Soziale Phobie: Sicherheitsverhalten in angstauslösenden Situationen
Menschen mit sozialer Phobie haben Angst, sich vor anderen lächerlich zu machen oder peinlich zu verhalten. Sie geraten in Panik und reagieren in sozialen Interaktionen mit verschiedenen Angstsymptomen. Betroffene entwickeln in diesen Angstsituationen für das Sicherheitsverhalten charakteristische Strategien, um sich zu schützen. Manche gehen nur in Begleitung aus dem Haus, andere haben immer Tabletten oder Glücksbringer für den Fall der Fälle zur Hand. Es gibt Menschen, die Blickkontakt meiden und andere, die sich zwanghaft an das Lenkrad ihres Auto klammern, da sie Angst haben.
Es gibt zu diesem Thema wenige Studien, doch eine neue Forschungsarbeit von Dr. Prieto-Fidalgo, Miers und Calvete bringt etwas Licht in die Dunkelheit. In diesem erklären wir, was Sicherheitsverhalten bedeutet und zu welchen Schlussfolgerungen das Forscherteam kommt.
Soziale Phobie
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt die soziale Angststörung als intensive Angstreaktion auf eine oder mehrere soziale Situationen. Betroffene können mit Panik reagieren, wenn sie ein Gespräch führen oder einen Vortrag halten müssen, wenn sie an einer öffentlichen Veranstaltung teilnehmen müssen oder in anderen sozialen Situationen das Gefühl haben, sich lächerlich zu machen oder peinlich zu verhalten.
Sie ziehen sich deshalb zurück und vermeiden soziale Ereignisse. Außerdem entwickeln sie ein charakteristisches Sicherheitsverhalten, um mögliche Angstsymptome zu verbergen.
Die Symptome der sozialen Phobie können so stark sein, dass sie das Leben in allen Bereichen stark beeinträchtigen.
Sicherheitsverhalten
Verschiedene Modelle, insbesondere innerhalb der kognitiven Verhaltenstherapie, versuchen das Sicherheitsverhalten von Menschen mit Angststörungen zu erklären. Sie haben zwei Prozesse identifiziert, die dabei eine wesentliche Rolle spielen:
- Menschen mit sozialer Phobie neigen dazu, mehrdeutige Situationen aus einer negativen, verzerrten Perspektive zu interpretieren.
- Um ihr Unbehagen und ihre Angst zu verringern, entwickeln sie typisches Sicherheitsverhalten und Vermeidungsstrategien.
Betroffene interpretieren angstauslösende Situationen durch den Filter der Voreingenommenheit. Ein Beispiel: Wenn eine Person mit einer sozialen Angststörung im Lebensmittelgeschäft an der Kasse glaubt, dass sie von der Kassiererin einen bösen Blick erhält, interpretiert sie, dass sie selbst diese Person irgendwie verärgert hat und entwickelt deshalb Angstsymptome.
Das Sicherheitsverhalten soll betroffene Menschen in Angstsituationen schützen. Sie vermeiden es, anderen Personen in die Augen zu schauen oder die Aufmerksamkeit der umstehenden Menschen zu erregen. Dadurch wird die Kommunikation gestört, denn Menschen mit sozialer Phobie glauben, von anderen als ängstlich wahrgenommen zu werden und erbringen in der Folge schlechtere Leistungen.
“Eine Fehlinterpretion erfolgt, wenn ein Jugendlicher eine Gruppe von Menschen, die tuscheln, so interpretiert, als würden sie negativ über ihn sprechen. Wenn Menschen mit einer sozialen Phobie mit einer als bedrohlich empfundenen sozialen Situation konfrontiert werden, setzen sie Sicherheitsverhalten ein, um sowohl die Symptome als auch die Möglichkeit einer negativen Bewertung durch andere zu verringern.”
Prieto-Fidalgo
Forschungsergebnisse
Verzerrte Interpretationen und Sicherheitsverhalten stellen Risiken für die Entwicklung einer sozialen Angststörung dar. Auch wenn die sozialen Interaktionen online stattfinden, sind diese beiden Verhaltensmuster zu beobachten. Die Wissenschaftler zeigen auf, dass die Fehlinterpretation in Online-Situationen (über Apps wie Instagram, Facebook oder Tinder) das Sicherheitsverhalten begünstigt.
Allerdings ist die Intensität dieser Verhaltensweisen im Vergleich zum realen Leben geringer, weil Online-Situationen als “weniger gefährlich” Menschen mit sozialer Phobie digitale Begegnungen in der Regel als weniger bedrohlich wie Situationen in der realen Welt betrachten. Die Forscher betonen, dass angesichts der wachsenden Bedeutung sozialer Netzwerke mehr Forschung in diesem Bereich notwendig ist.
“Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass schon die Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen dazu führen kann, dass die Situation als riskanter interpretiert wird.”
Van den Hout
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Prieto Fidalgo, Á., Miers, A. C., & Calvete Zumalde, E. (2022). Interpretation biases in social scenarios and social anxiety: The role of safety behaviors. Psicothema.