe, Aufmerksamkeit und Anerkennung ihrer Eltern zu bekommen.”

Jeffrey Young

Literaturempfehlung


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  • Young, J. E. (2015). Terapia de esquemas. Desclée de Brouwer.
  • Sánchez, S. M. F. C., Julca, N. M. A. S., & Tapia, C. R. M. (2022). Esquemas desadaptativos y conductas agresivas en adolescentes peruanos. PsiqueMag, 11(2), 89-95.
  • López Pell, A. F., Cid Colom, J., Obst Camerini, J., Rondón, J. M., Alfano, S. M., & Cellerino, C. (2011). Guías esquematizadas de tratamiento de los trastornos de la personalidad para profesionales, desde el modelo de Young, Klosko y Wheishar (2003). Ciencias psicológicas, 5(1), 83-115.

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