Sie drehte die Musik auf, um für eine Weile ihr Leben leise zu stellen

Sie drehte die Musik auf, um für eine Weile ihr Leben leise zu stellen

Letzte Aktualisierung: 04. April 2017

Sie war diese ewigen Vorwürfe leid und entschloss sich tränenüberströmt dazu, die Musik aufzudrehen, um für eine Weile das Leben leise zu stellen. Sie wollte so die Schreie und Beleidigungen übertönen und einen Moment lang Ruhe genießen. Aber ihr Verstand hörte nicht auf, ihr Vorwürfe zu machen und das zu glauben, was er ständig hörte.

Als ihr ihre Tränen bei aufgedrehter Musik die Wangen hinunterliefen, versuchte sie sich vorzustellen, an einem anderen Ort zu sein. Jeder Ort wäre ihr recht, an dem sie sich nicht das anhören müsste, was sie verletzte. Das kann doch nicht das Leben sein! Ein Leben voller Schreie ist kein lebenswertes Leben. Sie war sich sicher: Das wahre Leben besteht nicht aus ständigen Vorwürfen. Auch wenn das alles war, was sie kannte.

Sie war davon überzeugt, dass sie nicht gut genug sei, und hatte jegliche Hoffnung verloren, dass sich etwas ändern würde. Sie würde sich durch ihr Leben leiten lassen von dem, was sie hörte. Und diese Entscheidung führte dazu, dass sie sich in ihrer eigenen Welt verlor und dass die Schreie zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wurden.

Ihre Stimme wurde zu einem Flüstern, weil sie gegen diese unermüdlichen Stimmen in ihrem Inneren nicht ankämpfen konnte.

Wörter können wie Geschosse mitten ins Herz treffen

Und so wie ein kleiner Vogel mit einem gebrochenen Flügel, den man in eine Kiste legt, blieb sie in dieser Welt der Verrückten und voller Unrecht. Denn jeden Tag aufs Neue zu hören, dass man nichts nütze, dass man von anderen gar nicht wahrgenommen werde und dem nicht entfliehen könne, tötete sie langsam und zeigte ihre nur, wie man hasst.

Dieser Hass, der in ihrem Inneren entstand und sie langsam auffraß – es gibt keine schlimmere Strafe, als sich die Worte anderer zu sehr zu Herzen zu nehmen, weil Worte wie Geschosse sind, die mitten ins Herz treffen und das Blut mit dem Gift der Angst und Gleichgültigkeit infizieren. Und so tat sie alles, was andere wollten, ohne daran zu denken, was sie will.

Als sie nur noch eine Karikatur ihrer selbst war, wurde jeder Schrei zu einem weiteren Stein auf ihrem Grab. Tot im Leben und wie ein Roboter machte sie das, was andere von ihr verlangten, um sich nicht noch mehr Vorwürfe anhören zu müssen, die sie verletzen würden. Und es gab längst keine Musik mehr, weil in ihrem Inneren kein Leben mehr war. Keine Melodie könnte sie das Fegefeuer vergessen lassen, das sie verspürte.

Die Worte anderer haben sie im Leben beerdigt, da sie, wie ihr gesagt wurde, nicht einmal die geringsten Erwartungen erfüllen konnte.

Es ist ein Fehler, zu versuchen, die im Kopf zu hörenden Schreie zu unterdrücken, wenn sie das Herz vergiften

Und so verbrachte sie ihre Tage und trug ein Lächeln als Maske. Bis sie eines Tages bemerkte, dass sie diese Schreie nicht mehr hörte, aber in ihrem Inneren war auch kein Frieden zu spüren. Sie fühlte sich leer und missverstanden und begriff nicht, wieso sie nicht glücklich war, wenn sie doch keine Schreie, Vorwürfe oder Beleidigungen mehr hörte, die sie herunterzogen.

Sie begann sich also zu fragen, was sie wirklich wollte, was sie sich immer gewünscht hatte, und sie verstand, dass es nicht das Verstummen der Schreie war. Sie wollte frei sein und ihr Leben leben, unabhängig von dem, was ihr andere sagten, ohne ihre Erwartungen erfüllen zu müssen.

