Relationale Amnesie: Wenn dein Partner wichtige Dinge vergisst

Du ärgerst dich, wenn dein Partner wichtige Ereignisse einfach vergisst? Erfahre heute, woran dies liegen könnte.
Relationale Amnesie: Wenn dein Partner wichtige Dinge vergisst
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 15. November 2021

Relationale Amnesie geht über das Vergessen des Hochzeitstages oder des Geburtstags hinaus. Sie kann zu Diskussionen, Frustration und Unwohlsein führen, wenn der Partner oder die Partnerin besonders wichtige Augenblicke in der Beziehung vergisst. Wie kommt es dazu? Welche Gründe führen dazu, dass wichtige gemeinsame Erlebnisse verblassen und die Erinnerung daran erlischt?

Die einfachste Antwort ist, dass jeder Mensch Dinge unterschiedlich erlebt und verarbeitet. Was für den einen wichtig ist, hat für den anderen vielleicht keine besondere Bedeutung. Dies bedeutet jedoch noch lange nicht, dass diese Person ihren Partner weniger liebt. Wir erinnern uns alle an magische Momente, doch jede Person hat ihre eigene Schatzkiste voller Erinnerungen.

In manchen Beziehungen behält jedoch ein Partner jeden Augenblick in Erinnerung, während sich die andere Person mehr auf das Hier und Jetzt konzentriert. Dies ist der Grund für Diskussionen und sogar Enttäuschungen, die zu Reibungen und Problemen führen können. Wir analysieren diese Situation anschließend etwas genauer.

Wenn sich der Partner oder die Partnerin nicht an besonders wichtige Ereignisse erinnert, führt dies häufig zu  Enttäuschungen oder Zweifeln.

Relationale Amnesie: Wenn dein Partner wichtige Dinge vergisst

Was ist relationale Amnesie?

Relationale Amnesie ist kein klinisches Krankheitsbild, sondern ein alltägliches Phänomen, bei dem eine Person Details ihrer Beziehung vergisst. Es handelt sich nicht um ein kognitives Defizit, sondern um eine wiederkehrende Erfahrung, die zum Anlass für Diskrepanzen und Diskussionen wird.

So kann es dazu kommen, dass der Partner oder die Partnerin ein Versprechen oder ein wichtiges Ereignis vergisst, sich nicht mehr an eine Diskussion erinnert oder nicht an ein wichtiges Jubiläum denkt. Gemeinsame Erinnerungen, die einen wichtigen Teil der Beziehung ausmachen, sind teilweise nicht mehr vorhanden.

In vielen Beziehungen erinnert sich ein Partner an praktisch alles, während der andere die wichtigsten Dinge vergisst. Dies kann zu gegenseitigen Vorwürfen führen, denn eine Person nimmt Dinge viel zu wichtig, die für die andere keine Bedeutung haben. Enttäuschung macht sich breit, wenn sich der Partner an für die Beziehung wesentliche Augenblicke nicht erinnern kann. Anschließend betrachten wir mögliche Gründe für diese Situation.

Gründe für relationale Amnesie

Die Wahrheit ist, dass relationale Amnesie oder das Vergessen von Aspekten im Kontext der Beziehung zum Teil ernste Konsequenzen haben kann. Manche treiben diese Situationen auf die Spitze, ohne die Gründe zu berücksichtigen. Ein von Natur aus vergesslicher Mensch, schenkt seiner affektiven Bindung vielleicht nicht die nötige Aufmerksamkeit. Die Person, die sich an alles erinnert, kann jedoch rechthaberisch sein und glauben, die einzige Wahrheit zu besitzen.

Vielleicht ist sogar ein gewisser Neurotizismus im Spiel, der, wie aus einer Studie der University of California hervorgeht, in einer Beziehung zu Unzufriedenheit führt.

Ein gemeinsames Leben, verschiedene Geschichten, aber ähnliche Gefühle

Eine Beziehung bedeutet nicht, dass beide Partner dasselbe tun, fühlen oder erfahren müssen. Jede Person hat ihr Eigenleben, auch innerhalb einer Partnerschaft. Dies hat nichts damit zu tun, dass sie ihren Partner oder ihre Partnerin weniger liebt. Jede Person lebt ihre eigene Geschichte und interpretiert ihre Realität auf unterschiedliche Weise. Auch die Aufmerksamkeit gilt oft unterschiedlichen Dingen, das ist ganz normal.

Du solltest es deshalb nicht so wichtig nehmen, wenn dein Partner oder deine Partnerin ein Jubiläum vergisst, oder nicht mehr weiß, worüber ihr bei eurem letzten Restaurantbesuch gesprochen habt. Gefühle sind wichtig, Handlungen und Absichten sind maßgeblich.

Wenn Vergessen mangelndes Interesse widerspiegelt

Es gibt viele Arten von relationaler Amnesie. Wie bereits erwähnt, kann es zu sporadischer Vergesslichkeit kommen, die jedoch noch lange nicht von fehlender Zuneigung zeugt. Es kann allerdings auch der Fall sein, dass eine Person kein Interesse mehr zeigt und in Gedanken bereits weit weg ist. In diesem Fall handelt es sich um ein Beziehungsproblem, das die relationale Amnesie verursacht.

Relationale Amnesie und passiv-aggressive Personen

Passiv-aggressive Menschen nutzen Vergesslichkeit in einer Beziehung oft zur Manipulation oder um dem Partner oder der Partnerin zu schaden. Verschiedene Studien, unter anderem auch eine an der University of Michigan durchgeführte Forschungsarbeit, erinnern uns daran, dass sich hinter diesem Verhalten oft Narzissmus oder eine Borderline-Persönlichkeitsstörung verstecken.

Betroffene Menschen greifen oft auf Lügen zurück. Sie behaupten, sich an etwas nicht zu erinnern, um ihrer Verantwortung zu entkommen oder andere auf emotionaler Ebene zu manipulieren. 

Relationale Amnesie: Wenn dein Partner wichtige Dinge vergisst

Relationale Amnesie durch Routine und nicht existierende Beziehungen

Manchmal ist relationale Amnesie das Ergebnis des belastenden Alltags, einer Realität, in der Paare zwar Raum und Zeit teilen, in Wahrheit jedoch weit voneinander entfernt sind. Es mangelt an Leidenschaft, Monotonie macht sich breit. Arbeit, Stress, Unsicherheit und Vernachlässigung bestimmen den Alltag.

In diesem Kontext ist es einfach, wichtige Ereignisse zu vergessen, denn der Geist ist nicht im Hier und Jetzt verankert, sondern wandert diffus und verloren durch eine andere Realität. Wenn das Paar in dieser Situation seine Beziehung retten möchte, muss es aktiv werden, ansonsten wird sie scheitern.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es viele Gründe gibt, warum wir bestimmte Erinnerungen vernachlässigen oder vergessen. Eine genaue Zuordnung des Phänomens ist der erste Schritt, um diese Realität zu verstehen und handlungsfähig zu sein.


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