Philosophische Gedanken über Leben und Tod

Wir alle wissen, dass der Tod unausweichlich ist, stellen uns jedoch die Frage, was danach kommt. Begleite uns auf einer kurzen philosophischen Reise, die dich anregt, über dieses Thema nachzudenken.
Philosophische Gedanken über Leben und Tod

Letzte Aktualisierung: 03. Juli 2023

Ist der Tod eine Reise ins Jenseits, eine Seelenwanderung, wie sie Pythagoras in seiner Lehre beschreibt? Gibt es eine Wiederauferstehung von Körper und Seele wie in der jüdischen, christlichen oder islamischen Religion? Wir laden dich heute ein, mit uns über Leben und Tod zu philosophieren, über die Unsterblichkeit des menschlichen Daseins und darüber, was uns am Ende unserer irdischen Reise erwartet.

Philosophische Gedanken über Leben und Tod

Alle Kulturen haben sich im Laufe der Geschichte mit Fragen über Leben und Tod befasst. Nikos Kokosalakis weist in einem in der Zeitschrift Society veröffentlichten Artikel darauf hin, dass sich die philosophischen Überlegungen darauf konzentrieren, was mit Körper und Seele nach dem Tod passiert. In diesem Zusammenhang ist die Seele eine religiöse oder spirituelle Dimension, die sich vom Körper lösen und weiterleben kann.

Wir analysieren nachfolgend die wichtigsten philosophischen Positionen zu diesem Thema.

Platon: Seele und Körper

Der griechische Denker ging davon aus, dass der Mensch aus Körper und Seele besteht, wobei letztere göttlichen Ursprungs und unsterblich ist. Der Körper hingegen ist das sterbliche Gefängnis der Seele. Platon zufolge ist deshalb der Tod ein Prozess, durch den sich die Seele von den Fesseln des Körpers befreit. In der platonischen Vorstellung gibt es also keinen Tod, denn die Seele lebt weiter und der Körper hat keinen Wert.

Sobald sich die Seele befreit, kann sie nach einem besseren Leben streben. Deshalb ist es in der platonischen Lehre grundlegend, sich durch Wissen und Tugenden um die Seele zu kümmern.

Aristoteles: Leib, Seele und Materie

Der griechische Universalgelehrte war davon überzeugt, dass alle Lebewesen aus Körper, Seele und Materie bestehen, auch Pflanzen und Tiere. Allerdings zeigt die menschliche Seele einige Besonderheiten auf.

Aristoteles differenziert verschiedene Seelenvermögen: Ernährung, Wahrnehmung, Fortbewegung und Vernunft. Nur der Mensch hat ein intellektuelles Vermögen: die Fähigkeit zur Vernunft, das Denkvermögen, das es ihm ermöglicht, Wissen zu erlangen.

Aristoteles geht davon aus, dass die Seele als Form die Materie (den Körper) zum Leben erweckt. Die Seele strukturiert und organisiert die Materie (den Körper). Der Tod ist das biologische Ende des Lebens, das zu einer Trennung von Leib und Seele führt: Jener Teil der Seele, der für das Nachdenken zuständig ist, kann vom Körper getrennt weiter existieren, denn dieser Teil ist unsterblich.

“Die Seele ist also Ursache und Prinzip des lebenden Körpers.”

Aristoteles

Epikur: Tod und Nicht-Leben

Der griechische Philosoph lehrt, dass wir den unausweichlichen Tod akzeptieren müssen. Er differenziert das Leben und das Nicht-Leben nach dem Tod auf radikale Weise: Solange wir leben, ist der Tod nicht existent, sobald wir tot sind, existieren wir nicht mehr. Da der Tod das Ende aller Empfindungen bedeutet, können wir nicht beurteilen, ob das Nicht-Leben gut oder schlecht ist.

Im Gegensatz zu Platon glaubt Epikur nicht an ein Leben nach dem Tod: Der hellenistische Philosoph geht davon aus, dass die Seele mit dem Körper stirbt. 

Deshalb ist es auch absurd, Angst vor dem Tod zu haben: Im Nicht-Leben gibt es nichts zu befürchten. Dazu kommt, dass nur die Endlichkeit Genuss und Glück im Leben ermöglicht. Wäre unser Leben unendlich, wären wir in ewigem Unglück gefangen.

