Selbstverletzendes Verhalten: So kannst du helfen
Selbstverletzendes Verhalten (SVV) ist der Ausdruck extremer seelischer Belastung. In den meisten Fällen sind es Jugendliche, die sich unter anderem durch Ritzen, Verbrennungen oder Schnitte selbst Wunden zufügen, um durch die Ausschüttung von Endorphinen Erleichterung zu finden. Manchmal sind Suizidgedanken vorhanden, doch nicht-suizidales Verhalten ist häufiger.
Eine Studie der Bundesuniversität von Bahia in Brasilien sowie andere Forschungen zeigen, dass die weltweite Prävalenz von Autoaggressionen in der jugendlichen Bevölkerung sehr hoch ist. Etwa 20 % der Jungen und Mädchen sind davon betroffen. Es ist eine Realität, die große Auswirkungen auf die betroffenen Familien und unsere Gesellschaft hat und ein sensibles Verständnis und Vorgehen erfordert.
Wir zeigen anschließend verschiedene Schritte auf, um Personen in dieser Situation helfen zu können.
Selbstverletzendes Verhalten ist bei Frauen häufiger.
Selbstverletzendes Verhalten: So kannst du helfen
Die State University of New Jersey weist in einer Studie darauf hin, dass dieser körperliche Schmerz ein Mittel ist, um von emotionaler Not abzulenken. Nicht-suizidale Selbstverletzungen stellen außerdem den Versuch dar, etwas zu fühlen, denn die Gefühllosigkeit der betroffenen Personen ist sehr tief. Wenn du jemanden in dieser Situation kennst, möchtest du ihr natürlich helfen, du solltest dabei jedoch einige Aspekte berücksichtigen.
Eine Person, die sich selbst verletzt, empfindet Scham. Sie verfügt über keine anderen Ressourcen, um ihren seelischen Schmerz zu lindern.
1. Vermeide Urteile
Kommentare wie “Warum machst du das?”, “Bist du verrückt?” oder “Hör damit auf!” sind absolut kontraproduktiv. Verzichte auf Urteile, Kritik und impulsive Bemerkungen. Bleibe ruhig und vergiss nicht, dass eine selbstverletzende Person keine anderen Ressourcen hat, um ihr seelisches Leid zu lindern.
2. Erkenne ihre Gefühle an und gib ihr Raum
Selbstverletzendes Verhalten ist ein dysfunktionaler Mechanismus, um mit schwerer emotionaler Not umzugehen. Dieser Leidensdruck verschwindet nicht, wenn du der Person sagst: “Es wird alles gut” oder “Vertrau mir, ich werde dir helfen”. Die meisten selbstverletzenden Personen schämen sich für ihr Verhalten. Es fällt ihnen schwer, sich für einen Dialog zu öffnen. Zeige Verständnis und Einfühlungsvermögen: “Wie fühlst du dich?” Auch wenn sich die Person schwer dabei tut, ihre Gefühle in Worte zu fassen, spürt sie, dass du für sie da bist. Gib ihr Raum und Zeit.
3. Zeige Anteilnahme und Fürsorge
“Du bist nicht allein, sag mir, wenn du etwas brauchst.” Selbstverletzendes Verhalten weist auf Einsamkeit hin. Betroffene Personen benötigen Unterstützung, auch wenn es ihnen schwerfällt, sich zu öffnen. Teile der Person mit, dass du dir aufrichtige Sorgen machst, ohne dich aufdrängen zu wollen. Zeige dein Interesse, damit die Person sieht, dass du für sie da bist und sie begleitest.
4. Sei unvoreingenommen
Vermeide es, auf die Verletzungen zu starren. Die selbstverletzende Person fühlt sich dabei unwohl und schämt sich. Sei unvoreingenommen und gib der Person zu erkennen, dass keine Erklärung oder Entschuldigung nötig ist. Die Stigmatisierung sollte unbedingt vermieden werden. Überlege dir bewusst, was du sagst, um keine Mauern aufzubauen. Du kannst versuchen, die körperlichen Wunden zu behandeln, in vielen Fällen ist jedoch medizinische Hilfe nötig.
Selbstverletzendes Verhalten bleibt oft unbemerkt, denn Betroffene verstecken ihre Wunden geschickt.
5. Du kannst keine Verantwortung übernehmen
Wenn du selbstverletzendes Verhalten bei einem geliebten Menschen entdeckst, vergiss nicht, dass du keine Verantwortung dafür hast. Du kannst die Person nicht “retten”, kannst jedoch versuchen, ihr zu helfen. Deine Rolle besteht darin, sie zu unterstützen, zu verstehen und zu begleiten. Auch wenn es in dieser Situation schwierig ist, musst du ihr Vertrauen schenken.
6. Fachärztliche Hilfe
In dieser komplexen Situation musst du versuchen, die selbstverletzende Person dazu zu bringen, fachärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie benötigt eine Psychotherapie und ärztliche Versorgung. Wenn sie in ihrem Umfeld zusätzlich Unterstützung erhält, sind die besten Voraussetzungen gegeben, um der Person zu helfen.
Schlussbemerkung
Als Familienmitglied, Freund oder Partner einer selbstverletzenden Person musst du wissen, dass du Gründe hinter diesem Verhalten nie ganz verstehen wirst. Es ist schwer, sich damit abzufinden, vergiss jedoch nicht, dass psychische Probleme sehr vielfältige Realitäten zum Ausdruck bringen und oft nur begrenzt nachvollziehbar sind. Du musst jedoch wissen, dass es Behandlungen gibt, die der Person helfen. In einer Psychotherapie erhält sie Ressourcen und Strategien, um dieses Verhalten zu überwinden und seelischen Schmerz zu überwinden.
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