Sie verstand letztendlich, dass es ein Fehler war, zu versuchen, die im Kopf zu hörenden Schreie zu unterdrücken, wenn sie doch ihr Herz vergifteten. Wenn sie einen mit jedem Herzschlag daran erinnerten, dass man sich verloren hatte, weil man nicht seinen eigenen Weg gegangen war. Sie atmete tief ein und ließ ihrer Vorstellungskraft freien Lauf. Sie drehte die Musik wieder auf, aber dieses Mal, um der Melodie ihres Herzens zuzuhören.

„Hör auf damit, Prognosen zu machen, weil sie immer nach hinten losgehen. Hör auf, Erwartungen zu haben, weil man immer enttäuscht wird. Höre zu, lerne, liebe es, wie es ist. Fühle den Herzschlag des Lebens und lass dich mitreißen.“

Francesc Miralles

Du bist, wer du bist, und nicht das, was andere sagen

Sie entschied sich somit, dass niemand ihr ihren Weg vorgeben würde. Dass sie nicht der Mensch war, den sie ihr versuchten, zuzuschreiben, dass sie nicht unnütz oder faul oder ein Nichts war. Auch wenn sie genau das hörte, war sie rein gar nichts davon. Sie öffnete langsam den Rucksack, den sie auf ihrem Rücken trug und in den sie die Steine hineingetan hatte, die man ihr in den Weg gelegt hatte. Und sie entdeckte, dass jeder Stein im Grunde genommen die Worte waren, die sie sich anhören musste.

Sich selbst liebend und mit der Musik ihres Herzens wagte sie diesen Schritt und so entschloss sie sich, dass die Steine anderer niemals mehr ihren Weg bestimmen sollten, weil sie die folgenden Schritte gehen würde:

  • Unterwürfig den Wünschen anderer zu gehorchen, bringt nur Schmerz mit sich: Sie entschied sich dazu, dass sie immer zuerst auf sich hören würde. Denn auch sie war wichtig und wenn sie sich selbst nicht wertschätzte, dann würden das andere auch nicht tun.
  • Du bist wer du bist und nicht das, was andere sagen: Sie entschied sich dazu, dass es ihr egal sein konnte, ob es 1.000 Gerüchte über sie gab, ob andere jeden ihrer Schritte bewerten würden, denn nur sie kannte ihre Welt und ihre Umstände. Nur sie wusste, wie sie war und was sie in der Lage war, zu erreichen, auch wenn ihr niemand zuhören wollte.
  • Egal, was du machst, du wirst Fehler machen: Aber es ist immer besser sich bei etwas zu irren, das wir lieben, als blind die Erwartungen anderer zu erfüllen. Sie lernte, dass nicht alles, was sie machen, jedem gefallen würde, und sie akzeptierte das, denn jetzt hatte sie Eigenliebe in sich.
  • Sich selbst zuzuhören ist die beste Entscheidung, die wir im Leben treffen können und deshalb folgte sie der Melodie ihres Herzens, weil sie ihr zeigt, was sie wirklich braucht.
  • Bösen Worten keine Beachtung schenken: Sie lernte Beleidigungen, Schreien und zerstörerischer Kritik, die ihr rein gar nichts brachten, keine Beachtung zu schenken. Nur konstruktive Kritik, die die Gründe dafür erklären, seien sie nun wahr oder nicht, sollte gehört werden.

Und wie eine richtige Kriegerin, die zeigt, wie mutig sie ist, lebte sie ihr Leben wieder nach ihren eigenen Vorstellungen und nicht nach denen anderer. Mit einem großen Lächeln auf den Lippen und voller Entschlossenheit nahm sie die Zügel ihres Lebens wieder selber in die Hand. Sie musste fortan nie wieder die Musik aufdrehen, um für eine Weile das Leben leise zu stellen, denn sie und ihr Herz spielten die Melodie ihres Lebens.

Ein Leben ohne Erwartungen

Erwartungen lassen uns nicht frei leben. Sie lassen uns
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