Das vierfache Heilmittel von Epikur lautet: “Wir müssen die Gottheit nicht fürchten. Tod bedeutet Empfindungslosigkeit. Das Gute ist leicht zu beschaffen. Das Schlimme ist leicht zu ertragen.” Der Philosoph erinnert uns daran, dass wir Prioritäten setzen und uns auf das Hier und Jetzt konzentrieren müssen.

“Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr.”

Epikur

Seneca: das Leben als Lernphase

Der römische Philosoph betrachtet das Leben als Vorbereitung auf den Tod. Wir müssen das Ende des Lebens mit Resignation und Freude annehmen, denn es trifft mit absoluter Sicherheit ein. Wenn wir uns keine Sorgen um den Tod und was danach kommt machen, können wir die Gegenwart intensiver genießen. 

Wie Epikur weist Seneca darauf hin, dass die Furcht vor dem Tod unnötig ist. Vielmehr müssen wir diesen als natürliche Notwendigkeit akzeptieren. Wir müssen jedoch versuchen, “gut” zu sterben, indem wir das Leben als Lernphase für den Tod betrachten. Diese Auslegung ermutigt uns dazu, “gut” zu leben, das heißt, das Leben sinnvoll nach den römischen Tugenden zu nutzen.

Spinoza: die Erfahrung des Todes

In seinem Artikel Spinoza’s guide to life and death beschreibt der US-amerikanische Philosoph Steven Nadler die Gedanken des niederländischen Philosophen Baruch de Spinoza über den Tod. Spinoza glaubt nicht an ein Jenseits oder an Himmel und Hölle, auch nicht an Schmerz oder Erlösung. Da es nach dem Tod nichts gibt, ist es sinnlos, damit Zeit zu verlieren oder sich Sorgen zu machen.

Spinoza leugnet die Unsterblichkeit: Er geht davon aus, dass die Seele mit dem Körper stirbt. Daher ist es für ihn nur sinnvoll, über das Leben nachzudenken, nicht über den Tod. Er wurde bereits mit 23 Jahren als Ketzer aus der jüdischen Gemeinde verbannt.

“Was den Gedanken an den Tod betrifft, so ist er die Tochter der Furcht und wählt seinen Wohnsitz in dem schwachen Herzen. Woran in der Welt ein freier Mann am wenigsten denkt, ist der Tod. Die Weisheit ist Betrachtung des Lebens, aber nicht des Todes.”

Baruch de Spinoza

Heidegger: Wir leben, um zu sterben

Der deutsche Philosoph setzte den Tod mit dem Dasein in Beziehung. Martin Heidegger geht davon aus, dass nur der Mensch das Bewusstsein besitzt, dass er irgendwann sterben wird. Er betrachtet deshalb den Tod als ein Phänomen des LebensWir kommen auf die Welt, um zu sterben. Die einzige Gewissheit, die wir im Leben haben, ist der unausweichliche Tod, mit dem unsere Existenz endet.

Dennoch interpretiert Heidegger den Tod als etwas Positives, denn er ist angemessen: Das Sterben ist Teil des Lebens, das “Nicht-mehr-dasein-können” die extremste Seinsmöglichkeit.

“Der Tod ist die Möglichkeit der schlechthinnigen Daseinsunmöglichkeit.”

Martin Heidegger

Leben über den Tod hinaus

Gibt es ein Leben über den Tod hinaus? Das ist vielleicht eine der rätselhaftesten Fragen, die uns beschäftigen. Der Mensch sehnt sich aufgrund seiner Sterblichkeit nach Unsterblichkeit. Für die Philosophie hat die ewige Existenz mit der Seele oder dem Geist zu tun, der über die Grenzen des Lebens hinaus existiert.

Was nützt eine solche Erklärung? Es handelt sich um einen Abwehrmechanismus, um die Angst vor dem Tod zu ertragen: Wir versuchen, ihm eine Bedeutung oder eine Rechtfertigung zu geben und wir schöpfen Hoffnung durch den Gedanken, dass es nach dem Tod ein besseres Leben gibt.

Das Leben schätzen und dem Tod mit Gelassenheit begegnen

Über Leben und Tod nachdenken hilft uns, uns selbst besser zu verstehen. Durch diese Überlegungen lernen wir, das Leben zu schätzen und dem Tod mit mehr Gelassenheit und Weisheit zu begegnen. Wir sollten uns jedoch nicht zu intensiv mit dem Tod beschäftigen, sondern uns auf das Leben im Hier und Jetzt konzentrieren, denn das ist alles, was wir haben.

▶ Lese-Tipps


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