Phubbing: Wie Handys unsere Beziehungen zerstören

Phubbing: Wie Handys unsere Beziehungen zerstören
Gema Sánchez Cuevas

Geschrieben und geprüft von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Letzte Aktualisierung: 24. März 2018

Die Technologie hört nie damit auf, uns zu überraschen. Jedes Jahr kommen neue Handys, Tablets, Computer und andere elektronische Geräte auf den Markt und alle sind moderner als die, die letzte Woche vorgestellt wurden. Dasselbe passiert mit Apps und Programmen, die uns auf moderne Weise kommunizieren lassen.

Die ersten Handys waren eine wahre Revolution. Jeder sprach davon, wie einfach es nun auf einmal war, Gespräche mit Menschen zu führen, die hunderte von Kilometern entfernt lebten. Es grenzt jedoch an Ironie, wie diese Geräte, die uns mit weit entfernten Menschen verbinden könnten, uns tatsächlich von denen entfernen, die nah bei uns sind.

Heute stehen Menschen stundenlang vor einem Laden Schlange, um das neueste Modell zu kaufen. Es gibt Teenager, die dafür leben, in den sozialen Medien Likes zu sammeln, und es gibt gar neue Erkrankungen, die entstehen, wenn derartige Ziele nicht erreicht werden. Was als bahnbrechende Neuheit begann, hat inzwischen die Welt erobert und wird zu einer Sucht, die „Phubbing“ genannt wird. Und das „Phubbing“ ist hier, um zu bleiben.

Was ist Phubbing?

Das Wort „Phubbing“ wurde vor ein paar Jahren in Australien kreiert, als Verkettung der Worte „phone“ (Telefon) und „snubbing“ (jemanden vor den Kopf stoßen). Wir könnten es so definieren, dass man seinen Gegenüber oder seine Umgebung nicht länger wertschätzt, weil man auf sein mobiles Gerät fokussiert ist.

Die Sucht, die diese Geräte verursachen, distanziert Menschen von ihrer Realität. Stattdessen richten sie ihre Aufmerksamkeit auf eine virtuelle Realität, die aber alles andere ist als real. Heute ist diese Art der Sucht ein sehr häufig anzutreffendes und nicht umstrittenes Phänomen, dessen Krankheitswert von der Bevölkerung kaum anerkannt wird. Loyale Verfechter der neuen Technologien – und sie stellen die Mehrheit – behaupten diesbezüglich, das das Phubbing nur ein Kollateralschaden sei. Sie sagen, dass die Echtzeit der geringe Preis sei, den wir für die Verbindung mit der Welt zahlen müssten.

Partner mit ihren jeweiligen Telefonen beim Phubbing

Auf der anderen Seite sind jene, die dem Thema sehr kritisch gegenüberstehen. Sie sind überzeugt, dass das Leben der Gesellschaft, vor allem der jüngeren Bevölkerung, durch diese Obsession bestimmt würde. Ihr Standpunkt wird nicht nur von Sehnenscheidenentzündungen, Sehstörungen und Rücken-, Nacken- und Kopfschmerzen gestützt. Es geschehen Verkehrsunfälle, weil die Menschen nicht aufpassen, wenn sie über die Straße gehen oder gar selbst fahren.

„Das eigentliche Problem ist nicht, dass Maschinen denken können, sondern dass Menschen es verlernen.“

B. F. Skinner

Die Sucht danach, in den sozialen Medien Anerkennung und Ruhm zu erhalten, bringt physische, psychische und soziale Probleme mit sich. Darüber hinaus zeugt es von einem Mangel an Respekt, wenn man seine Aufmerksamkeit mehr auf sein Handy als auf seine Beziehung, Freunde oder Familie richtet.

Krankheiten, die mit dem Phubbing im Zusammenhang stehen

Das Phubbing könnte eines der bekanntesten Probleme sein, die mit zu hohem Konsum von Facebook, Twitter & Co. einhergehen, doch es gibt noch weitere, ungewöhnliche, aber durchaus ernstzunehmende Störungen, die mit den modernen Kommunikationstechnologien im Zusammenhang stehen. Wir können sie mithilfe eines ausgebildeten Spezialisten erkennen und er kann uns auch hinsichtlich einer möglichen Therapie beraten.

FOMO (Fear of Missing out – oder: Die Angst, etwas zu verpassen)

FOMO das Bedürfnis, immer auf dem Laufenden zu bleiben, ja nichts zu verpassen. Die Besessenheit davon, auf Facebook oder in anderen sozialen Medien ständig präsent zu sein und die Posts der Freunde zu überprüfen, ist ungesund.

Betroffene sind nicht dazu in der Lage, das Haus ohne ihr Handy zu verlassen. Sie lehnen gar die Teilnahme an Ausflügen und anderen Aktivitäten ab, wenn diese bedeuten würden, dass sie nicht online sein könnten.

Die Nomophobie

Die Nomophobie ist die Panik, die im Betroffenen aufsteigt, wenn er sein Handy nicht dabei hat. Sie kommt auch auf, wenn das Gerät nicht funktioniert, oder es jemand gestohlen hat. Betroffenen ist es in solchen Situationen egal, wie viel eine Reparatur oder ein neues Handy kostet – sie sind bereit, jeden Preis zu zahlen.

Denn Nomophobie ist wahre Angst und kann Panikattacken zur Folge haben, was die Lebensqualität der Patienten vermindert. Wie bei den Menschen, die an FOMO leiden, ist auch hier die größte Sorge, dass man etwas verpassen könnte, wenn man sein Handy nicht dabei hat.

Die Cyberchondrie

Die Cyberchondrie ist eine der häufigsten Erkrankungen, die im Zusammenhang mit der Nutzung von Handys auftreten. Das Internet ist eine reichhaltige Quelle an Informationen, doch wir müssen uns daran erinnern, dass es kein Arzt ist und auch keinen Arzt ersetzten kann. Dennoch ziehen viele Menschen es vor, im Internet nach Symptomen und möglichen Krankheiten zu suchen. Und schließlich diagnostizieren sie sich selbst mit Krankheiten, die sie eigentlich nicht haben, und verzweifeln an ihren schrecklichen Prognosen.

Frau, die sich unwohl fühlt, sucht im Internet nach Informationen

Dieser Glaube, dass jedes Forum oder jede Internetseite vertrauenswürdig sei, macht Menschen zu Hypochondern. Sie denken, dass sie eine Krankheit haben könnten, was gefährlich wird, wenn sich sich dazu entschließen, sich selbst zu behandeln, oder wenn sie sich in ihre eigene Diagnose so hineinsteigern, dass es psychische Folgen hat.

Das Phantom-Vibrations-Syndrom

Es gibt eine Erkrankung, bei der Menschen denken, dass sie ihr Handy klingeln hören. Sie fühlen aufgrund ihrer Obsession für ihr Handy Vibrationen, die nicht existieren. Selbst wenn ihr Display nicht aufleuchtet, bleiben sie davon überzeugt, dass sie eine Vibration vernommen hätten.

Der Google-Effekt

Dies ist einer der weniger bekannten Effekte der übermäßigen Handynutzung, doch langfristig einer der bedeutendsten. Unser Gehirn gewöhnt sich so sehr daran, Dinge im Internet nachzuschauen, dass es aufhört, Informationen so aufzunehmen, wie es das sonst tun würde. Langfristig kann dies im Unvermögen enden, Informationen im Gedächtnis zu speichern und abzurufen. Diese Störung hat also sehr negative Auswirkung auf unsere Gedächtnisleistung.

Neue Technologien können uns auf verschiedene Art und Weise helfen, doch sie können auch Probleme verursachen. Neben den oben genannten Störungen treten auch bekannte Erkrankungen häufiger auf, wenn wir nur noch online leben. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit mehr auf einen Bildschirm als auf das zu richten, was um uns herum passiert, sind die Konsequenzen verheerend. Mit anderen zu interagieren und an unsere Gesundheit zu denken, ist wichtiger als das Internet. Das ist etwas, dass wir uns immer in Erinnerung rufen sollten.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.